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Musizieren in Fußgängerzone ohne Sondernutzungserlaubnis kann Geld kosten

Weil ein Musiklehrer, ohne zuvor eine straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis bei der Stadt München beantragt zu haben, auf dem Marienplatz mit einer circa 20-köpfigen Trommlergruppe musiziert hatte, muss er wegen Verstoßes gegen Art. 66 Absatz 1 Nummer 2 Bayerisches Straßen- und Wegegesetz (BayStrWG) eine Geldbuße in Höhe von 50 Euro zahlen.

Das hat das Amtsgericht (AG) München mit Beschluss vom 14.12.2015 – 1125 OWi 247 Js 218141/15 – entschieden.

Begründet hat das AG die Entscheidung damit, dass

  • die Fußgängerzone nach der Widmung durch die Stadt München nur für den Fußgängerverkehr genutzt werden darf,
  • das Musizieren eine über den Gemeingebrauch hinausgehende Sondernutzung darstellt, die der Erlaubnis der Landeshauptstadt bedarf (vgl. Art. 14 Absatz 1, 18 Abs. 1 BayStrWG) und
  • nach Art. 66 Absatz 1 Nummer 2 BayStrWG i.V.m. § 17 Abs. 1 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) mit Geldbuße von fünf Euro bis zu eintausend Euro belegt werden kann, wer vorsätzlich oder fahrlässig eine Straße unbefugt zu Sondernutzungen gebraucht.

 

Bei der Bemessung der Geldbuße berücksichtigte das AG zu Gunsten des für die Trommlergruppe verantwortlichen Musiklehrers, dass er geständig war und dass die Trommlergruppe sofort nach polizeilicher Monierung der Sondernutzung das Musizieren eingestellt hatte.

Das hat die Pressestelle des Amtsgerichts München sam 08.02.2016 – 12/16 – mitgeteilt.

 

Wenn Fragen im Antrag auf Abschluss eines Versicherungsvertrages unvollständig beantwortet werden

Verschweigt ein Versicherungsnehmer im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Berufsunfähigkeitszusatzversicherungsvertrages Vorerkrankungen kann der Versicherer zur Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung berechtigt sein.

Darauf hat die 12. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Coburg mit Urteil vom 02.09.2015 – 12 O 308/15 – hingewiesen und in einem Fall, in dem der Kläger im Antrag auf Abschluss einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung im Jahr 2008 die Frage nach durchgeführten stationären Behandlungen oder Operationen bzw. nach ambulanten oder stationären Kurmaßnahmen der letzten zehn Jahre zwar bejaht, hierzu aber lediglich auf zwei chirurgische Maßnahmen aus den Jahren 2003 und 2005 verwiesen hatte,

  • obwohl er darüber hinaus in den Jahren 1998 und 1999 jeweils für mehrere Tage in stationärer Behandlung sowie im Jahr 2000 auch mehrere Monate in therapeutischer Behandlung, jeweils wegen seiner Alkoholabhängigkeit, gewesen war und
  • der Versicherer deswegen den Vertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten hatte,

 

entschieden,

  • dass die Anfechtung zu Recht erfolgt ist und der Kläger deswegen keinen Anspruch auf Leistungen aus dem Versicherungsvertrag hat.

 

Die Kammer war überzeugt davon, dass der Kläger die Frage nach durchgeführten stationären Behandlungen oder Operationen bzw. nach ambulanten oder stationären Kurmaßnahmen der letzten zehn Jahre durch das Verschweigen der in den Jahren 1998, 1999 und 2000 durchgeführten Behandlungen

  • nicht nur falsch beantwortet,
  • sondern dabei auch arglistig gehandelt hatte.

 

Maßgeblich für die Auffassung der Kammer, dass der Kläger arglistig gehandelt hat,

  • er sich also der Möglichkeit bewusst gewesen ist, dass, hätte er die in den Jahren 1998, 1999 und 2000 durchgeführten Behandlungen angegeben, der Antrag nicht angenommen worden wäre und
  • er trotzdem die Behandlungen nicht offenbart hat,

 

war, dass ihm sowohl das Gewicht seiner Alkoholerkrankung bewusst gewesen ist, als auch, dass eine Alkoholerkrankung ein sog. gefahrerheblicher Umstand für einen Versicherer ist (Quelle Pressemitteilung des Landgerichts Coburg vom 05.02.2016).

 

Wann liegt Steuerhinterziehung in großem Ausmaß vor?

Nach § 370 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) wird

  • mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft,

 

wer

  • den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
  • die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
  • pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt und

 

dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,

  • wobei die Gefährdung des durch die Verwirklichung des materiellen Besteuerungstatbestands entstandenen Steueranspruchs durch die infolge einer solchen Tathandlung unterbliebene, zu niedrige oder nicht rechtzeitig erfolgte Steuerfestsetzung für die Erfüllung des Straftatbestands genügt, unabhängig davon, ob das „staatliche Vermögen“ dadurch gemindert worden ist oder letztlich gar keine Zahllast des Steuerpflichtigen festzusetzen ist (§ 370 Abs. 4 Satz 1 AO).

 

Werden von einem Steuerpflichtigen

  • in großem Ausmaß

 

Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt, liegt in der Regel ein besonders schwerer Fall vor, der nach § 370 Abs. 3 Nr. 1 AO

  • mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft wird.

 

Mit Urteil vom 27.10.2015 – 1 StR 373/15 – hat der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) jetzt darauf hingewiesen,

  • dass ein großes Ausmaß im Sinne von § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO und damit ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung in der Regel immer schon dann vorliegt, wenn der Steueranspruch des Fiskus in einer Höhe von mehr als 50.000 Euro gefährdet ist und
  • an der bisherigen Rechtsprechung nicht mehr festgehalten wird, nach der die Wertgrenze in Fällen, in denen sich das Verhalten des Täters darauf beschränkte, die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis zu lassen und das lediglich zu einer Gefährdung des Steueranspruchs führte, bei 100.000 Euro lag.

 

Damit liegt nunmehr ein großes Ausmaß im Sinne von § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO bei jeder Steuerhinterziehung über 50.000 Euro vor. 

 

Kein Fahrerlaubnisentzug wegen Schwerhörigkeit

Die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts (VG) Neustadt hat mit Beschluss vom 28.01.2016 – 3 L 4/16.NW – im Fall

  • eines 85-jährigen Fahrerlaubnisinhabers, der von der Fahrerlaubnisbehörde deshalb, weil er wegen Beeinträchtigung der Hörfähigkeit ein Hörgerät trug, aufgefordert worden war, ein ärztliches Gutachten über seine Fahrtauglichkeit beizubringen,

 

entschieden,

  • dass diesem, wenn er sich weigert das Gutachten beizubringen, die Fahrerlaubnis nicht entzogen werden darf.

 

Begründet hat die Kammer ihre Entscheidung damit, dass die Gutachtensanordnung materiell rechtswidrig war, weil

  • aus der Nichtvorlage eines geforderten Gutachtens auf die Nichteignung eines Betroffenen nur dann geschlossen werden kann, wenn die Gutachtensanordnung rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen sowie verhältnismäßig war und (Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 11.06.2008 – 3 B 99/07 –) und
  • hier keine Tatsachen vorlagen, die klärungsbedürftige Zweifel an der Kraftfahreignung des Antragstellers aufwarfen.

 

Zur Klärung der Eignung eines Betroffenen zum Führen eines Kraftfahrzeuges kann die Fahrerlaubnisbehörde nach §§ 46 Abs. 3, 11 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (FeV) ein Gutachten nämlich nur anordnen,

  • wenn Tatsachen bekannt werden, die Bedenken dagegen begründen, dass die nach § 11 Abs. 1 Satz 2 FeV an einen Fahrerlaubnisbewerber bzw. -inhaber zu stellenden notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen nicht erfüllt sind, insbesondere eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 zu §§ 11, 13 und 14 FeV vorliegt,
  • nach Nr. 2 der Anlage 4 zu §§ 1, 13 und 14 FeV aber bei einer hochgradigen Schwerhörigkeit (Hörverlust von 60 % und mehr) ein- oder beidseitig sowie bei Gehörlosigkeit ein- oder beidseitig eine Fahreignung für Fahrerlaubnisinhaber sowohl der Gruppe 1 als auch der Gruppe 2 besteht, wenn nicht gleichzeitig andere schwerwiegende Mängel (z. B. Sehstörungen, Gleichgewichtsstörungen) vorliegen und
  • damit also selbst eine hochgradige Schwerhörigkeit oder gar Gehörlosigkeit allein nicht als Mangel gilt, der generell und allein für das Führen von Fahrzeugen ungeeignet macht.

 

Grund dafür, dass auch bei einer hochgradigen Schwerhörigkeit (Hörverlust von 60 % und mehr) ein- oder beidseitig sowie bei Gehörlosigkeit ein- oder beidseitig eine Fahreignung für Fahrerlaubnisinhaber sowohl der Gruppe 1 als auch der Gruppe 2 besteht, wenn nicht gleichzeitig andere schwerwiegende Mängel (z. B. Sehstörungen, Gleichgewichtsstörungen) vorliegen, ist,

  • dass die Orientierung im motorisierten Straßenverkehr überwiegend über das optische System erfolgt, da verkehrsrelevante Informationen maßgeblich über visuelle Signale vermittelt werden und
  • weil durch eine vorhandene Hörminderung eine Steigerung anderer sensorischer Leistungen erreicht werden kann, hörgeminderte oder gehörlose Fahrer in der Lage sind, durch besondere Umsicht, Aufmerksamkeit und Gewissenhaftigkeit sicher am Straßenverkehr teilzunehmen.

 

Wenn die Fahrerlaubnisbehörde die Vorlage eines Gutachtens über eine medizinisch-psychologische Untersuchung verlangt

Verlangt die Fahrerlaubnisbehörde von einem Fahrerlaubnisinhaber oder –bewerber die Vorlage eines Gutachtens über eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) mit dem Hinweis, dass bei Nichtvorlage des Gutachtens die Entziehung der Fahrerlaubnis droht bzw. der Antrag auf (Wieder)Erteilung der Fahrerlaubnis abgelehnt wird, handelt es sich dabei um eine lediglich vorbereitende Verfahrenshandlung der Fahrerlaubnisbehörde zur Aufklärung des Sachverhalts, wenn Zweifel an der Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen bestehen, beispielsweise wegen des Verdachts auf Drogenkonsum oder Alkoholmissbrauch,

  • die nicht selbständig,
  • sondern nur zusammen mit der abschließenden Sachentscheidung der Behörde, d. h. hier mit der Entscheidung über die Fahrerlaubnis, anfechtbar ist.

 

Demzufolge muss ein Betroffener, der die Vorlage des Gutachtens verweigert,

  • die, nachdem in einem solchen Fall die bestehenden Eignungszweifel nicht ausgeräumt sind, voraussichtlich negative Entscheidung, beispielsweise über die Entziehung seiner Fahrerlaubnis abwarten und
  • kann erst hiergegen gerichtlich vorgehen.

 

In diesem gerichtlichen Verfahren wird dann allerdings auch (mit)geprüft, ob die Anordnung der MPU gegenüber dem Kläger in der Sache rechtmäßig war, d.h., ob die medizinisch-psychologische Untersuchung zu Recht von dem Betroffenen verlangt worden ist.

Darauf hat das Verwaltungsgericht (VG) Neustadt mit Urteil vom 20.01.2016 – 1 K 936/15.NW – hingewiesen (Quelle: Pressemitteilung des VG Neustadt vom 02.02.2016 – Nr. 6/16 –).

 

Weil die Rückfahrkamera des gekauften Fahrzeugs keine Orientierungslinien anzeigte

Weil in dem vom Kläger zum Preis von ca. 77.500 EUR, unter anderem mit der Sonderausstattung Rückfahrkamera (400 EUR), aktiver Park-Assistent inklusive Parktronic (730 EUR) und Command APS (2.620 EUR) erworbenen PKW,

  • die aktivierte Rückfahrkamera im Display des Commandsystems keine Orientierungslinien anzeigte und die Fahrzeugelektronik auch keine Anzeige von Hilfslinien ermöglichte,

 

obwohl in der Verkaufsbroschüre ausgeführt war, dass die Rückfahrkamera sich automatisch beim Einlegen des Rückwärtsganges einschaltet, den Fahrer beim Längs- und Quereinparken unterstützt und dass statische und dynamische Hilfslinien dem Fahrer Lenkwinkel und Abstand anzeigen,

  • hat der 28. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 09.06.2015 – 28 U 60/14 – den deswegen vom Kläger erklärten Rücktritt vom Kaufvertrag für berechtigt erachtet und den beklagten Verkäufer – unter Abzug einer von dem Kläger zu entrichtenden Nutzungsentschädigung – zur Erstattung des Kaufpreises in Höhe von ca. 62.500 EUR gegen Rückgabe des gekauften PKWs verurteilt.

 

Der Senat sah einen erheblichen Sachmangel darin, dass die Rückfahrkamera keine dynamischen und statischen Orientierungslinien anzeigte, weil der Käufer eine Anzeige solcher Hilfslinien aufgrund des ihm überlassenen Verkaufsprospekts habe erwarten können und diese geschuldet gewesen seien. 

Ferner war der Senat der Auffassung,

  • dass dieser Aspekt schon wegen der von dem Kläger gewählten teuren Zusatzausstattung, für diesen bedeutsam und
  • der Mangel nicht geringfügig war,
    • da es dem Kläger auch auf die angebotenen Funktionen dieser Zusatzausstattung angekommen war, also darauf, dass das Rückwärtsfahren wie das Einparken mit der gewählten Zusatzausstattung besonders erleichtert wird und
    • weil das allein mit der ausgelieferten Rückfahrkamera nicht gewährleistet wurde, die Funktionseinschränkung der Rückfahrkamera durch die fehlenden Hilfslinien als erheblich anzusehen war.   

 

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Hamm mitgeteilt. 

 

Überhöhter Kraftstoffverbrauch bei Neufahrzeug ein Fahrzeugmangel?

Weicht der Kraftstoffverbrauch eines Neufahrzeugs von der Prospektabgabe ab, kann ein Fahrzeugmangel vorliegen.
Allerdings muss man wissen, dass, wenn laut Hinweis im Verkaufsprospekt die angegebenen Kraftstoffverbrauchswerte nach „dem vorgeschriebenen Messverfahren (Richtlinie 80/1268/EWG)“ ermittelt worden sind, es nach dieser Richtlinie möglich ist, den Kraftstoffverbrauch auf einem Fahrleistungsprüfstand zu messen,

  • sowohl dadurch, dass der Prüfstand eingestellt wird auf die Rollwiderstandswerte des konkreten Fahrzeugs,
  • als auch dadurch, dass unabhängig von den Rollwiderstandswerten des konkreten Fahrzeugs, die Bremse des Prüfstandes nach bestimmten vorgegebenen Tabellenwerten eingestellt wird.

 

Da beide Verfahren nach der Richtlinie 80/1268/EWG zugelassen sind und die Richtlinie keinem dieser Verfahren den Vorzug gibt, kann demzufolge ein Fahrzeugkäufer auch nur erwarten, dass die im Prospekt angegebenen Verbrauchswerte,

  • nach der einen oder
  • der anderen Methode ermittelt,

 

eingehalten werden.

Das bedeutet, verbraucht das Fahrzeug mehr Kraftstoff als im Verkaufsprospekt angegeben, liegt ein erheblicher Fahrzeugmangel

  • nicht schon dann vor, wenn beispielsweise bei Einstellung des Fahrleistungsprüfstandes auf den tatsächlichen Rollwiderstand des konkreten Fahrzeugs, der so gemessene Verbrauchswert die Prospektangaben um mehr als 10% übersteigt,
  • sondern nur, wenn sich auch bei der Ermittlung des Verbrauchswertes nach der anderen in der Richtlinie erlaubten Prüfungsmethode ein die Prospektangabe um mehr 10% übersteigender Spritverbrauch ergibt.

 

Darauf hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 08.06.2015 – 2 U 163/14 – hingewiesen und in einem Fall, in dem von dem Käufer eines Neuwagens die Rückabwicklung des Kaufvertrags wegen überhöhten Kraftstoffverbrauchs des Fahrzeugs verlangt worden war, die Klage abgewiesen, weil eine Überprüfung durch einen Sachverständigen ergeben hatte,

  • dass zwar bei einer der beiden, nach der Richtlinie 80/1268/EWG möglichen Verbrauchsermittlungen, die Verbrauchswerte um mehr als 12% über den Prospektangaben lagen,
  • bei der anderen der Mehrverbrauch aber bei allen Einsatzvarianten (innerorts, außerorts und kombiniert) unter 9 % über den Prospektwerten lag,

 

die obergerichtliche Grenze des 10%-igen Mehrverbrauchs, bei der ein Mehrverbrauch einen erheblichen Fahrzeugmangel darstellt, damit nicht überschritten war und ein Mehrverbrauch von weniger als 10% lediglich eine unwesentliche Abweichung im Sinne von § 323 Abs. 5 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist, die kein Rücktrittsrecht begründet.

 

Beweisgrundsätzen bei streitigen Zahlungsaufträgen im Online-Banking

§ 675w Satz 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) verbietet die Anwendung der Grundsätze des Anscheinsbeweises im Online-Banking bei Erteilung eines Zahlungsauftrags unter Einsatz der zutreffenden PIN und TAN dann nicht, wenn feststeht, dass das eingesetzte Sicherungssystem im Zeitpunkt der Vornahme des strittigen Zahlungsvorgangs

  • im Allgemeinen praktisch unüberwindbar war und
  • im konkreten Einzelfall ordnungsgemäß angewendet worden ist und
  • fehlerfrei funktioniert hat.

 

Das hat der für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 26.01.2016 – XI ZR 91/14 – entschieden.

Das bedeutet, ist zwischen einer Bank (Zahlungsdienstleister) und einem Bankkunden, der bei der Bank eine Girokonto unterhält und

  • der beispielsweise das von der Bank angebotene Online Banking System in Form des mTan-Verfahrens nutzt,
  • bei dem der Kunde von der Bank zur Freigabe seines Bankauftrags eine SMS an sein Mobiltelefon erhält, mittels derer er sich am PC als Berechtigter legitimieren kann (Zahlungsauthentifizierungsinstrument),

 

streitig, ob Überweisungen mit oder ohne Zustimmung (Autorisierung) des Kontoinhabers erfolgt sind, hat die Bank nach § 675w Satz 2 BGB nachzuweisen,

  • dass das Online-Banking-Verfahren einschließlich seiner personalisierten Sicherheitsmerkmale (hier: unter Einsatz der zutreffenden PIN und smsTAN) genutzt und
  • dies mithilfe eines Verfahrens überprüft worden ist.    

 

Hat die Bank diesen Nachweis geführt, genügt dies nach § 675w Satz 3 BGB „nicht notwendigerweise“, um den dem Zahlungsdienstleister obliegenden Beweis der Autorisierung des Zahlungsvorganges durch den Zahlungsdienstnutzer (hier: Kontoinhaber) zu führen.

  • Das schließt, wie der Senat ausgeführt hat, allerdings nicht aus, dass sich der Zahlungsdienstleister auf einen Anscheinsbeweis berufen kann.
     

Dem Wortlaut des § 675w Satz 3 BGB ist nämlich genügt, da die Grundsätze des Anscheinsbeweises weder eine zwingende Beweisregel noch eine Beweisvermutung begründen.
Es muss aber geklärt sein, dass das eingesetzte Sicherungssystem im Zeitpunkt der Vornahme des strittigen Zahlungsvorgangs

  • im Allgemeinen praktisch unüberwindbar war und
  • im konkreten Einzelfall ordnungsgemäß angewendet worden ist und
  • fehlerfrei funktioniert hat.

 

War dies der Fall und finden die Grundsätze des Anscheinsbeweises zulasten des Kontoinhabers Anwendung, bedarf die Erschütterung des Anscheinsbeweises nicht zwingend der Behauptung und ggf. des Nachweises technischer Fehler des dokumentierten Authentifizierungsverfahrens durch den Kontoinhaber.

Hingewiesen hat der Senat in seiner Entscheidung ferner, dass im Falle des Missbrauchs des Online-Bankings angesichts der zahlreichen Authentifizierungsverfahren, Sicherungskonzepte, Angriffe und daran anknüpfender denkbarer Pflichtverletzungen des Nutzers

  • kein Erfahrungssatz besteht, der auf ein bestimmtes typisches Fehlverhalten des Zahlungsdienstnutzers hindeutet,

 

so dass bei einem Missbrauchs des Online-Bankings

  • auch ein Anscheinsbeweis für eine grob fahrlässige Verletzung einer Pflicht aus § 675l BGB durch den Kontoinhaber ausscheidet und
  • damit auch kein Anspruch der Bank aus § 675v Abs. 2 BGB auf Ersatz der infolge eines nicht autorisierten Zahlungsvorgangs entstandenen Schadens besteht.

 

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 26.01.2016 – Nr. 23/2016 – mitgeteilt.

 

Kontrollbetreuung bei bestehender Vorsorgevollmacht?

Nach § 1896 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kann ein Betreuer zur Geltendmachung von Rechten des Betreuten gegenüber seinem Bevollmächtigten bestellt werden.
Mit dieser so genannten Kontrollbetreuung kann

  • im Falle einer wirksam erteilten Vorsorgevollmacht für eine Kontrolle des Bevollmächtigten gesorgt werden,
  • wenn der Vollmachtgeber aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung nicht mehr in der Lage ist, den Bevollmächtigten zu überwachen.

 

Eine Kontrollbetreuung darf jedoch wie jede andere Betreuung (vgl. § 1896 Abs. 2 Satz 1 BGB) nur dann eingerichtet werden,

  • wenn sie erforderlich ist.

 

Da der Vollmachtgeber die Vorsorgevollmacht gerade für den Fall erteilt hat, dass er seine Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann, um eine gerichtlich angeordnete Betreuung zu vermeiden,

  • kann das Bedürfnis nach einer Kontrollbetreuung
  • nicht allein damit begründet werden, dass der Vollmachtgeber aufgrund seiner Erkrankung nicht mehr selbst in der Lage ist, den Bevollmächtigten zu überwachen.
     

Denn der Wille des Vollmachtgebers ist auch bei der Frage der Errichtung einer Kontrollbetreuung zu beachten (vgl. § 1896 Abs. 1 a BGB).
Daher müssen weitere Umstände hinzutreten, die die Errichtung einer Kontrollbetreuung erforderlich machen.

 

Dies kann der Fall sein, wenn nach den üblichen Maßstäben aus der Sicht eines vernünftigen Vollmachtgebers unter Berücksichtigung des in den Bevollmächtigten gesetzten Vertrauens eine ständige Kontrolle schon deshalb geboten ist,

  • weil Anzeichen dafür sprechen, dass der Bevollmächtigte mit dem Umfang und der Schwierigkeit der vorzunehmenden Geschäfte überfordert ist, oder
  • wenn gegen die Redlichkeit oder die Tauglichkeit des Bevollmächtigten Bedenken bestehen.
     

Ein Missbrauch der Vollmacht oder ein entsprechender Verdacht ist nicht erforderlich.
Ausreichend sind konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Bevollmächtigte nicht mehr entsprechend der Vereinbarung und dem Interesse des Vollmachtgebers handelt.

Äußert ein Betroffener den konkreten Verdacht der unberechtigten Entnahme eines Geldbetrags durch den Vorsorgebevollmächtigten und kann die erteilte Vorsorgevollmacht von ihm nicht mehr wirksam widerrufen werden, ist eine Kontrollbetreuung erforderlich, um die ordnungsgemäße Verwendung der Mittel des Betroffenen – etwa durch Verlangen nach Auskunft und Rechenschaftslegung (§ 666 BGB) – zu klären und eventuelle Ersatzansprüche gegen den Bevollmächtigten geltend zu machen.

Lässt danach das Festhalten an der erteilten Vorsorgevollmacht eine künftige Verletzung des Wohls der Betroffenen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit und in erheblicher Schwere befürchten,

 

Darauf hat der XII. Zivilsenat des BGH mit Beschluss vom 09.09.2015 – XII ZB 125/15 – hingewiesen. 

 

Verkäufer der die Amazon-Weiterempfehlungsfunktion nutzt handelt wettbewerbswidrig

Ein Verkäufer, der auf der Internetplattform Amazon Waren zum Verkauf anbietet, handelt wettbewerbswidrig, wenn

  • mittels Emails, die durch die Weiterempfehlungsfunktion der Plattform versandt werden, für sein Amazon-Verkaufsangebot gegenüber Dritten geworben wird,
  • die zuvor nicht ausdrücklich in den Erhalt der Werbe-E-Mails eingewilligt haben.

 

Das hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 09.07.2015 – 4 U 59/15 – entschieden und in einem Fall, in dem ein Unternehmen

  • auf der Verkaufsplattform Amazon Sonnenschirme zum Verkauf angeboten hatte und
  • auch über die Weiterempfehlungsfunktion der Plattform, die es Amazon-Kunden ermöglicht, Dritte mittels E-Mails auf ein in der E-Mail verlinktes Amazon-Angebot aufmerksam zu machen, auf sein Verkaufsangebot hingewiesen worden war,

 

es dem Unternehmen untersagt, seine Sonnenschirme mit der infrage stehenden Weiterempfehlungsfunktion auf der Verkaufsplattform Amazon anzubieten.

Wie der Senat u. a. ausgeführt hat, erfüllte das Zusenden der sog. Weiterempfehlungs-E-Mails den Tatbestand der unzumutbaren Belästigung nach § 7 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG).
Ein Unternehmen, das seine Waren auf der Plattform Amazon bewirbt und verkauft, mache sich als Anbieter nämlich die dortigen Angaben und Funktionen zu Eigen und müsse sich diese zurechnen lassen, da es verpflichtet sei, seine Amazon-Angebotsseite auf Wettbewerbsverstöße hin zu kontrollieren und diese ggf. selbst abzustellen oder auf eine Änderung der Angaben beim Betreiber der Plattform hinzuwirken.

Dass eine Empfehlungs-E-Mail nicht von dem Unternehmen, sondern von einem Amazon-Kunden versandt wird, erachtete der Senat für unerheblich, da der Versand der E-Mail auf die gerade zu diesem Zweck von dem Unternehmen genutzte Weiterempfehlungsfunktion zurückgeht.