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Wenn polizeiliches Einsatzfahrzeug mit eingeschaltetem Blaulicht und Martinshorn unterwegs ist – Welche Pflichten haben die übrigen Verkehrsteilnehmer und welche hat der Fahrer des Einsatzfahrzeuges?

Nach § 38 Abs. 1 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) sind alle übrigen Verkehrsteilnehmer gegenüber einem polizeilichen Einsatzfahrzeug, das mit eingeschaltetem Blaulicht und Martinshorn fährt, verpflichtet, sofort freie Bahn zu schaffen, unabhängig davon, ob die Voraussetzungen für die Verwendung von Blaulicht und Einsatzhorn tatsächlich gegeben sind.
Wer einem Einsatzfahrzeug freie Bahn zu schaffen hat, muss sich so verhalten, dass eine Behinderung des Einsatzfahrzeuges ausgeschlossen ist.

  • Dies gebietet es, rechts ranzufahren oder jedenfalls stehenzubleiben, bis beurteilt werden kann, woher das Einsatzfahrzeug kommt.
  • Auch muss ein am normalen Straßenverkehr teilnehmender Kraftfahrer grundsätzlich Vorsorge treffen, dass er die von einem herannahenden Einsatzfahrzeug abgegebenen besonderen Warnsignale rechtzeitig wahrnehmen kann. Ein derart wahrnehmungsbereiter und aufmerksamer Verkehrsteilnehmer kann insbesondere das eingeschaltete Einsatzhorn mit seinem durchdringenden, besonders auffälligen Ton in der Regel schon von weitem hören.

Ein polizeiliches Einsatzfahrzeug als nach § 35 Abs. 1 StVO privilegiertes Fahrzeug ist von der Einhaltung der StVO-Vorschriften befreit, soweit es zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben dringend geboten ist, es also sich um eine Einsatzfahrt beispielsweise aufgrund einer Straftat handelt.
Für die Beurteilung, ob es sich um eine Einsatzfahrt i.S.d. § 35 Abs.1 StVO handelt,

Auch bei eingeschaltetem Blaulicht und Martinshorn darf der Fahrer eines polizeilichen Einsatzfahrzeuges jedoch nur dann darauf vertrauen, dass die anderen Verkehrsteilnehmer der Verpflichtung des § 38 Abs. 1 Satz 2 StVO nachkommen, sofort freie Bahn zu schaffen, wenn er nach den Umständen annehmen darf, dass sie alle anderen Verkehrsteilnehmer wahrgenommen und sich auf das Einsatzfahrzeug eingestellt haben (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 17.12.1974 – VI ZR 207/73 –). Dies folgt aus § 35 Abs. 8 StVO, wonach die Sonderrechte nur unter gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgeübt werden dürfen.
Die dem Sonderrechtsfahrer obliegende Sorgfaltspflicht ist dabei umso größer, je mehr seine gegen die StVO verstoßende Fahrweise, die zu der zu erfüllenden hoheitlichen Aufgabe nicht außer Verhältnis stehen darf, die Unfallgefahr erhöht (vgl. Kammergericht (KG), Urteil vom 15.01.2007 – 12 U 145/05 –).
Insbesondere ist ein Polizeifahrzeug nach § 35 Abs. 1 StVO nicht in jedem Fall von dem Gebot, die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerorts einzuhalten, befreit. Vielmehr bedarf es einer Abwägung, inwieweit eine Verletzung von Verkehrsregeln zur Erfüllung der konkreten hoheitlichen Aufgabe geboten ist, also ob wegen einer konkreten Lebensgefahr bzw. einer Gefährdung erheblicher Sachwerte höchste Eile geboten oder ob dies angesichts der zu erfüllenden hoheitlichen Aufgabe nicht der Fall ist.

Darauf hat das Landgericht (LG) Düsseldorf mit Urteil vom 25.06.2014 – 2b O 165/13 – hingewiesen.

 

Wann kann ein in einer Unterbringungssache zum Verfahrenspfleger bestellter Rechtsanwalt nach den Vorschriften des RVG abrechnen?

In einer Unterbringungssache kann ein Rechtsanwalt, der zum Verfahrenspfleger bestellt worden ist, nur dann nach den Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) abrechnen, wenn

  • die Erforderlichkeit anwaltsspezifischer Tätigkeiten im Bestellungsbeschluss festgestellt wurde oder
  • in dem konkreten Einzelfall die Wahrnehmung anwaltstypischer Aufgaben erforderlich war.

Darauf hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 23.07.2014 – XII ZB 111/14 – hingewiesen.

Danach ist, wenn das Amtsgericht bereits bei der Bestellung des Verfahrenspflegers die Feststellung getroffen hat, dass der Verfahrenspfleger eine anwaltsspezifische Tätigkeit ausübt, diese Feststellung für das Vergütungsfestsetzungsverfahren bindend (BGH, Beschlüsse vom 12.09.2012 – XII ZB 543/11 – und vom 17.11.2010 – XII ZB 244/10 –).
Eine Prüfung, ob die Voraussetzungen für eine anwaltsspezifische Tätigkeit tatsächlich vorgelegen haben, findet in diesem Fall im Vergütungsfestsetzungsverfahren nicht mehr statt. Dies gebietet bereits der durch eine solche Feststellung begründete Vertrauensschutz, dem vor dem Hintergrund der grundrechtlich geschützten Freiheit der Berufsausübung des anwaltlichen Verfahrenspflegers auch deshalb besondere Bedeutung zukommt, weil er bei der Übernahme solcher Pflegschaften entsprechend zu disponieren hat.

Die Feststellung im Beschluss, dass die Verfahrenspflegschaft berufsmäßig ausgeübt wird,

  • schafft allerdings lediglich die Voraussetzung dafür, dass der Verfahrenspfleger – abweichend von dem Grundsatz der unentgeltlichen Führung von Pflegschaften (§ 1836 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) – überhaupt eine Vergütung für seine Tätigkeit nach dem Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (VBVG) verlangen kann,
  • beinhaltet aber jedenfalls dann nicht, dass die Verfahrenspflegschaft anwaltsspezifische Tätigkeiten erfordert, sofern nur die berufsmäßige Führung der Verfahrenspflegschaft festgestellt wird und nicht zusätzlich ausdrücklich auf die berufliche Qualifikation des Verfahrenspflegers „als Rechtsanwalt“ Bezug genommen wird wie in der Entscheidung des BGH vom 15.05.2013 – XII ZB 283/12 –).

Ist in dem Bestellungsbeschluss die Feststellung, die Verfahrenspflegschaft erfordere anwaltsspezifische Tätigkeiten, nicht getroffen worden, ist im Vergütungsfestsetzungsverfahren auf entsprechenden Antrag des Verfahrenspflegers anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls zu prüfen, ob dieser im Rahmen seiner Bestellung solche Tätigkeiten zu erbringen hatte, für die ein juristischer Laie in gleicher Lage vernünftigerweise einen Rechtsanwalt zuziehen würde (BGH, Beschlüsse vom 27.06.2012 – XII ZB 685/11 – und vom 17.11.2010 – XII ZB 244/10 –).

Das ist der Fall,

  • wenn in dem konkreten Einzelfall die Wahrnehmung anwaltstypischer Aufgaben erforderlich war,

Ergibt diese vorzunehmende Prüfung dass in dem konkreten Einzelfall anwaltstypische Aufgaben nicht zu erbringen waren, kann der Rechtsanwalt seine Tätigkeit als „berufsmäßiger“ Verfahrenspfleger nur nach den Vorschriften des VBVG vergütet verlangen.

 

Wenn Fahrzeuge auf Parkplätzen miteinander kollidieren – Wer ist schuld?

Auf Parkplätzen ist wegen der als Folge von Ein- und Ausparkvorgängen oft unübersichtlichen Verkehrsverhältnisse generell von allen Benutzern eine erhöhte Aufmerksamkeit und Bereitschaft zur Rücksichtnahme zu fordern (Kammergericht (KG), Beschluss vom 12.10.2009 – 12 U 233/08 – ).
Die einen Parkplatz befahrenden Fahrzeugführer haben deshalb hohe Sorgfaltspflichten und sind sich zur gegenseitigen Rücksichtnahme gemäß § 1 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) verpflichtet (vgl. Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt, Urteil vom 09.06.2009 – 3 U 211/08 –).

Die Vorfahrtsregel des § 8 Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) („rechts vor links“), die grundsätzlich auch auf Fahrbahnen von Parkplätzen gilt, soweit diese für die Allgemeinheit freigegeben sind, gilt nur für gleichartige Fahrspuren mit eindeutigem Straßencharakter sowie auch für sonstige baulich gleich gestaltete Fahrspuren. Entscheidend ist insoweit, ob auf dem Parkplatz als Straßen angelegte Zufahrten gleichberechtigt aufeinander treffen (KG, Beschluss vom 12.10.2009 – 12 U 233/08 –).

Für eine analoge Anwendung der Vorschrift des § 10 StVO,

  • nach der diejenigen Verkehrsteilnehmer, die aus einem Grundstück, aus einer Fußgängerzone, aus einem verkehrsberuhigten Bereich auf die Straße oder von anderen Straßenteilen oder über einen abgesenkten Bordstein hinweg auf die Fahrbahn einfahren oder vom Fahrbahnrand anfahren wollen, sich dabei so zu verhalten haben, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist,

ist nur ausnahmsweise in solchen Fällen Raum, in denen verschiedene Bereiche des Parkplatzes sich im Verhältnis zueinander nach dem objektiven Erscheinungsbild als über- und untergeordnete Verkehrsflächen darstellen.

  • Verleiht die bauliche Gestaltung oder Markierung einer bestimmten Teilfläche – etwa einem Zu- und Abfahrtsweg – einen eindeutigen Straßencharakter, dann sind die angrenzenden Teilflächen – etwa die einzelnen Parkgassen – als (insoweit untergeordnete) „andere Straßenteile“ einzustufen (vgl. KG, Beschluss vom 12.10.2009 – 12 U 233/08 –).

 

Ein eindeutiger Straßencharakter einer nur als Zubringer zu den Parkgassen dienenden Teilfläche ist in Fällen bejaht worden, in denen die betreffende Fahrbahn

  • zum einen zweispurig mit Mittellinie gestaltet und
  • zum anderen seitlich durch bauliche Anlagen in Form von kleinen Hecken und Büschen bzw. von Straßenlaternen und Betonpflanzkübeln abgegrenzt war.

 

Demgegenüber spricht eine örtliche Situation,

  • bei der die Fahrbahnoberflächen sich nicht unterscheiden,
  • eine Mittelstreifenmarkierung des Zubringers fehlt und
  • keine deutlichen seitlichen Abgrenzungen vorhanden sind,

gegen die Annahme einer Über- und Unterordnung.

Auch reicht allein die ausgedehnte Überdachung eines Großparkplatzes für eine analoge Anwendung des § 10 StVO auf den Bereich der Einmündung einer Parkgasse in den umlaufenden Zu- und Abfahrtsweg jedenfalls dann nicht aus, wenn gerade die Parkgassen von der Überdachung ausgenommen sind.

Darauf hat der 14. Zivilsenat des OLG Nürnberg mit Urteil vom 28.07.2014 – 14 U 2515/13 – hingewiesen.

Da bei Parkplatzunfällen die Beurteilung der Schuldfrage mitunter schwierig ist, kann es empfehlenswert sein die Beratung eines Rechtsanwalts, insbesondere eines Anwalts der gleichzeitig die Qualifikation „Fachanwalt für Verkehrsrecht“ hat, in Anspruch zu nehmen.

 

Ein nach einem Verkehrsunfall einstandspflichtiger Schädiger kann einen Geschädigten der den Schaden an seinem Fahrzeug fiktiv abrechnet noch im Rechtsstreit auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer Referenzwerkstatt verweisen.

Darauf hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 15.07.2014 – VI ZR 313/13 – (nochmals) hingewiesen.

Danach darf ein Geschädigter, sofern die Voraussetzungen für eine fiktive Schadensberechnung vorliegen, dieser grundsätzlich die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legen, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat (BGH, Urteile vom 29.04.2003 – VI ZR 398/02 – Porsche-Urteil –; vom 20.10.2009 – VI ZR 53/09 – VW-Urteil –; vom 22.06.2010 – VI ZR 302/08 – Audi-Quattro-Urteil –; vom 22.06.2010 – VI ZR 337/09 – Mercedes-A 170-Urteil –).

  • Nach der Rechtsprechung des VI. Zivilsenats des BGH besteht in der Regel
    • ein Anspruch des Geschädigten auf Ersatz der in einer markengebundenen Vertragswerkstatt anfallenden Reparaturkosten
    • unabhängig davon, ob der Geschädigte den Wagen

 

Dieser Verweis auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit im Fall einer fiktiven Schadensabrechnung des Geschädigten kann noch im Rechtsstreit erfolgen,

Für den Geschädigten, der fiktiv abrechnet, ist es unerheblich, ob und wann der Schädiger oder sein Haftpflichtversicherer auf die alternative Reparaturmöglichkeit verweist.
Dem steht nicht entgegen, dass der Geschädigte nicht verpflichtet ist, zu den von ihm tatsächlich veranlassten oder auch nicht veranlassten Herstellungsmaßnahmen konkret vorzutragen. Entscheidend ist, dass in solchen Fällen der objektiv zur Herstellung erforderliche Betrag ohne Bezug zu tatsächlich getätigten Aufwendungen zu ermitteln ist.
Der Geschädigte disponiert dahin, dass er sich mit einer Abrechnung auf dieser objektiven Grundlage zufrieden gibt. Hinweise des Schädigers auf Referenzwerkstätten dienen hier nur dazu, der in dem vom Geschädigten vorgelegten Sachverständigengutachten vorgenommenen Abrechnung entgegenzutreten.
Im Hinblick darauf muss auch der Geschädigte, der den Fahrzeugschaden bereits behoben hat, ihn aber weiterhin fiktiv auf Gutachtenbasis abrechnet, mit der Möglichkeit rechnen, dass die Erforderlichkeit des vom Gutachter ermittelten Geldbetrages noch im Prozess von der Gegenseite bestritten wird und sich bei der Überzeugungsbildung des Gerichts, ob der verlangte Geldbetrag der erforderliche Geldbetrag im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist, ein geringerer zu ersetzender Betrag ergibt. 

 

Wenn unter Nutzung eines fremden eBay-Mitgliedskontos ein Gegenstand zum Verkauf angeboten wird – mit welcher Person kommt der Vertrag zustande?

Werden unter Nutzung eines fremden eBay-Mitgliedskontos auf den Abschluss eines Vertrages gerichtete Erklärungen abgegeben, liegt ein Handeln unter fremdem Namen vor, auf das die Regeln über die Stellvertretung sowie die Grundsätze der Anscheins- oder der Duldungsvollmacht entsprechend anzuwenden sind.

Darauf hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Celle mit Urteil vom 09.07.2014 – 4 U 24/14 – hingewiesen.

Danach erfolgt auch in den Fällen, in denen über eine Internetplattform Gegenstände an den Höchstbietenden zum Verkauf angeboten werden, der Abschluss eines Kaufvertrags regelmäßig nach den Bestimmungen der §§ 145 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).
Mit welcher Person dabei ein Vertrag geschlossen wird, bestimmt sich nach der maßgeblichen Sicht der anderen Vertragspartei.
Bei einer Fallkonstellation des „Handels unter fremdem Namen“ ist es rechtlich nicht möglich, dass

  • sowohl der aktiv Handelnde
  • wie auch diejenige Person, unter deren Namen der Andere handelt,

gleichermaßen verpflichtet werden.
Vielmehr kommt nur in Betracht, dass

  • entweder der aktiv Handelnde oder
  • die Person, in deren Namen gehandelt wird,

verpflichtet werden (vgl. dazu Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 11.05.2011 – VIII ZR 289/09 – und vom 01.03.2013 – V ZR 92/12 –)

  • Hat – aus der maßgeblichen Sicht des Käufers – der aktiv Handelnde, der bei dem getätigten Geschäft ein fremdes eBay-Mitgliedskontos genutzt hat, im eigenen Namen gehandelt, ist er dem Käufer gegenüber selbst verpflichtet und nicht der Inhaber des verwendeten Mitgliedskontos.
    Das ist der Fall, wenn sich das getätigte Geschäft aus der insoweit maßgeblichen Sicht der anderen Vertragspartei als Eigengeschäft des Handelnden darstellt, bei diesem also keine Fehlvorstellung über die Identität des Handelnden hervorgerufen wird (vgl. BGH, Urteil vom 11.05.2011 – VIII ZR 289/09 –).
     
  • Hat dagegen der aktiv Handelnde, der bei dem getätigten Geschäft ein fremdes eBay-Mitgliedskontos genutzt hat – aus der maßgeblichen Sicht des Käufers – im Namen des Nutzerkonto-Inhabers gehandelt und ist dieses Handeln dem Nutzerkonto-Inhaber nach Vertretungsregeln zuzurechnen, ist dieser gegenüber dem Käufer verpflichtet worden.
    ​Eine rechtsgeschäftliche Erklärung, die unter solchen Voraussetzungen unter dem Namen eines anderen abgegeben worden ist, verpflichtet den Namensträger regelmäßig allerdings nur dann, 

    • wenn sie in Ausübung einer bestehenden Vertretungsmacht erfolgt,
    • vom Namensinhaber nachträglich genehmigt worden ist oder 
    • wenn die Grundsätze über die Anscheins- oder die Duldungsvollmacht eingreifen.  

       

  • Ist das Handeln unter Nutzung des fremden eBay-Mitgliedskontos dem Kontoinhaber nicht unter Vertretungsregeln zuzurechnen, kommt seine Inanspruchnahme nicht in Betracht. In dem Fall besteht dann aber eine Haftung nach § 179 Abs. 1 BGB desjenigen der ohne Vertretungsmacht unter fremden Namen gehandelt hat.

 

Bevor eine ärztliche Zwangsmaßnahme verlängert wird muss erst nochmals versucht worden sein den Betreuten von der Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme zu überzeugen.

Auch vor jeder erneuten oder verlängerten ärztlichen Zwangsmaßnahme ist nochmals darauf hinzuwirken, dass der Betroffene seinen natürlichen Willen so ändert, dass dieser sich nicht (mehr) gegen die Maßnahme richtet.

Darauf hat die 7. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Lübeck mit Beschluss vom 09.07.2014 – 7 T 398/14 – hingewiesen.

Nach § 1906 Abs. 3 a Satz 1 BGB bedarf die Einwilligung des Betreuers in eine ärztliche Maßnahme der Genehmigung des Betreuungsgerichts.
In eine ärztliche Zwangsmaßnahme, d. h. eine ärztliche Maßnahme im Rahmen einer zivilrechtlichen Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB die dem natürlichen Willen eines Betreuten widerspricht (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 04.06.2014 – XII ZB 121/14 –), darf ein Betreuer nach § 1906 Abs. 3 nur einwilligen, wenn

  1. der Betreute aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann,
  2. zuvor versucht wurde, den Betreuten von der Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme zu überzeugen,
  3. die ärztliche Zwangsmaßnahme im Rahmen der Unterbringung nach § 1906 Absatz 1 BGB zum Wohl des Betreuten erforderlich ist, um einen drohenden erheblichen gesundheitlichen Schaden abzuwenden,
  4. der erhebliche gesundheitliche Schaden durch keine andere dem Betreuten zumutbare Maßnahme abgewendet werden kann und
  5. der zu erwartende Nutzen der ärztlichen Zwangsmaßnahme die zu erwartenden Beeinträchtigungen deutlich überwiegt.

An den Überzeugungsversuch nach § 1906 Abs. 3 Nr. 2 BGB sind dabei nicht etwa dann geringere Anforderungen zu stellen, wenn bei dem Betroffenen bereits mehrfach Einwilligungen in ärztliche Zwangsmaßnahmen gerichtlich genehmigt worden sind. Denn gerade der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz erfordert, vor jeder erneuten oder verlängerten ärztlichen Zwangsmaßnahme nochmals darauf hinzuwirken, dass der Betroffene seinen natürlichen Willen so ändert, dass dieser sich nicht (mehr) gegen die Maßnahme richtet.

 

Erstmalige Bestellung eines Betreuers ohne Anhörung des Betroffenen – Geht das?

Im Verfahren betreffend die erstmalige Bestellung eines Betreuers oder die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts darf das Gericht unter den Voraussetzungen des § 34 Abs. 3 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) ausnahmsweise dann von der Anhörung eines Betroffenen bzw. von der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks absehen, wenn

  • eine Vorführung des Betroffenen (§ 278 Abs. 5 FamFG) unverhältnismäßig ist und
  • das Gericht zuvor sämtliche nicht mit Zwang verbundenen Versuche – einschließlich des Versuchs einer Anhörung in der gewöhnlichen Umgebung – unternommen hat, um den Betroffenen zu befragen oder sich von ihm einen persönlichen Eindruck zu verschaffen.

Darauf hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 02.07.2014 – XII ZB 120/14 – hingewiesen.

Danach 

  • hat das Gericht gemäß § 278 Abs. 1 Satz 1 und 2 FamFG einen Betroffenen zwar vor der (erstmaligen) Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts persönlich anzuhören sowie sich einen persönlichen Eindruck von ihm zu verschaffen und
  • wenn die persönliche Anhörung an der Weigerung des Betroffenen scheitert kann das Gericht
    • nach § 278 Abs. 5 FamFG die Vorführung des Betroffenen durch die Betreuungsbehörde anordnen und
    • zur Durchsetzung der Vorführung die Betreuungsbehörde zur Anwendung von Gewalt (§ 278 Abs. 6 FamFG) sowie
    • zur Öffnung und Durchsuchung der Wohnung (§ 278 Abs. 7 FamFG) ermächtigen.

Allerdings sind im Betreuerbestellungsverfahren auch Sachverhaltskonstellationen denkbar, in denen das Gericht die persönliche Anhörung eines Betroffenen nicht mit den gemäß § 278 Abs. 5 bis 7 FamFG zu Gebote stehenden Mitteln durchsetzen darf.
Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Vorführung des Betroffenen oder deren zwangsweise Vollziehung außer Verhältnis zum Verfahrensgegenstand stehen würden.

  • Steht die Vorführung des Betroffenen oder deren zwangsweise Vollziehung außer Verhältnis zum Verfahrensgegenstand und
  • sind alle zwanglosen Möglichkeiten ausgeschöpft, den Betroffenen in seiner üblichen Umgebung anzuhören (§ 278 Abs. 1 Satz 3 FamFG) bzw. sich von ihm einen persönlichen Eindruck zu verschaffen,

kann das Gericht nach seinem pflichtgemäßen Ermessen

  • nicht nur unter den Voraussetzungen des § 34 Abs. 3 Satz 1 FamFG von der persönlichen Anhörung des Betroffenen
  • sondern auch entsprechend § 34 Abs. 3 FamFG ausnahmsweise von der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks

absehen, wenn nur dadurch eine dem Sach- und Streitstand entsprechende Endentscheidung ermöglicht wird.

Angeordnet werden kann eine Betreuung in diesen Fällen aber nur dann, wenn das Gericht nach Ausschöpfung aller sonstigen Erkenntnismöglichkeiten (§ 26 FamFG) auch ohne einen persönlichen Eindruck von dem Betroffenen vom Vorliegen der Betreuungsvoraussetzungen überzeugt ist. 

 

Unzureichende Beheizbarkeit eines alten Fachwerkhauses als Sachmangel – Haftung des Verkäufers bei unzureichendem Gewährleistungsausschluss.

Ist ein Wohnhaus nicht ausreichend beheizbar, weist es nicht die „übliche Beschaffenheit“ im Sinne von § 434 Abs. 1 Ziff. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) auf und dass im Winter eine Beheizung dergestalt möglich ist dass sich ein normales Raumklima herstellen lässt erwarten, sofern nichts anderen vereinbart ist, grundsätzlich auch Käufer alter Fachwerkhäuser.

Das hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe mit Urteil vom 18.6.2014 – 9 U 184/10 – entschieden und den Verkäufer eines Grundstücks, das mit einem wahrscheinlich mehrere hundert Jahre alten, im Laufe der Zeit mehrfach renovierten, sanierten und umgebauten Fachwerkhaus bebaut war, verurteilt an den Käufer nach §§ 437 Ziff. 3, 281 Abs. 1 BGB Schadensersatz zu zahlen, weil

  • das Dach des Fachwerkhauses nicht luftdicht,
  • die im Dachgeschoss befindliche Wohnung deswegen im Winter nicht ordnungsgemäß beheizbar war (es wurden bei Kälte – jedenfalls bei Wind – Temperaturen von nicht mehr als 15 bis 16 Grad Celsius erzielt) und
  • der Verkäufer innerhalb der vorgerichtlich gesetzten Frist die Mängel nicht beseitigt, sondern vielmehr eine Verantwortlichkeit generell bestritten hatte.

In der unzureichenden Beheizbarkeit der Dachgeschosswohnung sah der Senat einen Sachmangel im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 2 BGB, weil diese nicht die „übliche Beschaffenheit“ aufwies, die der Käufer bei Abschluss des Kaufvertrages erwarten durfte.
Danach erwartet, wer in Deutschland ein Wohngebäude erwirbt, grundsätzlich, dass im Winter eine Beheizung dergestalt möglich ist, dass sich ein normales Raumklima herstellen lässt.
Nach Auffassung des Senats bedeutet dies, dass

  • im Winter auch bei starker Kälte und bei Wind mindestens 20 Grad Celsius in den zum Aufenthalt dienenden Wohnräumen hergestellt werden können und
  • dabei gleichzeitig – bei geschlossenen Fenstern – keine erheblichen  Zugerscheinungen auftreten.

In dem vom 9. Zivilsenat des OLG Karlsruhe entschiedenen Fall war dieser Mangel für den Käufer vor Abschluss des Kaufvertrages, auch bei eingehender Besichtigung, nicht erkennbar und er war angesichts der von einem Sachverständigen geschätzten Kosten zur Mangelbeseitigung von mehr als 10 % des Kaufpreises auch erheblich.

Der von den Parteien im Kaufvertrag vereinbarte Gewährleistungsausschluss war so formuliert dass er nicht eingriff.
Der Verkäufer hatte sich in dem notariellen Grundstückskaufvertrag – trotz eines gleichzeitigen Gewährleistungsausschlusses – nämlich verpflichtet, „diejenigen erheblichen versteckten Mängel zu offenbaren, die ihm bekannt sind oder bekannt sein müssten“.
Damit ist nach Ansicht des 9. Zivilsenats des OLG Karlsruhe eine Haftung statuiert worden, die über die Formulierung in § 444 BGB (Haftung bei arglistigem Verschweigen) hinausgeht.
Denn „bekannt sein müssten“ ist eine Formulierung, die den Begriff der Fahrlässigkeit umschreibt. Das bedeutet, dass der Verkäufer auch dann haftet, wenn ihm wesentliche Mängel in Folge eigener Fahrlässigkeit eventuell unbekannt waren und dies war hinsichtlich der unzureichenden Beheizbarkeit der Dachgeschosswohnung nach den Feststellungen des Senats der Fall.

 

Der Energie entnehmende Mieter nimmt Vertragsangebot des Versorgungsunternehmens auch im Wege der Stellvertretung für die übrigen Mieter an.

Ist ein schriftlicher Liefervertrag über die Entnahme von Energie (beispielsweise Strom oder Gas) nicht abgeschlossen und das mit Energie versorgte Grundstück vermietet oder verpachtet, richtet sich, sofern gegenteilige Anhaltspunkte nicht vorhanden sind,

  • das Vertragsangebot des Versorgungsunternehmens regelmäßig an sämtliche Mieter bzw. Pächter und
  • wird von demjenigen Mieter oder Pächter, der die Energie entnimmt, konkludent angenommen, und zwar sowohl für sich selbst als auch im Wege der Stellvertretung für die übrigen Mieter oder Pächter.

Das hat der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 22.07.2014 – VIII ZR 313/13 – entschieden und damit seine Rechtsprechung, dass sich das in dem Leistungsangebot des Energieversorgungsunternehmens schlüssig enthaltene Angebot zum Abschluss eines Versorgungsvertrags (sogenannte „Realofferte“) typischerweise an denjenigen richtet, der nach außen erkennbar die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss am Übergabepunkt ausübt, präzisiert.

Danach kann ein Energieversorgungsunternehmen die Vergütung für die für ein Einfamilienhaus verbrauchte Energie auch von einem Mitmieter verlangen, der einen Mietvertrag lediglich aus „Bonitätsgründen“ als zweiter Mieter unterschrieben, in dem Einfamilienhaus allerdings nicht gewohnt hat.
Denn wer einen Mietvertrag unterzeichnet und den Mitmieter im Anschluss daran allein in das Haus einziehen lässt, duldet es willentlich, dass er die – beispielsweise zur Nutzung zwingend erforderliche – Heizung in Betrieb nimmt, Gas verbraucht und damit die Realofferte des Energieversorgungsunternehmen annimmt.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 22.07.2014 – Nr. 116/2014 – mitgeteilt.

 

Wie ist das mit einer im Grundbuch eingetragenen Buchgrundschuld wenn das damit gesicherte Darlehen getilgt ist?

Ein Grundstückseigentümer, der bei einer Bank ein Darlehen aufnimmt und zu dessen Sicherung der Bank eine Buchgrundschuld an seinem Grundstück bestellt, kann nach Tilgung der gesicherten Forderung nach dem Gesetz entscheiden,

  • ob die Grundschuld im Grundbuch gelöscht oder
  • ob sie erneut verwendet

werden soll. Er kann nämlich wählen, ob das Grundpfandrecht

  • durch Löschung im Grundbuch,
  • durch Verzicht oder
  • durch Übertragung an ihn oder einen Dritten

zurückgewährt werden soll.

Eine Grundschuld nach Tilgung des Darlehens im Grundbuch nicht löschen zu lassen kann für den Grundstückseigentümer deshalb durchaus von Vorteil sein, weil er sich dadurch nicht nur die Notar- und Grundbuchgebühren für die Löschung der Grundschuld spart, sondern weil er, wenn er künftig nochmal ein Darlehen benötigen sollte, die Grundschuld dann zur Absicherung des neuen Darlehens weiter verwenden kann.
Zu seiner eigenen Sicherheit kann sich der Grundstückseigentümer in einem solchen Fall von der Bank eine Verzichtserklärung samt Löschungsbewilligung ausstellen lassen. Damit bestätigt die Bank, dass das Darlehen getilgt ist.
Für die Ausfertigung einer solchen Löschungsbewilligung darf die Bank im Übrigen grundsätzlich keine Gebühr erheben. Eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Bank, dass für die Ausfertigung von Löschungsbewilligungen bei Grundpfandrechten ein Entgelt zu entrichten ist, ist unwirksam (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 07.05.1991 – XI ZR 244/90 –).

Unwirksam ist auch eine in der Sicherungsabrede zwischen der darlehensgebenden Bank sowie dem Darlehensnehmer und Grundstückseigentümer enthaltene, von der Bank vorformulierte Klausel,

  • die vorsieht, dass, „soweit dem Sicherungsgeber nach Erledigung des vereinbarten Sicherungszwecks ein Rückgewähranspruch auf die Grundschuld zusteht, dieser auf den Anspruch auf Löschung der Grundschuld beschränkt ist, es sei denn, dass im Zeitpunkt der Rückgewähr das Eigentum an dem belasteten Grundstück durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung gewechselt hat“,
  • jedenfalls dann, wenn sie sich auch auf Fallkonstellationen erstreckt, in denen der Inhaber des Rückgewähranspruchs im Zeitpunkt der Rückgewähr nicht mehr Grundstückseigentümer ist.  

Durch eine solche, dem gesetzlichen Leitbild widersprechende Klausel, die den Anspruch des Bankkunden auf Rückgewähr der Sicherungsgrundschuld auf deren Löschung beschränkt, würde in Fällen in denen der die Forderung tilgende Schuldner nicht mehr Grundstückseigentümer ist, dessen Rückgewähranspruch nämlich faktisch ausgeschlossen und der Kunde damit gravierend benachteiligt.

Das hat, wie die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 18.07.2014 –  Nr. 113/2014 – mitgeteilt hat, der unter anderem für Grundpfandrechte zuständige V. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 18.07.2014 – V ZR 178/13 – in einem Fall entschieden, in dem der die Forderung tilgende Schuldner nicht mehr Grundstückseigentümer war.