Nach § 38 Abs. 1 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) sind alle übrigen Verkehrsteilnehmer gegenüber einem polizeilichen Einsatzfahrzeug, das mit eingeschaltetem Blaulicht und Martinshorn fährt, verpflichtet, sofort freie Bahn zu schaffen, unabhängig davon, ob die Voraussetzungen für die Verwendung von Blaulicht und Einsatzhorn tatsächlich gegeben sind.
Wer einem Einsatzfahrzeug freie Bahn zu schaffen hat, muss sich so verhalten, dass eine Behinderung des Einsatzfahrzeuges ausgeschlossen ist.
- Dies gebietet es, rechts ranzufahren oder jedenfalls stehenzubleiben, bis beurteilt werden kann, woher das Einsatzfahrzeug kommt.
- Auch muss ein am normalen Straßenverkehr teilnehmender Kraftfahrer grundsätzlich Vorsorge treffen, dass er die von einem herannahenden Einsatzfahrzeug abgegebenen besonderen Warnsignale rechtzeitig wahrnehmen kann. Ein derart wahrnehmungsbereiter und aufmerksamer Verkehrsteilnehmer kann insbesondere das eingeschaltete Einsatzhorn mit seinem durchdringenden, besonders auffälligen Ton in der Regel schon von weitem hören.
Ein polizeiliches Einsatzfahrzeug als nach § 35 Abs. 1 StVO privilegiertes Fahrzeug ist von der Einhaltung der StVO-Vorschriften befreit, soweit es zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben dringend geboten ist, es also sich um eine Einsatzfahrt beispielsweise aufgrund einer Straftat handelt.
Für die Beurteilung, ob es sich um eine Einsatzfahrt i.S.d. § 35 Abs.1 StVO handelt,
Auch bei eingeschaltetem Blaulicht und Martinshorn darf der Fahrer eines polizeilichen Einsatzfahrzeuges jedoch nur dann darauf vertrauen, dass die anderen Verkehrsteilnehmer der Verpflichtung des § 38 Abs. 1 Satz 2 StVO nachkommen, sofort freie Bahn zu schaffen, wenn er nach den Umständen annehmen darf, dass sie alle anderen Verkehrsteilnehmer wahrgenommen und sich auf das Einsatzfahrzeug eingestellt haben (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 17.12.1974 – VI ZR 207/73 –). Dies folgt aus § 35 Abs. 8 StVO, wonach die Sonderrechte nur unter gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgeübt werden dürfen.
Die dem Sonderrechtsfahrer obliegende Sorgfaltspflicht ist dabei umso größer, je mehr seine gegen die StVO verstoßende Fahrweise, die zu der zu erfüllenden hoheitlichen Aufgabe nicht außer Verhältnis stehen darf, die Unfallgefahr erhöht (vgl. Kammergericht (KG), Urteil vom 15.01.2007 – 12 U 145/05 –).
Insbesondere ist ein Polizeifahrzeug nach § 35 Abs. 1 StVO nicht in jedem Fall von dem Gebot, die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerorts einzuhalten, befreit. Vielmehr bedarf es einer Abwägung, inwieweit eine Verletzung von Verkehrsregeln zur Erfüllung der konkreten hoheitlichen Aufgabe geboten ist, also ob wegen einer konkreten Lebensgefahr bzw. einer Gefährdung erheblicher Sachwerte höchste Eile geboten oder ob dies angesichts der zu erfüllenden hoheitlichen Aufgabe nicht der Fall ist.
Darauf hat das Landgericht (LG) Düsseldorf mit Urteil vom 25.06.2014 – 2b O 165/13 – hingewiesen.
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