BGH entscheidet, wie einer Betriebsschließungsversicherung zugrunde liegende Versicherungsbedingungen

BGH entscheidet, wie einer Betriebsschließungsversicherung zugrunde liegende Versicherungsbedingungen

…. auszulegen sind und wann danach bei einer coronabedingten Betriebsschließung kein Versicherungsfall vorliegt.

Mit Urteil vom 26.01.2022 – IV ZR 144/21 – hat der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) im Fall eines 

  • Restaurantbetreibers,

der, 

  • um bei einer, nach dem Infektionsschutzgesetz, behördlich angeordneten Betriebsschließung den Ertragsausfallschaden ersetzt zu erhalten,

eine 

  • Betriebsschließungsversicherung

unterhielt, in deren, dem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden 

  • Zusatzbedingungen (Betriebsschließung) – 2008 (ZBSV 08)

es auszugsweise unter „§ 2 Versicherte Gefahren, Versicherungsumfang“ hieß, 


dass der Versicherer Entschädigung leistet, wenn die zuständige Behörde aufgrund des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger (siehe Nr. 2) den versicherten Betrieb oder eine versicherte Betriebsstätte zur Verhinderung der Verbreitung von meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserregern beim Menschen schließt; …
… 
dass meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Zusatzbedingungen die folgenden, im Infektionsschutzgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger sind: 
Krankheiten: … 
Krankheitserreger: …

und in § 2 Nr. 2 ZBSV 08

  • weder die Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19), 
  • noch das Severe-Acute-Respiratory-Syndrome-Coronavirus (SARS-CoV) oder 
  • das Severe-Acute-Respiratory-Syndrome-Coronavirus-2 (SARS-CoV-2) 

aufgeführt waren, entschieden, dass 

  • nach diesen Bedingungen 

eine Betriebsschließung zur Verhinderung der Verbreitung 

  • der Krankheit COVID-19 oder 
  • des Krankheitserregers SARS-CoV-2 

nicht vom Versicherungsschutz umfasst ist.

Begründet hat der Senat dies damit, dass die 

  • meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserreger, 

zu deren Verhinderung der Verbreitung Versicherungsschutz bei einer angeordneten Betriebsschließung besteht, sich aus dem 

  • Katalog in § 2 Nr. 2 ZBSV 08 

ergeben, in diesem Katalog, der

  • nach dem für die Auslegung von Allgemeinen Versicherungsbedingungen maßgeblichen Verständnis des durchschnittlichen Versicherungsnehmers 

abschließend ist,

  • weder die Krankheit COVID-19 
  • noch der Krankheitserreger SARS-CoV-2 

aufgeführt ist und § 2 ZBSV 08 der Inhaltskontrolle 

  • gemäß § 307 Abs. 1 und 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) 

standhält, insbesondere nicht 

  • gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB 

verstößt.

Nach Ansicht des Senats wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer sich zunächst am 

  • Wortlaut

orientieren und in § 2 Nr. 1 ZBSV 08 dem Klammerzusatz „(siehe Nr. 2)“ hinter den Worten „meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger“ entnehmen, dass die 

  • vom Versicherungsschutz umfassten meldepflichtigen Krankheiten und Krankheitserreger in § 2 Nr. 2 ZBSV 08 näher bestimmt werden, 

sodann diese Klausel in den Blick nehmen und der anschließenden Formulierung „Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Zusatzbedingungen sind …“ 

  • erkennen, dass insoweit eine eigenständige Definition in den Bedingungen erfolgt,
  • die anschließende umfangreiche Aufzählung von Krankheiten und Krankheitserregern als abschließend erachten und
  • die ergänzende Bezugnahme in § 2 Nr. 2 ZBSV 08 auf die „im Infektionsschutzgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten“ Krankheiten und Krankheitserreger lediglich als Klarstellung verstehen, dass sich der Versicherer bei der Abfassung des Katalogs inhaltlich an §§ 6 und 7 IfSG orientiert hat. 

Zwar werde, so der Senat weiter, der durchschnittliche Versicherungsnehmer einerseits 

  • ein Interesse an einem möglichst umfassenden Versicherungsschutz 

haben, andererseits könne der durchschnittliche Versicherungsnehmer aber nicht davon ausgehen, dass der Versicherer 

  • auch für nicht im Katalog aufgeführte Krankheiten und Krankheitserreger die Deckung übernehmen will, die – wie hier COVID-19/SARS-CoV-2 gerade zeigt – u.U. erst Jahre nach Vertragsschluss auftreten und 
  • bei denen für den Versicherer wegen der Unklarheit des Haftungsrisikos keine sachgerechte Prämienkalkulation möglich ist (Quelle: Pressemitteilung des BGH).

Fazit:
Ob bei erfolgter coronabedingter Betriebsschließung eine Betriebsschließungsversicherung für eingetretene Verluste zahlen muss, kann nicht generell beantwortet werden, sondern hängt von der 

  • jeweils konkret vereinbarten Bedingungslage und
  • davon, wie diese auszulegen ist, 

ab. 


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