Nach § 251 Abs. 2 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sind die aus der Heilbehandlung eines verletzten Tieres entstandenen Aufwendungen nicht bereits dann unverhältnismäßig, wenn sie dessen Wert erheblich übersteigen.
Daraus folgt, dass es auch bei der Heilbehandlung eines Tieres eine Verhältnismäßigkeitsgrenze gibt bis zu der ein Schädiger nur in Anspruch genommen werden darf und dass unverhältnismäßige Heilbehandlungskosten im Sinne von § 251 Abs. 2 Satz 2 BGB vom Schädiger nicht ersetzt werden müssen.
Bei der Beurteilung, wo im einzelnen diese Verhältnismäßigkeitsgrenze zu ziehen ist, spielen verschiedene Faktoren eine Rolle.
- Ausgangspunkt für die Bestimmung der Verhältnismäßigkeitsschwelle ist der Wert des Tieres zum Zeitpunkt der Schädigung (so Oberlandesgericht (OLG) München, Urteil vom 11.04.2011 – 21 U 5534/10 –; a. A. Landgericht (LG) Erfurt, Urteil vom 12.05.2015 – 10 O 582/14 –), wobei zu berücksichtigen ist, dass der Marktwert eines Haustieres zum Schadensereignis höher oder geringer sein kann als zum Erwerbszeitpunkt.
So können beispielsweise bei einem Hund Alter, Gesundheitszustand und Vorerkrankungen den Marktwert mindern, während beispielsweise das Durchlaufen einer besonderen Ausbildung etwa als Blindenhund oder der gewerbliche Einsatz zu Zuchtzwecken den Marktwert erhöhen kann (OLG München, Urteil vom 11.04.2011 – 21 U 5534/10 –; a. A. LG Traunstein, Urteil vom 22.03.2007 – 2 O 719/05 – kein Altersabschlag).
Daneben sind bei der Bemessung der Verhältnismäßigkeit aber auch folgende Gesichtspunkte von Belang,
- das immaterielle Interesse des Tierhalters, d. h., Rechnung zu tragen ist der besonderen Qualität einer Beziehung zwischen Mensch (Familie) und Haustier;
- was der Eigentümer im Sinne eines verständigen Tierhalters in der konkreten Lage ohne die Fremdschädigung für sein Tier aufgewendet hätte sowie
- die Erfolgsaussicht der tierärztlichen Behandlung, d. h., je unwahrscheinlicher der Erfolg ist, umso eher wird die Behandlung unvernünftig und unverhältnismäßig sein, wobei allerdings dann, wenn erhebliche Kosten erst im Laufe einer längeren Behandlung anfallen, also – quasi unerwartet – nach und nach entstehen die Verhältnismäßigkeit noch eher angenommen werden kann (Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 19.08.2014 – 3 W 19/14 –).
Danach ist zumeist die Verhältnismäßigkeitsgrenze dann – einzelfallabhängig (je nach Vorliegen der o.g. Kriterien) – als erreicht angesehen worden, wenn die Behandlungskosten das 6- bis 10-fache des Wertes des Tieres erreicht haben (vgl. OLG München, Urteil vom 11.04.2011 – 21 U 5534/10 –; Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 19.08.2014 – 4 W 19/14 – und LG Bielefeld, Urteil vom 15.05.1997 – 22 S 13/97 – zur Obergrenze erstattungsfähiger Heilungskosten für Katzen ohne Marktwert).
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