Tag Gemeinschaftseigentum

Wohnungseigentümer sollten wissen, wann eine Pflicht der Gemeinschaft zur Sanierung des gemeinschaftlichen Eigentums auch bei

…. Unrentabilität oder Überalterung besteht und nicht stattdessen durch Mehrheitsbeschluss die Nutzung von Gemeinschaftseigentum aus Gründen der Verkehrssicherheit dauerhaft verboten werden kann. 

Mit Urteil vom 15.10.2021 – V ZR 225/20 – hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) darauf hingewiesen, dass Wohnungseigentümer im Rahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung

  • mit Mehrheitsbeschluss 

ein auf das 

  • gemeinschaftliche Eigentum bezogenes Nutzungsverbot zum Zwecke der Gefahrenabwehr, 

zwar beschließen können, dies aber jedenfalls dann, wenn dadurch die 

  • zweckentsprechende Nutzung von Sondereigentum 

eingeschränkt oder gar ausgeschlossen wird, nur 

  • aus zwingenden Gründen und 
  • in engen Grenzen 

in Betracht kommt.

Das bedeutet: 
Ist eine Sanierungspflicht der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht gemäß § 22 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) ausgeschlossen, 

  • beispielsweise deshalb nicht, weil schon keine Zerstörung im Sinne dieser Vorschrift vorliegt, d.h. keine Zerstörung des im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gebäudes durch ein 
    • punktuelles Ereignis wie Brand, Überflutung oder Explosion 

und wird durch 

  • gravierende bauliche Mängel des gemeinschaftlichen Eigentums

eine Nutzung des 

  • Sondereigentums

zu dem vereinbarten Zweck 

  • erheblich beeinträchtigt oder 
  • sogar ausgeschlossen

sind Wohnungseigentümer verpflichtet zu veranlassen, dass diese 

  • baulichen Mängel des gemeinschaftlichen Eigentums

behoben werden und können sich dieser Verpflichtung 

  • weder durch ein mehrheitlich verhängtes dauerhaftes Nutzungsverbot 

entziehen,

  • noch durch eine Berufung darauf, dass ihnen die damit einhergehenden Kosten nicht zuzumuten seien (Pressemitteilung des BGH). 

Wohnungseigentümer sollten wissen was Gegenstand des Sondereigentums sein kann und was nicht

Nach § 5 Abs. 2 und Abs. 3 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) können Teile des Gebäudes, 

  • die für dessen Bestand oder Sicherheit erforderlich sind, 

sowie Anlagen und Einrichtungen, 

  • die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dienen, 

nicht Gegenstand des Sondereigentums sein, 

  • selbst wenn sie sich im Bereich der im Sondereigentum stehenden Räume oder Teile des Grundstücks befinden

und können Wohnungseigentümer durch Vereinbarung 

  • zwar Bestandteile des Gebäudes, die zum Sondereigentum gehören, rechtsgeschäftlich zum gemeinschaftlichen Eigentum machen, 
  • nicht aber umgekehrt.

Für beispielsweise 

  • die Balkone, 

über die Eigentumswohnungen verfügen, bedeutet das, dass sich das Sondereigentum an einem Balkon nur erstreckt auf 

  • den Luftraum, 
  • den Innenanstrich und 
  • den Bodenbelag, 

während Gemeinschaftseigentum sind, 

  • die übrigen konstruktiven und 
  • solche Teile, die ohne Veränderung der äußeren Gestalt des Gebäudes nicht verändert werden können, wie 
    • Brüstungen und Geländer, 
    • Bodenplatte einschließlich der Isolierschicht, 
    • Decken,
    • Abdichtungsanschlüsse zwischen Gebäude und Balkon, 
    • Außenwände, Stützen und 

Für beispielsweise auf dem gemeinschaftlichen Grundstück errichtete 

  • Garagen

bedeutet das, dass sich das Sondereigentum an einer Garage nur erstrecken kann, auf

  • den Innenraum, wie z.B. Wandputz, Estrich, Elektoanlagen und den Bodenbelag,

während Gemeinschaftseigentum sind 

Sind 

  • nicht sondereigentumsfähige Gebäudebestandteile, beispielsweise Balkone oder Garagen im Ganzen, 

in einer Teilungserklärung unzulässigerweise als Sondereigentum aufgeführt und ist eine 

  • gesetzeskonforme

Auslegung 

  • dahingehend

nicht möglich, dass sich diese Regelung nur auf die 

  • tatsächlich sondernutzungsfähigen Teile 

bezieht, ist eine solche Regelung nichtig. 

Hinweis zur Kostentragungspflicht:
Alle bei der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer anfallenden Kosten,

  • somit auch die Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums  

sind nach der Grundregel des § 16 Abs.2 Satz 1 WEG von 

  • allen Wohnungseigentümern nach dem Verhältnis ihrer jeweiligen Miteigentumsanteile 

zu tragen.

Eine hiervon oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung 

  • für einzelne Kosten, d.h. für die Kosten einer konkreten Erhaltungsmaßnahme, etwa eines Fensteraustauschs

oder 

  • für bestimmte Arten von Kosten, d.h. Kosten für wiederkehrende gleichartige Positionen, wie etwa, dass jeder Wohnungseigentümer die Kosten für den Austausch derjenigen Fenster zu tragen hat, die sich im Bereich seines Sondereigentums befinden, 

können die Wohnungseigentümern beschließen (§ 16 Abs. 2 Satz 2 WEG).

Wohnungseigentümer sollten wissen, wer bei Störungen des Sonder- und/oder Gemeinschaftseigentums

…. welche Ansprüche nach der zum 01.12.2020 in Kraft getretenen Neufassung des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) geltend machen kann.

Mit Urteil vom 11.06.2021 – V ZR 41/19 – hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) darauf hingewiesen, dass die auf die Abwehr von 

  • Störungen im räumlichen Bereich ihres Sondereigentums 

gerichteten Unterlassungs- oder Beseitigungsansprüche gemäß 

  • § 1004 BGB und 
  • § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG

Wohnungseigentümer

  • nach der zum 01.12.2020 in Kraft getretenen Neufassung des WEG

weiterhin auch dann 

  • selbst

geltend machen können, wenn von den Störungen 

  • zugleich das Gemeinschaftseigentum betroffen ist,

dass sich die alleinige Ausübungsbefugnis der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer 

  • nach der Vorschrift des § 9a Abs. 2 WEG 

bezieht auf die Abwehr von 

  • Störungen des Gemeinschaftseigentums, 

zu denen insbesondere Ansprüche aus § 1004 BGB 

  • wegen einer Beeinträchtigung des gemeinschaftlichen Eigentums und 
  • infolgedessen auch etwaige daran anknüpfende Sekundäransprüche

gehören, dass sich das 

  • Recht eines einzelnen Wohnungseigentümers, 

Störungen abzuwehren, die 

  • sowohl den räumlichen Bereich seines Sondereigentums 
  • als auch das Gemeinschaftseigentum 

beeinträchtigen, auf 

  • Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche 

beschränkt und ein einzelner Wohnungseigentümer 

  • Ausgleich in Geld  

nur unter den Voraussetzungen von § 14 Abs. 3 WEG verlangen kann. 

Was Wohnungseigentümer, die die Terrassenfläche ihrer Erdgeschosswohnung vergrößern wollen, wissen

…. und beachten sollten.

Mit Urteil vom 28.09.2019 – 18 C 207/18 – hat das Landgericht (LG) Berlin in einem Fall, in dem ein Eigentümer einer Erdgeschosswohnung,

  • nachdem von ihm die Fläche der seiner Wohnung vorgelagerten Terrasse eigenmächtig vergrößert worden war,

beantragt hatte,

  • die von ihm vorgenommene Terrassenerweiterung nachträglich zu genehmigen und
  • eine Mehrheit auch dafür gestimmt hatte,

aber ein Eigentümer, der damit nicht einverstanden war, diesen Beschluss angefochten hatte, entschieden,

  • dass der nachträglich gefasste Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft über die Genehmigung der schon vorgenommenen Erweiterung der Terrasse nicht der ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht

und den Beschluss für unwirksam erklärt.

Begründet hat das LG dies damit, dass

  • es sich bei der Erweiterung der Terrasse um eine bauliche Veränderung gehandelt habe,

durch die die übrigen Eigentümer

  • zum einen bereits durch die optische Veränderung,
  • zum anderen aber auch durch die intensivere Nutzung

beeinträchtigt werden, da

  • eine vergrößerte Terrassenfläche gegenüber einer Rasenfläche typischerweise ein höheres Störungspotential biete,
    • zum Beispiel durch die Möglichkeit mehr Stühle bzw. einen größeren Tisch aufzustellen.

Abgesehen davon dürfte die Vergrößerung einer einer Erdgeschosswohnung vorgelagerten Terrassenfläche ohne die Zustimmung aller Wohnungseigentümer auch deswegen unzulässig sein

  • und für die Einräumung eines solchen (erweiterten) Sondernutzungsrechtes keine Beschlusskompetenz bestehen,
  • mit der Folge, dass solcher Mehrheitsbeschluss nichtig wäre,

nachdem an einer einer Erdgeschosswohnung vorgelagerten Terrasse ein alleiniges Nutzungsrecht des Eigentümers der Erdgeschosswohnung unter Ausschluss der übrigen Eigentümer besteht und zwar,

  • je nachdem wie dies in der Teilungserklärung bestimmt ist,

weil

  • entweder die Terrasse Bestandteil des Sondereigentums an der Erdgeschosswohnung ist
  • oder an der Terrasse für den Eigentümer der Erdgeschosswohnung ein Sondernutzungsrecht besteht

und durch eine Terrassenvergrößerung,

  • da es sich bei der Gartenfläche, auf die sich die Terrassenvergrößerung dann erstreckt, um ein, allen Eigentümern gehörendes und zur gleichen Nutzung zugewiesenes Gemeinschaftseigentum handelt,

dieser Teil des allen Eigentümern gehörenden und zur gleichen Nutzung zugewiesenen Gemeinschaftseigentums

  • abgeschnitten und
  • dem Eigentümer der Erdgeschosswohnung zugewiesen wird.

Auch deswegen müsste also eine ohne die erforderliche Zustimmung aller Wohnungseigentümer vorgenommene Terrassenvergrößerung auf entsprechende Aufforderung hin

  • wieder entfernt und
  • die Terrasse auf das sich aus dem Grundrissplan ergebende Ausmaß zurückgebaut werden (Quelle: juris Das Rechtsportal).

Was Wohnungseigentümer über die Aufgaben des Verwalters bei erforderlichen Maßnahmen der Instandhaltung und

…. Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums wissen sollten.

Der Verwalter ist

  • nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) verpflichtet, die für die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlichen Maßnahmen zu treffen,

aber,

  • wegen der vorrangigen Zuständigkeit der Wohnungseigentümer gemäß § 21 Abs. 1 und 5 Nr. 2 WEG und
  • ihrer vorrangigen Entscheidungskompetenz für die Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums als Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung,

weder berechtigt, noch verpflichtet, eine Maßnahme der Instandhaltung und Instandsetzung,

  • die weder dringlich ist (vgl. § 27 Abs. 1 Nr. 3 WEG),
  • noch zu den laufenden Maßnahmen zählt (vgl. § 27 Abs. 3 Nr. 3 WEG),

ohne Beschlussfassung der Wohnungseigentümer zu ergreifen.

Ihn trifft aber die Pflicht,

  • den Zustand des Gemeinschaftseigentums zu kontrollieren,
  • die Wohnungseigentümer ausreichend zu unterrichten und
  • sie in die Lage zu versetzen, einen sachgerechten Beschluss über das weitere Vorgehen zu fassen.

Da die Wohnungseigentümer zumeist nicht über technisches Fachwissen verfügen und ihnen nicht sämtliche baulichen und rechtlichen Verhältnisse des Gemeinschaftseigentums bekannt sind, muss der Verwalter

  • zur Vorbereitung der Beschlussfassung über Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums

die verschiedenen Handlungsoptionen aufzeigen und die Wohnungseigentümer auf

  • mögliche Gewährleistungsansprüche und
  • eine drohende Verjährung dieser Ansprüche

hinzuweisen.

  • Einen daraufhin von den Wohnungseigentümern gefassten Beschluss hat der Verwalter gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG als Vollzugsorgan durchzuführen;
  • bleibt er untätig oder setzt er den Beschluss unvollständig oder fehlerhaft um, kann jeder Wohnungseigentümer ihn, ggf. auch im Klagewege, zur Befolgung seiner Pflicht anhalten.

Zu den Pflichten des Verwalters aus § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG gehört es ferner,

  • Instandsetzungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum wie ein Bauherr zu überwachen,
  • wie ein Bauherr im Interesse der Wohnungseigentümer sorgfältig zu prüfen, ob – unter Berücksichtigung von hierbei für ihn erkennbaren Mängeln –
    • bestimmte Leistungen erbracht sowie
    • Abschlags- oder Schlusszahlungen gerechtfertigt sind

und falls für ihn erkennbar ist, dass beschlossene und beauftragte Sanierungsarbeiten teilweise unerledigt geblieben sind,

  • nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG die vollständige Durchführung zu veranlassen.

Für erforderliche Mängelbeseitigungsmaßnahmen gilt nichts anderes. Auch hinsichtlich solcher Arbeiten hat der Verwalter seine Kontrollpflicht aus § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG auszuüben.

  • Teilt der Unternehmer mit, einen Mangel beseitigt zu haben, darf sich der Verwalter nicht in jedem Fall darauf beschränken, diese Mitteilung zur Kenntnis zu nehmen und an die Wohnungseigentümer weiterzuleiten.
  • Hat der Verwalter Anhaltspunkte dafür, dass ein Mangel am Gemeinschaftseigentum entgegen einer Erklärung des Unternehmers nicht beseitigt ist, muss er die Wohnungseigentümer hierüber unterrichten und auf einen sachgerechten Beschluss über das weitere Vorgehen hinwirken.

Verletzt der Verwalter seine Pflichten ist er schadensersatzpflichtig, wenn

  • der Pflichtenverstoß für einen bei einem Wohnungseigentümer oder der Wohnungseigentümergemeinschaft eingetretenen Schaden kausal war,
    • wofür bei Verstößen des Verwalters gegen seine den Wohnungseigentümern gegenüber bestehenden Überwachungs-, Kontroll- und Unterrichtungspflichten hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums eine tatsächliche Vermutung besteht

und