Was Wohnungseigentümer über den Anspruch auf die erstmalige Errichtung des Gemeinschaftseigentums bei sog. steckengebliebenem Bau wissen müssen

Was Wohnungseigentümer über den Anspruch auf die erstmalige Errichtung des Gemeinschaftseigentums bei sog. steckengebliebenem Bau wissen müssen

Mit Urteil vom 20.12.2024 – V ZR 243/23 – hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass jeder Wohnungseigentümer 

  • im Rahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung (§ 18 Abs. 2 Nr. 1 Wohnungseigentumsgesetz (WEG)) 

verlangen kann, dass das Gemeinschaftseigentum 

  • erstmals

in einen der Teilungserklärung entsprechenden,

  • also plangerechten

Zustand versetzt wird.

Dies gilt auch für die 

  • erstmalige

Errichtung bzw. Fertigstellung des Gemeinschaftseigentums bei einem 

  • steckengebliebenen

Bau,

  • unabhängig vom Fertigstellungsgrad des Gebäudes. 

§ 22 WEG, 

  • wonach der Wiederaufbau eines zu mehr als der Hälfte seines Wertes zerstörten Gebäudes nicht verlangt werden kann, wenn der Schaden nicht durch eine Versicherung oder in anderer Weise gedeckt ist,  

ist als Ausnahmevorschrift, die auf die 

  • Zerstörung eines bereits errichteten Gebäudes 

zugeschnitten ist, auf den 

  • steckengebliebenen Bau 

nicht analog anwendbar. 

Der Anspruch auf 

  • erstmalige Errichtung des Gemeinschaftseigentums 

ist jedoch durch den 

  • Grundsatz von Treu und Glauben 

begrenzt.

Demnach entfällt der Anspruch, wenn seine Erfüllung den übrigen Wohnungseigentümern 

  • nach den Umständen des Einzelfalls 

nicht zuzumuten ist, wobei es, 

  • wenn ein Wohnungseigentümer nach Ablehnung seines Antrags auf Errichtung bzw. Fertigstellung des Gemeinschaftseigentums durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer eine Beschlussersetzungsklage erhebt,

Sache des Tatgerichts ist 

  • – unter umfassender Würdigung der Umstände des Einzelfalls im Rahmen einer Gesamtabwägung –

über die Unzumutbarkeit der erstmaligen Errichtung zu entscheiden. 

Bei der insoweit vorzunehmenden Abwägung sind insbesondere von Bedeutung: 

  • der Fertigstellungsgrad der zu errichtenden Anlage, 
  • der Umfang der noch erforderlichen Arbeiten 

sowie 

  • die Höhe der noch zu tätigenden Investitionen. 

Regelmäßig spricht für eine 

  • Unzumutbarkeit der Ersterrichtung, 

wenn es zu Kostensteigerungen 

  • von über 50 % des ursprünglich Kalkulierten 

kommt. 
Allerdings können auch 

  • geringere Kostensteigerungen 

im Einzelfall zur Unzumutbarkeit führen. 

Darüber hinaus sind 

  • wirtschaftlich sinnvolle Alternativen 

zu berücksichtigen.
Sollte beispielsweise ein Investor bereit sein, 

  • alle Einheiten im aktuellen „unfertigen“ Zustand zu einem den Umständen nach angemessenen Preis zu kaufen, 

könnten den Interessen einzelner Bauwilliger 

  • im Vergleich zu 

den Interessen einer verkaufswilligen Mehrheit 

  • weniger Gewicht 

beigemessen werden (Quelle: Pressemitteilung des BGH).