Wenn in dem Heim, in dem ein Betroffener lebt, die Eingangstür tagsüber offen ist und nachts verschlossen wird.

Wenn in dem Heim, in dem ein Betroffener lebt, die Eingangstür tagsüber offen ist und nachts verschlossen wird.

Ohne rechtswirksame Einwilligung des Betroffenen ist eine Maßnahme immer dann als unterbringungsähnlich im Sinn des § 1906 Abs. 4 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) einzustufen, wenn sie, ohne eine Unterbringung zu sein, die Bewegungsfreiheit des Betroffenen

  • über einen längeren Zeitraum oder
  • regelmäßig

begrenzt und

  • dies zumindest auch bezweckt.

Ein „regelmäßiges“ Hindern i.S.d. § 1906 Abs. 4 BGB liegt vor, wenn es

  • stets zur selben Zeit oder
  • aus wiederkehrendem Anlass

erfolgt.

  • Dabei kommt es nicht auf die Dauer der jeweiligen Einzelmaßnahme an, so dass auch kurzzeitige Beschränkungen der Bewegungsfreiheit genehmigungspflichtig sind, wenn sie regelmäßig vorgenommen werden.
  • Lediglich diejenigen regelmäßigen Einschränkungen der Fortbewegungsfreiheit unterfallen nicht § 1906 Abs. 4 BGB, bei denen es sich um nur unerhebliche Verzögerungen handelt.

Darauf hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 07.01.2015 – XII ZB 395/14 – hingewiesen.

  • Wird in der Einrichtung die Tür der offenen Wohngruppe, in der ein Betroffener lebt, von 20.00 Uhr bis 6.00 Uhr verschlossen, weil die Bewohner sich bei versehentlichem Verlassen verirren und selbst gefährden könnten,

stellt dies danach für Betroffene auch dann grundsätzlich eine genehmigungsbedürftige unterbringungsähnliche Maßnahme i.S.d. § 1906 Abs. 4 BGB dar,

  • wenn sichergestellt ist, dass den Bewohnern, nach Drücken eines Notrufknopfes innerhalb einer Zeitspanne von maximal 30 Minuten die Tür des Wohngruppenbereichs geöffnet wird.
    Denn die Betroffenen werden, wenn sie weder einen Schlüssel haben, noch ein Pförtner das jederzeitige Verlassen der Einrichtung ermöglicht, jeweils bis zu 30 Minuten daran gehindert, ihre Fortbewegungsfreiheit durch Verlassen des Wohnbereichs zu betätigen und ein Zeitraum von 30 Minuten liegt deutlich oberhalb einer unerheblichen Verzögerung.

Nicht genehmigungsbedürftig wäre das regelmäßige Verschließen der Eingangstür während der Nachtstunden in einem solchen Fall nur dann nicht,

  • wenn das Verschließen der Eingangstür mit ausdrücklicher oder konkludenter Einwilligung der Betroffenen erfolgt, was voraussetzt, dass diese mit natürlichem Willen die Tragweite der freiheitsentziehenden Maßnahme zu erfassen vermögen oder,
  • sollte es an einer rechtswirksamen Einwilligung der Betroffenen fehlen, wenn mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die Betroffenen ihre Bewegungsfreiheit so betätigen werden, dass die Maßnahme eine Beschränkung darstellt, also mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, dass sie die Wohngruppe während der Nachtstunden verlassen wollen, weil dann für eine betreuungsgerichtliche Genehmigung kein Bedürfnis besteht.

 


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