Wenn der seinem minderjährigem Kind Unterhalt schuldende Vater arbeitslos ist

Wenn der seinem minderjährigem Kind Unterhalt schuldende Vater arbeitslos ist

Verwandte in gerader Linie sind nach § 1601 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) grundsätzlich verpflichtet,

  • einander, im Fall der Bedürftigkeit i.S.v. § 1602 BGB, Unterhalt zu gewähren,
  • sofern sie dazu bei Berücksichtigung ihrer sonstigen Verpflichtungen, ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts, imstande sind (vgl. § 1603 Abs. 1 BGB).

 

Eltern, die bei Berücksichtigung ihrer sonstigen Verpflichtungen außerstande sind, ohne Gefährdung ihres angemessenen Unterhalts minderjährigen unverheirateten Kindern den Unterhalt zu gewähren, sind diesen gegenüber gemäß § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden (sog. gesteigerte Unterhaltspflicht).
Darin liegt eine Ausprägung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Unterhaltsrecht. Aus diesen Vorschriften und aus Art. 6 Abs. 2 Grundgesetz (GG) folgt auch die Verpflichtung der Eltern zum Einsatz der eigenen Arbeitskraft.
Wenn der Unterhaltsverpflichtete eine ihm mögliche und zumutbare Erwerbstätigkeit unterlässt, obwohl er diese bei gutem Willen ausüben könnte, können deswegen nicht nur die tatsächlichen, sondern auch fiktiv erzielbare Einkünfte berücksichtigt werden. Die Zurechnung fiktiver Einkünfte, in die auch mögliche Nebenverdienste einzubeziehen sind, setzt neben den nicht ausreichenden Erwerbsbemühungen eine reale Beschäftigungschance des Unterhaltspflichtigen voraus.

  • Dem Unterhaltspflichtigen darf aber auch bei einem Verstoß gegen seine Erwerbsobliegenheit nur ein Einkommen zugerechnet werden, welches von ihm realistischerweise zu erzielen ist.
  • Für die Feststellung, dass für einen Unterhaltsschuldner keine reale Beschäftigungschance besteht, sind allerdings – insbesondere im Bereich der gesteigerten Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 BGB – strenge Maßstäbe anzulegen.

 

Für gesunde Arbeitnehmer im mittleren Erwerbsalter wird auch in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit regelmäßig kein Erfahrungssatz dahin gebildet werden können, dass sie nicht in eine vollschichtige Tätigkeit zu vermitteln sind.

  • Dies gilt auch für ungelernte Kräfte.
  • Auch eine bisherige Tätigkeit eines Unterhaltsschuldners etwa im Rahmen von Zeitarbeitsverhältnissen ist noch kein hinreichendes Indiz dafür, dass es ihm nicht gelingen kann, eine besser bezahlte Stelle zu finden.
    Das gilt auch dann, wenn der Unterhaltspflichtige überwiegend im Rahmen von geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen im Sinne von § 8 Abs. 1 SGB IV gearbeitet hat.

 

Die Darlegungs- und Beweislast für seine mangelnde Leistungsfähigkeit

  • liegt beim Unterhaltspflichtigen,
  • was auch für das Fehlen einer realen Beschäftigungschance gilt.

 

Der Unterhaltspflichtige hat sich unter Einsatz aller zumutbaren und möglichen Mittel nachhaltig darum zu bemühen, eine angemessene Tätigkeit zu finden, wozu die bloße Meldung beim Arbeitsamt nicht genügt.

  • Er trägt im Verfahren die uneingeschränkte Darlegungs- und Beweislast für seine Bemühungen und muss in nachprüfbarer Weise vortragen, welche Schritte er im Einzelnen in welchem zeitlichen Abstand in dieser Richtung unternommen hat.
     

Die Bewerbungsbemühungen müssen die nötige Nachhaltigkeit erkennen lassen und dürfen keine ungeklärten zeitlichen Lücken aufweisen.
Der Beweis, dass für den Unterhaltspflichtigen keine reale Erwerbsmöglichkeit für eine Vollzeittätigkeit besteht, wird regelmäßig mangels gegenteiliger Erfahrungssätze nur durch den Nachweis zu führen sein, dass der Unterhaltspflichtige sich hinreichend um eine Erwerbstätigkeit bemüht hat.
Hierzu reicht es nicht aus, dass er sich auf die ihm vom zuständigen Jobcenter unterbreiteten Stellenangebote bewirbt.

Darauf hat der 2. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Beschluss vom 23.12.2015 – 2 UF 213/15 – hingewiesen und in einem Fall,

  • in dem ein arbeitsloser, Leistungen nach dem SGB II beziehender Vater, der seinem minderjährigen, im Haushalt der Mutter lebendem Kind Unterhalt schuldete,

 

entschieden,

  • dass diesem ein fiktives monatliches Nettoeinkommen von 1.300 Euro zuzurechnen ist, weil er
    • vor seiner Arbeitslosigkeit dieses Einkommen im Rahmen einer früheren Beschäftigung in einer Autowäscherei tatsächlich erzielt und
    • Erwerbsbemühungen nicht dargelegt hatte. 

 


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