Wenn Kunde im Super- oder Baumarkt wegen verkehrswidrigen Zustands des Bodens stürzt – Wann haftet der Betreiber?

Wenn Kunde im Super- oder Baumarkt wegen verkehrswidrigen Zustands des Bodens stürzt – Wann haftet der Betreiber?

Der Betreiber eines Einzelhandelsunternehmens hat in den Grenzen des technisch Möglichen und wirtschaftlich Zumutbaren dafür zu sorgen, dass Kunden durch die angebotene Ware und den Zustand der Geschäftsräume – insbesondere auch des Fußbodens – keine Schäden erleiden.

Stürzt ein Kunde an einer Stelle in dem Geschäft, an der sich Flüssigkeit oder Obst- oder Gemüsereste auf dem Boden befunden haben und verletzt er sich dabei, spricht der Anscheinsbeweis dafür, dass er wegen dieses verkehrswidrigen Zustands des Fußbodens gestürzt ist, es also bei Beachtung der dem Geschäftsbetreiber obliegenden Verkehrssicherungspflicht nicht zu dem Unfall gekommen wäre.

Diese tatsächliche Vermutung muss der Geschäftsbetreiber in einem solchen Fall erschüttern, indem er darlegt und beweist, dass ihm eine Verkehrssicherungspflichtverletzung

  • weder in Form einer unzureichenden Organisation der erforderlichen und zumutbaren Kontrollen,
  • noch in Form einer unzureichenden Ausführung der vorgegebenen Kontrollen

zum Schutz seiner Kunden zur Last fällt,

  • sondern es aufgrund einer anderen Ursache zu dem Sturz gekommen ist.

Der Umfang der bestehenden Verpflichtungen hängt dabei von den Umständen des Einzelfalls ab, u.a. von der Kundenfrequenz, der Witterung sowie dem von den zum Verkauf angebotenen Waren ausgehenden Gefahrenpotential.

  • So besteht in der Obst- und Gemüseabteilung eines Supermarktes, in der die Kunden die Ware selbst auswählen und abwiegen, ein großes Risiko, dass dabei Teile auf den Boden fallen und eine Gefahr des Ausrutschens verursachen. Aus diesem Grunde sind dort die Verkehrssicherungspflichten besonders streng. Es muss organisatorisch sichergestellt werden, dass eine bestimmte Person in regelmäßigen und kurzen Abständen von 15 bis 20 Minuten den Boden reinigt und dass dies auch durch die Laden- und Abteilungsaufsicht überwacht wird (Oberlandesgericht (OLG) Koblenz, Urteil vom 27.09.1994 – 3 U 1595/93 –).
  • Für einen Selbstbedienungs-Drogeriemarkt erscheint hingegen eine regelmäßige Kontrolle im Abstand von 30 Minuten ausreichend, weil dessen Warensortiment nur ausnahmsweise eine Rutschgefahr begründet (OLG Hamm, Urteil vom 16.10.2000 – 6 U 253/99 –).
  • Als ausreichend wurde auch angesehen, wenn sich in einem Warenhaus ein mit der Ladensicherheit betrauter Mitarbeiter ständig dort aufhält und alle Mitarbeiter angewiesen sind, auf Verunreinigungen zu achten und diese zu beseitigen oder zu melden (OLG Köln, Urteil vom 24.07.2008 – 12 U 8/08 –).
  • Für einen Lebensmittelmarkt mit einer Größe von 650 m² ist es als ausreichend angesehen worden, wenn alle Mitarbeiter angewiesen sind, den Zustand des Bodens regelmäßig zu kontrollieren und Verunreinigungen sogleich zu beseitigen, und wenn der Filialleiter die Einhaltung dieser Weisung regelmäßig – im Kassenbereich im Abstand von 10 bis 15 Minuten – kontrolliert (OLG Köln, Urteil vom 24.04.1996 – 2 U 107/95 –).

Bei der Beurteilung, welche Verkehrssicherungspflichten dem Betreiber eines Selbstbedienungsbaumarktes obliegen, ist zu berücksichtigen, dass dessen Warensortiment zwar nicht das Gefahrenpotential des Warensortiments eines Lebensmittelmarktes, insbesondere einer Obst- und Gemüseabteilung, hat. Die meisten Artikel sind verpackt, so dass eine Rutschgefahr durch den Inhalt der Verpackungen nur bei geöffneten oder beschädigten Verpackungen besteht.

Werden allerdings in dem Baumarkt auch Pflanzen verkauft, die üblicherweise nicht verpackt sind, ist zu berücksichtigen, dass von diesen Pflanzen die Gefahr ausgeht, dass sie Teile – wie z.B. Blätter – verlieren und dass aus der bewässerten Erde Wasser austritt. Insbesondere auch im Hinblick auf diese Gefahr muss der Betreiber eines Baumarktes dann für regelmäßige Kontrollen sorgen. Diese Verpflichtung betrifft im besonderen Maße den Kassenbereich, den die Kunden mit Waren aller Art passieren und in dem die Aufmerksamkeit durch die ggf. mit sich geführten Waren, das Warensortiment sowie die Verkaufsvorgänge abgelenkt ist.

Die Abstände der Kontrollen hängen in diesem Fall von den Umständen des Einzelfalles ab, insbesondere auch dem Kundenaufkommen. Bei einem durchschnittlich starken Kundenaufkommen ist eine Kontrolle im Abstand von 30 Minuten erforderlich und ausreichend.

Die generelle Anweisung an alle Mitarbeiter, auf Verunreinigungen insbesondere im Kassenbereich zu achten, ist nur dann ausreichend, wenn eine Person für die regelmäßige Kontrolle dieser Anweisung verantwortlich ist und diese auch in kurzen Abständen durchführt.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm mit Urteil vom 15.03.2013 – 9 U 187/12 – hingewiesen.

 

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