Ein Verstoß gegen den in § 355 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) bestimmten Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme liegt vor, wenn das Gericht nur die in einem anderen Verfahren protokollierten Aussagen der von einer Partei benannten Zeugen urkundenbeweislich verwertet, die Zeugen aber, obwohl dies von einer Partei beantragt worden ist, nicht selbst vernommen hat.
Die Verwertung der Niederschrift einer Zeugenaussage aus einem anderen Verfahren im Wege des Urkundenbeweises ist zwar grundsätzlich zulässig. Sie setzt die Zustimmung der Parteien nicht voraus.
Auch der Widerspruch einer Partei gegen die Verwertung einer protokollierten Aussage steht deren Auswertung im Wege des Urkundenbeweises nicht entgegen.
Unzulässig wird die Verwertung der früheren Aussagen der benannten Zeugen im Wege des Urkundenbeweises anstelle von deren Vernehmung im anhängigen Verfahren aber dann, wenn eine Partei zum Zwecke des unmittelbaren Beweises die Vernehmung dieser Zeugen beantragt. Begründet werden muss ein solcher Antrag nicht.
Die Parteien haben nach §§ 355, 373 ZPO einen gesetzlichen Anspruch auf eine mit den Garantien des Zeugenbeweises ausgestattete Vernehmung. Diesen Anspruch macht das Gesetz wegen der offenkundigen Schwächen der urkundenbeweislichen Verwertung von Zeugenaussagen – fehlender persönlicher Eindruck von den Zeugen, fehlende Möglichkeit, Fragen zu stellen und Vorhalte zu machen, fehlende Möglichkeit der Gegenüberstellung – nicht von der näheren Darlegung von Gründen abhängig.
Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 12.07.2013 – V ZR 85/12 – hingewiesen.
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