Ausnahmegenehmigung von Gurtanlegepflicht?

Ausnahmegenehmigung von Gurtanlegepflicht?

Eine Ausnahme von der Gurtanlegepflicht des § 21a Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) ist nur in besonders dringenden Fällen und unter strengen Anforderungen an den Nachweis ihrer Notwendigkeit zulässig.

Anspruch auf Befreiung von der Pflicht zum Anlegen des Sicherheitsgurts hat ein Kraftfahrzeugführer oder Mitfahrer nur dann,

  • wenn die Benutzung aus gesundheitlichen Gründen unzumutbar ist,
  • weil mit der Nutzung für ihn konkret ernsthafte Gesundheitsschäden verbunden sind,
    • denen auf anderem Wege nicht vorgebeugt werden kann und
    • die als solche ärztlicherseits bestätigt werden können.

Ein Verzicht auf den Sicherheitsgurt berührt nämlich nicht in erster Linie den Bereich der Selbstgefährdung.
Denn derjenige, der sich als Insasse eines Kraftfahrzeugs in den allgemeinen Straßenverkehr begibt, handelt nicht nur auf sein eigenes Risiko, sondern entscheidet auch über das Ausmaß des im heutigen Straßenverkehr immer gegenwärtigen Risikos anderer Verkehrsteilnehmer mit, und die Gurtanlegepflicht schützt in vielfacher Weise nicht nur die berechtigten Interessen ggf. betroffener anderer Verkehrsteilnehmer, sondern auch die Allgemeinheit (Inanspruchnahme von Rettungsdiensten und medizinischen Versorgungseinrichtungen, Belastung der Sozialversicherungssysteme).

Nichts anderes lässt aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 17.06.2014 – VI ZR 281/13 – herleiten.
Der BGH hat mit diesem Urteil entschieden, dass Schadensersatzansprüche eines Radfahrers, der bei einem Verkehrsunfall Kopfverletzungen erlitten hat, die durch das Tragen eines Schutzhelms zwar nicht verhindert, wohl aber hätten gemildert werden können, grundsätzlich nicht wegen Mitverschuldens gemindert sind, weil

  • der Verordnungsgeber aus verkehrspolitischen Erwägungen bislang bewusst davon abgesehen habe, eine Helmpflicht für Radfahrer einzuführen und
  • es jedenfalls zur Zeit des Unfallereignisses auch nicht dem allgemeinen Verkehrsbewusstsein entsprochen habe, das Tragen von Fahrradhelmen für erforderlich zu halten.

Demgegenüber hat der Verordnungsgeber die Verpflichtung zum Anlegen von Sicherheitsgurten bereits im Jahr 1975 begründet und entspricht es seit langem – wie auch die zitierte Rechtsprechung des BGH annimmt – der verantwortungsbewussten Überzeugung aller einsichtigen und vernünftig handelnden Kraftfahrer, dass die Benutzung des Sicherheitsgurts eine zur Schadensminderung grundsätzlich geeignete und erforderliche Maßnahme ist.

Darauf hat der 12. Senat des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Lüneburg mit Beschluss vom 26.02.2015 – 12 LA 137/14 – hingewiesen.

 


Warning: Undefined variable $user_ID in /is/htdocs/wp1087826_EK6QR6X9JJ/www/haerlein.de/wordpress/wp-content/themes/arilewp-pro/comments.php on line 45

You must be <a href="https://www.haerlein.de/wp-login.php?redirect_to=https%3A%2F%2Fwww.haerlein.de%2Fausnahmegenehmigung-von-gurtanlegepflicht%2F">logged in</a> to post a comment