Betreuungsrecht – Zur Prüfung, ob die Ablehnung der Betreuung durch den Betroffenen auf einem freien Willen beruht.

Betreuungsrecht – Zur Prüfung, ob die Ablehnung der Betreuung durch den Betroffenen auf einem freien Willen beruht.

Nach § 1896 Abs. 1 a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) darf gegen den freien Willen des Volljährigen ein Betreuer nicht bestellt werden.
Wenn der Betroffene der Einrichtung einer Betreuung nicht zustimmt, ist neben der Notwendigkeit einer Betreuung stets zu prüfen, ob die Ablehnung durch den Betroffenen auf einem freien Willen beruht.
Das fachärztlich beratene Gericht hat daher festzustellen, ob der Betroffene trotz seiner Erkrankung noch zu einer freien Willensbestimmung fähig ist. Dabei ist der Begriff der freien Willensbestimmung im Sinne des § 1896 Abs. 1 a BGB und des § 104 Nr. 2 BGB im Kern deckungsgleich.

Die beiden entscheidenden Kriterien sind dabei

  • die Einsichtsfähigkeit des Betroffenen und
  • dessen Fähigkeit, nach dieser Einsicht zu handeln.

Fehlt es an einem dieser beiden Elemente, liegt kein freier, sondern nur ein natürlicher Wille vor.

Einsichtsfähigkeit setzt die Fähigkeit des Betroffenen voraus, im Grundsatz die für und wider eine Betreuerbestellung sprechenden Gesichtspunkte zu erkennen und gegeneinander abzuwägen.
Dabei dürfen jedoch keine überspannten Anforderungen an die Auffassungsgabe des Betroffenen gestellt werden. Auch der an einer Erkrankung im Sinne des § 1896 Abs. 1 a BGB leidende Betroffene kann in der Lage sein, einen freien Willen zu bilden und ihn zu äußern.
Abzustellen ist jeweils auf das Krankheitsbild des Betroffenen. Wichtig ist das Verständnis, dass ein gesetzlicher Vertreter (§ 1902 BGB ) bestellt wird, der eigenständige Entscheidungen in den ihm übertragenen Aufgabenbereichen treffen kann.
Der Betroffene muss Grund, Bedeutung und Tragweite einer Betreuung intellektuell erfassen können, was denknotwendig voraussetzt, dass der Betroffene seine Defizite im Wesentlichen zutreffend einschätzen und auf der Grundlage dieser Einschätzung die für oder gegen eine Betreuung sprechenden Gesichtspunkte gegeneinander abwägen kann (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Beschlüsse vom 09.02.2011 –XII ZB 526/10 – und vom 14.03.2012 – XII ZB 502/11 –).

Ist der Betroffene zur Bildung eines klaren Urteils zur Problematik der Betreuerbestellung in der Lage, muss ihm weiter möglich sein, nach diesem Urteil zu handeln und sich dabei von den Einflüssen interessierter Dritter abzugrenzen.

Die Feststellungen zum Ausschluss der freien Willensbestimmung müssen durch ein Sachverständigengutachten belegt sein (BGH, Beschlüsse vom 14.03.2012 – XII ZB 502/11 – und vom 16.05.2012 – XII ZB 584/11 –).

Beruht die Entscheidung des Betroffenen gegen die Bestellung eines Betreuers auf einer nach den vorgenannten Maßstäben freien Willensbildung, muss diese Entscheidung auch dann respektiert werden, wenn die Einrichtung einer Betreuung für den Betroffenen objektiv vorteilhaft wäre (BGH, Beschluss vom 14.03.2012 – XII ZB 502/11 –).

Darauf hat der BGH mit Beschluss vom 22.01.2014 – XII ZB 632/12 – hingewiesen.
Vgl. hierzu auch den Blog „Betreuung – Wenn der Betroffene der Einrichtung der Betreuung nicht zustimmt“.

 


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