Filesharing: Waldorf Frommer will Klagen einreichen – Risiko und Meinung

Filesharing: Waldorf Frommer will Klagen einreichen – Risiko und Meinung

Viele Internetnutzer wurden durch die Kanzlei Waldorf Frommer wegen Filesharing abgemahnt. Dabei wird durch die Kanzleien welche in großem Stil Abmahnungen aussprechen bewusst versucht eine Drohkulisse aufzubauen. Zu diesem Zweck werden drohende Gebühren teils astronomisch hoch angesetzt. Ohne Schäden wirklich konkret zu bezeichnen oder zu belegen wird dann „freundlicherweise“ ein Vergleich über mehrere hundert Euro angeboten. Zahlt man nicht, so wird mit Klage, bei machen Kanzleien sogar mit Strafanzeige gedroht. Bisher wurden jedoch tatsächlich nur sehr wenige Klagen eingereicht. Oftmals konnte man sich außergerichtlich „vernünftig“ vergleichen oder die Angelegenheit wurde (scheinbar) nicht weiterverfolgt. An dieser Stelle eine kleine Meinungsäußerung zu dieser Thematik.

Die Mitarbeiter der Kanzlei Waldorf haben zuletzt öfter damit gedroht man werde nun „ohne Rücksicht“ Klagen beim AG München einreichen. Vergleichsgespräche wurden teils mehr oder weniger forsch abgelehnt. Bisher hat das AG München sehr vorteilhaft für die Kanzlei Waldorf Frommer geurteilt und beispielsweise Anwaltskosten nicht nach § 97a Abs. 2 UrHG gedeckelt (z.B. AG München, Urteil vom 11.11.2009, Az.: 142 C 14130/09). Andere Amtsgerichte haben die Probleme teils erheblich differenzierter betrachtet (z.B. AG Frankfurt, Urteil vom 29.01.2010, Az.: 31 C 1078/09-78, Urteil vom 01.02.2010, Az.: 30 C 2353/09-75).

Wir wollten es genau wissen ob die (wieder einmal) angedrohte „Prozesswelle“ tatsächlich kommt und haben bei der Pressestelle des AG München nachgefragt. Dort wurde uns mitgeteilt, dass eine neue Richterstelle geschaffen wurde, da man tatsächlich mit einer Mehrzahl von Klagen rechne. Angeblich wären durch die Kanzlei Waldorf Frommer mehrere Mahnverfahren durchgeführt worden. Man erwarte nun eine Vielzahl von Prozessen.

Wie das AG München unter Berücksichtigung der „Klagewelle“ entscheiden wird bleibt abzuwarten. Bleibt zu hoffen, dass das AG München sich zumindest mit der Thematik befasst, dass Abmahnungen bei manchen Kanzleien bzw. den dahinterstehenden Rechteinhabern ausweislich des Vorgehens mittlerweile offensichtlich mehr Geschäftsmodell als „Mittel zur Durchsetzung rechtlicher Interessen“ sind. Letztendlich werden durch die absurd hohen Streitwerte sowie die teils sehr restriktiv ausgelegte „sekundäre Darlegungslast“ auf zivilrechtlichem Weg auch für Privatpersonen Rechtsfolgen generiert, die für eine Vielzahl der Beklagten existenzbedrohende Auswirkungen haben. Ob dies einer sach- und fallgerechten Rechtsprechung entspricht sei dahingestellt.

Bleibt zu hoffen, dass der Bundesgerichtshof die Möglichkeit erhält seine Presseerklärung zur Entscheidung „Sommer unseres Lebens“ (BGH, Pressemitteilung vom 12.05.2011, Az.: I ZR 121/08) auch in einem Urteil umzusetzen. Nach der Pressemitteilung soll § 97a Abs. 2 UrhG grundsätzlich anwendbar sein.

Im Regelfall wären die Kosten dann in vielen Fällen auf 100,00 € gedeckelt. Wir meinen ebenfalls, dass bei Erstverstößen im privaten Bereich eine Anwendung des 97a Abs. 2 UrhG sachgerecht ist. So ergibt sich auch aus dem Gesetzgebungsprozess, dass hier mit 97a Abs. 2 UrhG bei Erstabmahnungen auch die Interessen der Privatpersonen zu berücksichtigen sind. Man hätte auch bei Anwendung des § 97a Abs. 2 UrHG den Betroffenen noch immer einen „Denkzettel“ verpasst und würde sie nicht gleich in teils erhebliche finanzielle Probleme stürzen. Andererseits dürfte das wirtschaftliche Interesse an Abmahnungen deutlich sinken wenn beim ersten mal „nur“ noch 100,00 € „zu holen“ sind. Es geht offensichtlich nicht mehr um Rechtsschutz, sondern um Profit.

Update
Zwischenzeitlich hat sich herausgestellt, dass das AG München eine für agemahnte Privatpersonen nachteilige Haltung verfolgt und die Abmahnungen scheinbar im Zweifel für begründet erachtet. Glaubt man der Berichterstattung, so wurden auch schon Rentnerinnen verurteilt die weder über einen Computer noch über einen Internetanschluss verfügt haben sollen (AG München, Urteil vom 23.11.2011, Az.: 142 C 2564/11). Da auch Prozesskostenhilfe (PKH) nur schwer gewährt wird und Rechtsschutzversicherungen in der Regel nicht eintrittspflichtig sind – das Risiko eines Gutachtens jedoch beträchtilich ist – dürfte eine obergerichtliche Entscheidung auch in München noch etwas auf sich warten lassen. So lange wird das AG München wohl weiter eher zum Nachteil der Abgemahnten entscheiden.

Etwas irritierend ist auch, wenn das AG München in einer Pressemitteilung vor der Teilnahme an Tauschbörsen „warnt“ und gleich noch verkündet, dass man § 97 Abs. 2 UrHG nicht anwenden werde. Ob dies noch zu den Aufgaben eines Gerichts gehört kann man sicherlich kontroveres diskutieren. Ob er – extra fett gedruckte Satz

„Unabhängig davon, dass die Künstler ein Recht darauf haben, für ihre Leistung bezahlt zu werden, kann das vermeintliche Schnäppchen also ganz schön teuer werden. Geiz ist somit nicht immer geil.“

der Objektivität und Unvoreingenommenheit eines Gerichts gerecht wird erscheint ebenfalls in höchstem Maße diskutabel.

Das AG Frankfurt bleibt seiner erfreulich kritischen Linie treu und legt für die abgemahnten Anschlussinhaber praxistauglichere Darlegungsvoraussetzungen an. So reicht es, einen abweichenden Geschehensablauf darzulegen um der sekundären Darlegungslast gerecht zu werden. (AG Frankfurt a. M., Urteil vom 25.05.2012, Az.: 32 C 157/12; ähnlich LG Stuttgart, Urteil vom 28.06.2011, Az.: 17 O 39/11 aber nicht rechtskräftig entschieden, da vor OLG Stuttgard anderweitig erledigt). Die „Abmahner“ haben dann die Darlegungs- und Beweislast, müssen also den Nachweis erbringen, dass man eine als Störer haftet.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.


Warning: Undefined variable $user_ID in /is/htdocs/wp1087826_EK6QR6X9JJ/www/haerlein.de/wordpress/wp-content/themes/arilewp-pro/comments.php on line 45

You must be <a href="https://www.haerlein.de/wp-login.php?redirect_to=https%3A%2F%2Fwww.haerlein.de%2Ffilesharing-waldorf-frommer-will-klagen-einreichen-risiko-und%2F">logged in</a> to post a comment