Wann muss ein Beweisangebot vom Zivilgericht berücksichtigt werden?

Wann muss ein Beweisangebot vom Zivilgericht berücksichtigt werden?

Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots, die im Prozessrecht keine Stütze hat, verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG).
Das gilt auch dann, wenn die Nichtberücksichtigung des Beweisangebots darauf beruht, dass das Gericht verfahrensfehlerhaft überspannte Anforderungen an den Vortrag einer Partei gestellt hat. Es verschließt sich nämlich in einem solchen Fall dann der Erkenntnis, dass eine Partei ihrer Darlegungslast schon dann genügt,

Eine unzulässige Beweisantizipation liegt vor,

  • wenn ein angebotener Zeugenbeweis deshalb nicht erhoben wird,
  • weil das Gericht dessen Bekundungen wegen seiner bereits gewonnenen Überzeugung kein Gewicht mehr beimisst.

Die Nichterhebung eines angebotenen Beweises mit der Begründung, es sei bereits das Gegenteil erwiesen, ist grundsätzlich unzulässig (BGH, Beschluss vom 06.02.2014 – V ZR 262/13 –).

Der Beweisantritt zu einer Haupttatsache darf auch im Rahmen von § 287 Abs. 1 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO) nicht aufgrund der Würdigung von Indiztatsachen übergangen werden. Die Vorschrift des § 287 Abs. 1 Satz 2 ZPO rechtfertigt es nicht, in einer für die Streitentscheidung zentralen Frage auf die nach Sachlage unerlässlichen Erkenntnisse zu verzichten (BGH, Beschluss vom 07.12.2006 – IX ZR 173/03 –).

Zum Beweisantritt muss die Partei

  • die zu beweisende erhebliche Tatsache und
  • das Beweismittel bestimmt bezeichnen.
  • Mehr darf nicht gefordert werden (vgl. BGH, Urteil vom 01.12.1971 – VIII ZR 88/70 –).

Von der Einholung eines entscheidungserheblichen Beweise kann auch nicht deshalb abgesehen werden, weil die Partei keine Indizien für die von ihr behauptete Beweistatsache vorgetragen hat.
Einer Partei darf nämlich

  • nicht verwehrt werden, eine tatsächliche Aufklärung auch hinsichtlich solcher Punkte zu verlangen,
  • über die sie selbst kein zuverlässiges Wissen besitzt und auch nicht erlangen kann.

Sie kann deshalb genötigt sein,

  • eine von ihr nur vermutete Tatsache zu behaupten und unter Beweis zu stellen.

Unzulässig wird ein solches prozessuales Vorgehen erst dort,

  • wo die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen „aufs Geratewohl“ oder „ins Blaue hinein“ aufstellt.
  • Bei der Annahme von Willkür in diesem Sinne ist Zurückhaltung geboten;
  • in der Regel wird sie nur beim Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte, gerechtfertigt werden können (BGH, Urteil vom 27.05.2003 – IX ZR 283/99 –).

Das Gesetz verlangt nicht, dass der Beweisführer sich auch darüber äußert, welche Anhaltspunkte er für die Richtigkeit der in das Wissen das Zeugen gestellten Behauptung habe.
Für das Vorliegen eines hinreichend bestimmten Beweisantrags ist es gerade nicht erforderlich, dass die Partei das Beweisergebnis im Sinne einer vorweggenommenen Beweiswürdigung wahrscheinlich macht.

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz macht die Rechtsprechung lediglich dann, wenn ein Zeuge

Ein solcher Fall liegt aber dann nicht vor, wenn die Beweisperson beispielsweise ersichtlich über Äußerungen eines Anderen anlässlich von Vertragsverhandlungen vernommen werden soll.

Darauf hat der IX. Zivilsenat des BGH mit Beschluss vom 16.04.2015 – IX ZR 195/14 – hingewiesen. 

 


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