Aufhebung einer Betreuung wegen „Unbetreubarkeit“ des Betroffenen?

Aufhebung einer Betreuung wegen „Unbetreubarkeit“ des Betroffenen?

Die Erforderlichkeit einer Betreuung (§ 1896 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) kann im Einzelfall fehlen, wenn

  • der Betroffene jeden Kontakt mit seinem Betreuer verweigert und
  • der Betreuer dadurch handlungsunfähig ist, also eine „Unbetreubarkeit“ vorliegt.

Bei der Annahme einer solchen Unbetreubarkeit ist jedoch Zurückhaltung geboten.

Darauf hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 28.01.2015 – XII ZB 520/14 – hingewiesen.

Wie der XII. Zivilsenat des BGH in seiner Entscheidung ausgeführt hat, muss eine Betreuung gemäß § 1896 Abs. 2 BGB für den angeordneten Aufgabenkreis erforderlich sein. Dies gilt auch für eine Betreuung, die auf Antrag eines Betroffenen eingerichtet werden soll.

  • An der Erforderlichkeit einer Betreuung fehlt es (unter anderem) dann, wenn die Betreuung – aus welchem Grund auch immer – keinerlei Änderung der Situation des Betroffenen herbeizuführen geeignet ist.

Daher kommt die Aufhebung der Betreuung dann in Betracht, wenn sich herausstellt, dass der mit der Bestellung des Betreuers erstrebte Erfolg nicht zu erreichen ist, weil der Betreuer

  • seine Aufgaben nicht wirksam wahrnehmen und
  • zum Wohl des Betroffenen nichts bewirken kann.

Davon kann im Einzelfall ausgegangen werden, wenn der Betroffene jeden Kontakt mit seinem Betreuer verweigert und der Betreuer dadurch handlungsunfähig ist, also eine „Unbetreubarkeit“ vorliegt (BGH, Beschluss vom 18.12.2013 – XII ZB 460/13 –).

Bei der Annahme einer solchen Unbetreubarkeit eines Betroffenen ist allerdings Zurückhaltung geboten.
Das folgt schon daraus, dass es sich beim Betreuungsrecht um ein Institut des Erwachsenenschutzes als Ausdruck der staatlichen Wohlfahrtspflege handelt, deren Anlass und Grundlage das öffentliche Interesse an der Fürsorge für den schutzbedürftigen Einzelnen ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 02.07.2014 – XII ZB 120/14 – und vom 29.01.2014 – XII ZB 519/13 –).
In Erfüllung dieses Auftrags stellt der Staat einem Betroffenen, der krankheits- oder behinderungsbedingt einer Hilfe bei der Erledigung seiner rechtlichen Angelegenheiten bedarf, einen Betreuer mit der Aufgabe zur Seite, die genannten Einschränkungen des Betroffenen auszugleichen. Bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen besteht daher auch ein Recht des Betroffenen auf Betreuerbestellung.
Das Fehlen der Kooperationsbereitschaft des Betroffenen wird aber nicht selten ein Symptom seiner psychischen Krankheit im Sinne des § 1896 Abs. 1 BGB sein. Bei Betroffenen, die krankheitsbedingt keine Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit dem Betreuer aufbringen, würde die darauf gründende Annahme einer Unbetreubarkeit dazu führen, ihnen die gesetzlich vorgesehene Hilfe gerade unter Verweis auf ein aus der Krankheit folgendes Defizit zu versagen. Dieser Schluss ist rechtlich aber nur in solchen Fällen haltbar, in denen es gegenüber den sich für den Betroffenen aus der Krankheit oder Behinderung ergebenden Nachteilen unverhältnismäßig erscheint, die Betreuung gegen den Willen des Betroffenen durchzuführen.

  • Daher ist es Aufgabe des Betreuungsgerichts, auch bei schwierigen Betroffenenpersönlichkeiten durch den die Betreuung anordnenden Beschluss geeignete Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche rechtliche Betreuung zu schaffen.
  • Dies gilt zum einen für die Festlegung des Aufgabenkreises. Droht etwa beispielsweise, dass der Betroffene Post „umleitet“, kann eine Anordnung nach § 1896 Abs. 4 BGB angezeigt sein.
  • Zum anderen muss das Betreuungsgericht bei der Betreuerauswahl Bedacht darauf nehmen, dass für Betroffene mit schwieriger Persönlichkeit ein Betreuer bestellt wird, der dieser Herausforderung mit Sachkunde und Erfahrung begegnen kann.
  • Gegebenenfalls ist auch ein Betreuerwechsel erforderlich, um eine Person zu bestellen, die Zugang zum Betroffenen findet.

 


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