Aufstellungsverbot von Grabsteinen aus Kinderarbeit auf Friedhöfen?

Aufstellungsverbot von Grabsteinen aus Kinderarbeit auf Friedhöfen?

Der 1. Senat des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) Baden-Württemberg hat in vier Normenkontrollverfahren auf Anträge von insgesamt neun Steinmetzbetrieben (Antragsteller) aus dem Raum Stuttgart mit Beschlüssen vom 21.05.2015 – 1 S 383/14, 1 S 403/14, 1 S 491/14, 1 S 556/14 –

  • die Vorschrift in der Friedhofssatzung der Stadt Stuttgart (Antragsgegnerin), nach der nur Grabmale aufgestellt werden dürfen, die nachweislich in der gesamten Wertschöpfungskette ohne ausbeuterische Kinderarbeit hergestellt sind, und der Nachweis hierfür mittels Zertifikat einer anerkannten Organisation erbracht wird,

 

für rechtswidrig und daher unwirksam erklärt.

Bereits mit Urteil vom 29.04.2014 – 1 S 1458/12 – hatte das Gericht eine vergleichbare Vorschrift in der Friedhofssatzung der Stadt Kehl mit der Begründung für unwirksam erklärt,

dass das Verbot von Grabsteinen aus ausbeuterischer Kinderarbeit Steinmetze unzumutbar belaste. Für sie sei es nicht hinreichend erkennbar, welche Nachweismöglichkeiten als ausreichend gälten. Es fehle eine allgemeine Auffassung, welche der vorhandenen Zertifikate für faire Steine als vertrauenswürdig gelten könnten. Eine Anerkennung solcher Zertifikate durch eine zuständige staatliche Stelle gebe es nicht. Die Satzung regele auch nicht ausdrücklich unter Benennung der Zertifikate, welche als Nachweis ausreichten. Da die Vorschrift bereits aus diesen Gründen unwirksam sei, bleibe offen, ob ihre gesetzliche Ermächtigung in § 15 Abs. 3 Bestattungsgesetz des Landes Baden-Württemberg verfassungsgemäß sei.

Nach § 15 Abs. 3 Bestattungsgesetz des Landes Baden-Württemberg kann in Friedhofsordnungen und Polizeiverordnungen festgelegt werden, dass nur Grabsteine und Grabeinfassungen verwendet werden dürfen, die nachweislich aus fairem Handel stammen und ohne ausbeuterische Kinderarbeit im Sinne der Konvention 182 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) hergestellt sind und sind die Anforderungen an den Nachweis nach Satz 1 in den Friedhofsordnungen und Polizeiverordnungen festzulegen.

In seinen Entscheidungen vom 21.05.2015 zur Stuttgarter Friedhofssatzung hat der VGH Baden-Württemberg ferner darauf hingewiesen,

dass ausreichende Nachweismöglichkeiten weiterhin nicht bestünden. Insbesondere sei eine hinreichend gesicherte Verkehrsauffassung, welche Zertifikate über Grabsteine, die ohne ausbeuterische Kinderarbeit hergestellt sind, als vertrauenswürdig gelten können, derzeit nicht festzustellen. Dem Vorbringen der Antragsgegnerin, es gebe eine allgemeine Verkehrsauffassung, dass die Siegel der Organisationen „XeritifiX“ und „fair stone“ vertrauenswürdig seien, könne nicht gefolgt werden. Das Fehlen einer allgemeinen Verkehrsauffassung zeige sich bereits in den unterschiedlichen Regelungen baden-württembergischer Gemeinden in ihren Friedhofssatzungen. Auch die bekannte Verbraucherzeitschrift Ökotest habe im Mai 2014 festgestellt, die Meinungen darüber, was nachprüfbare Dokumente für ohne Kinderarbeit hergestellte Natursteine seien, gingen auseinander. Eine Anhörung von Sachverständigen im Landtag von Nordrhein-Westfalen habe ebenfalls ergeben, dass die Aussagekraft bestehender Siegel ungeklärt sei.

Das hat die Pressestelle des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg am 09.06.2015 mitgeteilt.

 


Warning: Undefined variable $user_ID in /is/htdocs/wp1087826_EK6QR6X9JJ/www/haerlein.de/wordpress/wp-content/themes/arilewp-pro/comments.php on line 45

You must be <a href="https://www.haerlein.de/wp-login.php?redirect_to=https%3A%2F%2Fwww.haerlein.de%2Faufstellungsverbot-von-grabsteinen-aus-kinderarbeit-auf%2F">logged in</a> to post a comment