Ausgleichszahlungsanspruch bei mehrstündiger Änderung der Abflugzeit?

Ausgleichszahlungsanspruch bei mehrstündiger Änderung der Abflugzeit?

Eine mehrstündige Flugzeitänderung durch das Luftverkehrsunternehmen ist

  • eine – mit dem Angebot einer anderweitigen Beförderung verbundene – Annullierung des Fluges,

 

die einen Ausgleichsanspruch nach Art. 7 Abs. 1 der europäischen Fluggastrechteverordnung (VO (EG) 261/2004) begründen kann,

  • wenn der betroffene Fluggast nicht rechtzeitig gemäß Art. 5 Abs. 1i FluggastrechteVO unterrichtet worden ist.

 

Das hat das Amtsgericht (AG) Bremen mit Urteil vom 24.07.2015 – 25 C 41/15 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall war der Kläger am 12.08.2014 durch sein Reisebüro informiert worden,

  • dass der Abflug seines gebuchten Fluges, der nach der Buchungsbestätigung am 18.09.2014 für 13:05 Uhr vorgesehen war,
  • erst um 18:25 Uhr stattfinden und der Flug dadurch nicht planmäßig um 17:35 Uhr, sondern erst um 22:25 Uhr ankommen wird.

 

Seine Klage, mit der er von der Fluggesellschaft eine Ausgleichszahlung nach Art. 7 Abs. 1 FluggastrechteVO forderte, wies das AG Bremen ab, weil der Kläger über die Flugzeitenänderung rechtzeitig nach Art. 5 Abs. 1i FluggastrechteVO informiert worden war.

  • In der Flugzeitänderung ist, so das AG, nämlich keine Umbuchung im Sinne einer Nichtbeförderung zu sehen, für die von dem Luftfahrtunternehmen nach Art. 4 Abs. 3 FluggastrechteVO eine Ausgleichsleistung gemäß Art. 7 FluggastrechteVO erbringen ist.
  • Vielmehr liegt in der Verlegung der Flugzeit eine mit dem Angebot einer anderweitigen Beförderung verbundene Annullierung des Fluges, bei der Art. 5 Abs. 1i FluggastrechteVO den Ausschluss etwaiger Ansprüche nach Art. 7 Abs. 1 der Fluggastrechteverordnung im Falle rechtzeitiger Information vorsieht (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 09.06.2015, X ZR 59/14 –).

 

Die Nichtbeförderung unterscheidet sich von der Annullierung begrifflich dadurch,

  • dass im Falle der Nichtbeförderung der Flug ohne Mitnahme des Passagiers durchgeführt wird,
  • im Falle der Annullierung das Luftverkehrsunternehmen seine ursprüngliche Flugplanung endgültig aufgibt.

 

Dies ist durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteile vom 19.11.2009 – C-402/07 – und vom 13.10.2011 – C-83/10 –) geklärt, die zur Abgrenzung des Tatbestands der Annullierung vom Tatbestand der großen Verspätung entwickelt worden ist.
Im Falle der Flugzeitänderung mit mehrstündiger Verlegung wird danach die ursprüngliche Flugplanung aber vollständig aufgegeben und der Flug zu einer anderen Zeit durchgeführt. Das entspricht der Annullierung eines Fluges mit Umbuchung auf einen anderen. 

 


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