Beschlussunfähigkeit durch vorzeitiges Verlassen einer Eigentümerversammlung

Beschlussunfähigkeit durch vorzeitiges Verlassen einer Eigentümerversammlung

Eine Pflicht für Wohnungseigentümer an Eigentümerversammlungen

  • teilzunehmen und
  • diesen bis zum Ende beizuwohnen besteht nicht.

 

Sie ergibt sich auch nicht aus einer etwaigen Treuepflicht des Wohnungseigentümers als Eigentümer.
Im Übrigen ist das Verlassen der Versammlung wohl die einzige effektive Möglichkeit eines Eigentümers, sich gegen als rechtswidrig empfundene Beschlüsse zur Geschäftsordnung zu wehren, da eine eigenständige Anfechtbarkeit von solchen Beschlüssen überwiegend abgelehnt wird, weil sie sich mit Beendigung der Eigentümerversammlung selbst erledigen und gegenstandslos werden.

  • Verlässt ein Wohnungseigentümer vorzeitig die Eigentümerversammlung und führt er damit die Beschlussunfähigkeit der Versammlung herbei, so ist es ihm nicht verwehrt sich im Rahmen der Anfechtungsklage gegen nach seinem Weggang getroffene Beschlüsse auf die fehlende Beschlussfähigkeit zu berufen.
  • Ein solches Verhalten ist nicht treuwidrig.
     

Die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts (OLG) Hamburg (Urteil vom 09.11.1990 – 11 U 92/90 –) zum Boykott einer GmbH-Gesellschafterversammlung durch einen Gesellschafter, wonach ein Gesellschafter, der die Beschlussunfähigkeit der Gesellschafterversammlung durch Boykott herbeigeführt hat, sich im Rahmen einer Anfechtungsklage gegen die Beschlüsse, die trotz der fehlenden Beschlussfähigkeit getroffen wurden, nicht auf diesen Mangel berufen kann, ist auf die Beschlussfassung von Wohnungseigentümergemeinschaften übertragbar.
Denn die Willensbildung im Rahmen einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach § 48 GmbHG folgt einem anderen gesetzlichen Regelungskonzept, als die Willensbildung einer Wohnungseigentümergemeinschaft nach §§ 21 ff. WEG.
So besteht im Bereich des Wohnungseigentumsrechts und der Regelungen über die Wohnungseigentümerversammlung beispielsweise die Möglichkeit in der nach § 25 Abs. 4 WEG vorgesehenen Zweitversammlung, auch bei Nichterreichen eines in der Teilungserklärung oder von Gesetzes wegen vorgesehenen Quorums, wirksam Mehrheitsbeschlüsse zu fassen.

War eine Versammlung bei Beschlussfassung nicht beschlussfähig, ist grundsätzlich davon auszugehen, d.h., es wird widerleglich vermutet, dass die Beschlussunfähigkeit für das Zustandekommen der Beschlüsse auch kausal war,

  • es sei denn diejenigen, die sich auf die Gültigkeit der gefassten Beschlüsse berufen, können den Nachweis erbringen, dass die Beschlüsse mit Sicherheit auch ohne den formellen Fehler in gleicher Weise gefasst worden wären,
  • wobei an diesen Nachweis hohe Anforderungen zu stellen sind (LG Karlsruhe, Urteil vom 25.10.2013 – 11 S 16/13 –), d.h., es muss sicher feststehen, dass auch bei Beschlussfähigkeit der Versammlung abweichende Beschlussfassungen nicht erfolgt wären.

 

Darauf hat das Amtsgericht (AG) Neumarkt mit Urteil vom 20.08.2015 – 4 C 5/14 WEG – hingewiesen.

 


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