Bundesweites Stadionverbot gegen Fußballfans, wann kann es verhängt werden und wann nicht?

Bundesweites Stadionverbot gegen Fußballfans, wann kann es verhängt werden und wann nicht?

Für ein bundesweites Stadionverbot reicht nicht jedes auffällige Verhalten aus, das als Argument für eine Gefährlichkeit verwendet werden kann.

Das hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 22.10.14 – 242 C 31003/13 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte sich der 30-jährige Kläger, der Fußballfan des 1. FC Nürnberg ist und sich am 13.04.2013 das Spiel der 1. Bundesliga zwischen dem FC Bayern und dem 1. FC Nürnberg in der Allianz-Arena in München anschauen wollte, in einer Gruppe von circa 400 Anhängern des 1. FC Nürnberg in der Nähe der U-Bahn-Haltestelle Garching-Forschungszentrum befunden, als aus dieser Gruppe, von einem kleinen Teil Fans, Äste und andere Gegenstände als Schlagwerkzeuge gegen die Polizeibeamten eingesetzt und gezielt Steine und Flaschen gegen die Polizeibeamten geworfen wurden.
Nachdem deswegen gegen den Kläger ein Ermittlungsverfahren – das noch nicht abgeschlossen ist – wegen des Verdachts der Begehung eines Landfriedensbruchs eingeleitet worden war und hierüber der Münchner Fußballverein von der Polizei informiert worden war,

  • hatte der Münchner Fußballverein am 17.07.2013 gegen den Kläger ein bundesweit wirksames Stadionverbot bis 30.06.2016 verhängt

und die Verhängung darauf gestützt,

Die von dem Kläger gegen den Münchner Verein auf Aufhebung des bundesweiten Stadionverbotes gerichtete Klage hatte beim AG München Erfolg, weil nach Auffassung des Gerichts das ausgesprochene Stadionverbot im vorliegenden Fall nicht rechtmäßig war.

Zwar sei, wie das Gericht ausführte, ein Verein aufgrund des eigenen Hausrechts und des Hausrechts der übrigen Vereine der Fußballbundesligen und Fußballregionalligen, die sich in den DFB-Richtlinien gegenseitig hierzu bevollmächtigt haben, grundsätzlich berechtigt, ein bundesweites Stadionverbot zu verhängen.
Allerdings unterliege ein solches Stadionverbot Einschränkungen.
Bei Fußballspielen gewährt der Veranstalter in Ausübung der in Art. 2 Abs. 1 GG garantierten Vertragsfreiheit grundsätzlich jedermann – gegen Bezahlung – den Zutritt zu dem Stadion. Will er bestimmte Personen davon ausschließen, muss er deren mittelbar in das Zivilrecht einwirkende Grundrechte beachten; ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) und das aus Art. 3 Abs. 1 GG folgende Gebot der Gleichbehandlung lassen es nicht zu, einen einzelnen Zuschauer willkürlich auszuschließen.
Deshalb sei der Ausspruch eines bundesweiten Stadionverbots von dem Hausrecht des Veranstalters nur gedeckt, wenn ein sachlicher Grund besteht (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 30.10.2009 – V ZR 253/08 –).

Ein solcher sachlicher Grund, der dann gegeben ist, wenn aufgrund von objektiven Tatsachen, nicht aufgrund subjektiver Befürchtungen, die Gefahr besteht, dass künftige Störungen durch die betreffende Person zu besorgen ist, lag nach Ansicht des Amtsgericht München hier nicht vor, weil

  • sich – auch nach den polizeilichen Ermittlungen – nicht hatte feststellen lassen, dass der Kläger zu denjenigen Nürnberger Anhängern gehört hatte, die gewalttätig gegen die Polizeibeamten vorgegangen waren,
  • er zwar durch aggressives Verhalten aufgefallen sei, weil er auf einen Polizeibeamten zu gerannt und mehrmals in die Luft gesprungen sei, wobei er die Fäuste geballt und geschrien habe,
  • aber dieses Verhalten noch nicht einen Anfangsverdacht für einen Landfriedensbruch und ebenso wenig den Tatbestand einer anderen in § 4 Abs. 3 der Richtlinien des Deutschen Fußball Bundes genannten Straftat begründe.

Das Gericht stellte fest, dass ein auffälliges Verhalten für die Verhängung eines bundesweiten Stadionverbotes jedenfalls dann nicht ausreicht, wenn dieses Verhalten nur als Argument für eine nicht näher definierte Gefährlichkeit verwendet werden kann.

Das Urteil des AG München ist nicht rechtskräftig.

Das hat die Pressestelle des Amtsgerichts München am 07.11.2014 – 48/14 – mitgeteilt.

 


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