Bis Anfang der 90er Jahre kam Metamfetamin als illegale Droge in Europa nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Zwischenzeitlich hat sich Metamfetamin unter den Synomymen „Crystal“ oder „Ice“ auch hier etabliert. Im europäischen Raum wird es heute hauptsächlich in Laboren in Osteuropa hergestellt.
Die Herstellung ist aus gängigen Grundstoffen ohne großen technischen Aufwand in kleinen Laboren möglich.
Metamfetamin [chemische Bezeichnung: (2S)-N-Methyl-1- phenylpropan-2-amin] ist ein am Stickstoffarm der Seitenkette mit einer Methylgruppe versehenes Derivat des Amfetamins.
Durch Amfetamine wird der sympathische Teil des vegetativen Nervensystems aktiviert, d. h. die Konzentration der Botenstoffe im zentralen Nervensystem wird erhöht, was zu einem Gefühl des körperlichen Wohlbefindens, einer Antriebssteigerung, einer Hebung der Stimmung (Euphorie), Unterdrückung von Hungergefühl und von körperlicher Erschöpfung führt.
Nach dem Abklingen der Wirkung treten Effekte wie Verstimmung und Abgeschlagenheit auf.
Bei wiederholter Zufuhr gewöhnt sich der Körper an diese Stoffe, so dass die Dosis sehr schnell gesteigert werden muss.
Bei rasch aufeinander folgendem Konsum von Metamfetamin-Zubereitungen kommt es innerhalb weniger Stunden zu einer Toleranzentwicklung (Tachyphylaxie), wie sie vom LSD bekannt ist.
Metamfetamin überwindet aufgrund seiner chemischen Eigenschaften die Blut-Hirn-Schranke schneller als Amfetamin und führt somit zu einer stärkeren Aufputschwirkung, während sein Abbau andererseits verlangsamt ist, wobei wiederum Amfetamin als Abbauprodukt entsteht.
Nebenwirkungen und toxische Effekte treten bereits nach Konsum üblicher Dosen und verstärkt nach Inhalation, hoher Dosierung, Dauergebrauch und Mischkonsum auf.
Die bekannten akut toxischen Effekte sind
- zentrale Erregung mit psychiatrischen und neurologischen Komplikationen wie von Todesangst, Schwindel und Übelkeit begleitete Panikattacken, halluzinatorische Zustände mit räumlicher Desorientierung, paranoide und/oder affektive Psychosen, akute depressive Episoden,
- bei polytoxikomanen Konsumenten Intoxikationspsychosen mit Beziehungs- und Verfolgungswahn,
- bei Überdosierung u. a. cerebrale Krampfanfälle, Hirninfarkte und generalisierte Angststörungen.
- Außerdem gibt es toxische Effekte auf verschiedene Organsysteme wie das Herz-Kreislauf-System, Leber und Niere, das Gerinnungssystem und das hämatopoetische System (Blutkörperchen bildendes System).
- Eine der am häufigsten beobachteten schwerwiegenden, akut lebensbedrohlichen Wirkungen ist die Entwicklung der Hyperthermie (starke Erhöhung der Körpertemperatur bis auf Werte um 42 bis 43° C) durch Beeinträchtigung der zentralen Thermoregulation im Gehirn, verbunden mit Dehydratation (Entwässerung), die nicht von der eingenommenen Dosis abhängt.
- Die Wirkung wird verstärkt durch hohe Raumtemperaturen in Diskotheken und starke körperliche Belastung durch Tanzen.
Als Folge kann es zum Kreislaufzusammenbruch und zum Hitzschlag kommen.
- Als Komplikationen sind weiterhin belegt Störungen des Elektrolyt- und Wasserhaushaltes (z. B. Hyponatriämien, die zu Koma, Desorientierung und dystonen Bewegungsstörungen führen können), „Herzjagen“ (Tachykardie) bis hin zu tödlichen Herzrhythmusstörungen, Blutdrucksteigerungen mit der Folge fokaler Hirnblutungen, akutes Nierenversagen und/oder toxische Leberschädigungen, Lungenödem, Magen- und Darmgeschwüre, Gefäßspasmen und Auslösen von Migräneanfällen.
- Nach inhalativem und nasalem Konsum kommt es wesentlich häufiger zur Ausbildung depressiver Verstimmungen mit Wahnvorstellungen, Anzeichen paranoider Schizophrenie und/oder Halluzinationen.
Besonders gefährlich wird der Konsum durch den Umstand, dass sich die noch einigermaßen sichere Dosierung für den Einzelnen nicht vorhersagen lässt, weil die aktuelle Verfassung des Einzelnen („Set“) und die jeweiligen Umgebungsbedingungen („Setting“) den Grad der Wirkungen beeinflussen.
Metamfetamin kann zu psychischer Abhängigkeit führen.
- Die Gefahr einer schweren psychischen Abhängigkeitsentwicklung besteht insbesondere bei der Konsumform des Rauchens. Weil die ungewöhnlich starke und lang anhaltende (durchschnittlich zwölf Stunden) Wirkung des Metamfetamins beim Rauchen bereits bei wenigen Wiederholungen abflacht, muss der Konsument die Dosis stetig erhöhen.
- Nach dem Rausch folgt eine stark depressive Phase, die neues Verlangen auslöst.
- Auch leiden die Konsumenten unter starker Schlaflosigkeit. Das für den Metamfetaminmissbrauch typische Konsummuster der Stimulierung durch Metamfetamin und Herbeiführung von Entspannung zur Befriedigung des Schlafbedarfs durch Konsum von Haschisch oder Benzodiazepinen, die bei chronischem Missbrauch auch durch stärker sedierende Stoffe wie Heroin ersetzt werden, kann schließlich zur Polytoxikomanie führen.
Schon 3 mg Metamfetamin genügen, um auf die meisten Menschen anregend zu wirken. Orale Dosierungen über 20 mg können bei Nicht- Gewöhnten bereits erhebliche Nebenwirkungen psychischer und vegetativer Art auslösen.
Von Landeskriminalämtern in den letzten Jahren sichergestellte Metamfetamintabletten enthielten zwischen 25 und 60 mg Metamfetaminhydrochlorid (20 bis 48 mg Metamfetamin-Base) pro Tablette, durchschnittlich 26 bis 30 mg Metamfetaminhydrochlorid (21 bis 24 mg Metamfetamin-Base).
Während bei der oralen Aufnahme nur ein Teil der aufgenommenen Dosis das Gehirn erreicht, kommt es bei venöser Injektion und noch mehr bei Inhalation/Rauchen zur schnellen Aufnahme hoher Drogenanteile ins Gehirn, so dass eine ungewöhnlich starke Rauschwirkung erzielt wird.
Darauf hat der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 03.12.2008 – 2 StR 86/08 – hingewiesen.
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