Dialyse bei blinden Patienten

Dialyse bei blinden Patienten

Da im seltenen Fall einer Dislokation (Lageveränderung) der Dialysenadel während einer Dialysebehandlung,

  • wenn Patienten nicht rechtzeitig Alarm auslösen, es zu einem tödlichen Blutverlust kommen kann und
  • man bei blinden Patienten, da diese aufgrund ihrer Erblindung eine Dislokation voraussichtlich nicht bemerken, sich nicht darauf verlassen kann, dass sie rechtzeitig Alarm auslösen,

 

müssen blinde Patienten vor Beginn einer Dialysehandlung über dieses Risiko sowie darüber aufgeklärt werden, dass diese Gefahr durch eine Fixierung des mit der Dialysenadel versehenen Arms nahezu ausgeschlossen werden kann (Sicherheitsaufklärung),

  • damit sie im Rahmen ihres Selbstbestimmungsrechts entscheiden können, ob sie in die gebotene Fixierung des mit der Dialysenadel versehenen Arms einwilligen.

 

Darauf hat der 26. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 16.02.2016 – 26 U 18/15 – hingewiesen und in einem Fall,

  • in dem ein aufgrund einer Diabeteserkrankung erblindeter Dialysepatient verstorben war,
  • weil sich bei einer durchgeführten Dialysebehandlung eine der im linken Oberarm befestigte Dialysenadel gelöst hatte und es zu einer Blutung des Patienten gekommen war,

 

die die Dialysepraxis betreibenden Ärzte zur Zahlung von 5.000 Euro Schmerzensgeld und ca. 2.700 Euro Beerdigungskosten an die Erben des Patienten verurteilt.

Die Entscheidung hat der Senat damit begründet, dass die Dialysebehandlung der Ärzte fehlerhaft gewesen sei, weil

  • Bewegungen eines Patienten auch eine ordnungsgemäß befestigte Dialysenadel abrutschen lassen können,
  • eine derartige Dislokation der Nadel zwar eine seltene Komplikation sei, aber in kürzester Zeit zum Tod eines Patienten führen könne und
  • da man sich aufgrund der Erblindung des Patienten nicht habe darauf verlassen können, dass er bei einem Blutverlust rechtzeitig Alarm auslöst, es zur Verhinderung einer Dislokation der Dialysenadel bei dem Patienten geboten gewesen wäre, seinen linken Arm während der Dialysebehandlung zu fixieren.

 

Dadurch, dass eine Fixierung gegen den Willen des Patienten nicht hätte erfolgen können, war die Schadensersatzpflicht im vorliegenden Fall deshalb nicht ausgeschlossen, da, wie der Senat weiter ausgeführt hat,

  • es versäumt worden sei, dem Patienten vor Behandlungsbeginn, die bei eingeschränkten, insbesondere blinden Patienten, zwingend erforderliche Sicherheitsaufklärung darüber zu erteilen, dass es im seltenen Fall einer Dislokation der Dialysenadel zu einem tödlichen Blutverlust kommen und dieses Risiko durch eine Fixierung des mit der Dialysenadel versehenen Arms von vorneherein verhindert werden könne,
  • so dass der Patient im Rahmen seines Selbstbestimmungsrechts nicht über seine Einwilligung in die Fixierung habe entscheiden können.

 

Festgestellt hat der Senat aber auch, dass

  • von einer Dialysepraxis eine dauerhafte Überwachung eingeschränkter Patienten aufgrund des damit verbundenen personellen und finanziellen Aufwandes nicht gefordert werden könne,
  • auch bei Patienten, die nicht selbst Alarm auslösen können, in der Regel eine stündliche Kontrolle genüge und
  • nur bei kreislaufinstabilen Patienten eine häufigere Kontrolle stattfinden müsse.

 

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Hamm am 02.03.2016 mitgeteilt.

 


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