Ein Pflichtteilsberechtigter, welche Auskünfte kann er vom Erben verlangen?

Ein Pflichtteilsberechtigter, welche Auskünfte kann er vom Erben verlangen?

Nach § 2314 Abs. 1 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kann ein Pflichtteilsberechtigter der nicht Erbe ist, vom Erben Auskunft über den Bestand des Nachlasses verlangen.
Der danach zur Auskunftserteilung verpflichtete Erbe hat dem Pflichtteilsberechtigten ein

  • (schriftliches) Bestands- oder Vermögensverzeichnis nach § 260 BGB,
  • welches grundsätzlich vollständig und einheitlich alle Aktiv- und Passivwerte des Nachlasses aufführen muss,

vorzulegen.

  • Der Pflichtteilsberechtigte hat daher nach ständiger Rechtsprechung Anspruch auf Auskunft über alle beim Erbfall tatsächlich vorhandenen
    • Nachlassgegenstände (reale Nachlassaktiva) und
    • Nachlassverbindlichkeiten (Passiva).
  • Über den tatsächlichen Bestand hinaus auf die Vermögensdispositionen, die der Erblasser zu Lebzeiten getroffen hat, erstreckt sich die Auskunftspflicht des Erben grundsätzlich nicht.
  • Eine Ausnahme gilt für den sogenannten fiktiven Nachlassbestand, also für
    • ausgleichungspflichtige Zuwendungen des Erblassers (§ 2316 BGB in Verbindung mit §§ 2050 ff. BGB) und
    • für ergänzungspflichtige Schenkungen i. S. v. § 2325 BGB, d. h. über unentgeltliche Zuwendungen, die der Erblasser innerhalb seiner letzten zehn Lebensjahre an Dritte gemacht hat.

Für den Auskunftsanspruch nach § 2325 BGB ist nicht Voraussetzung, dass das Vorliegen einer Schenkung feststeht und ob der Auskunftsberechtigte Anhaltspunkte für eine Schenkung nachweisen muss, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.

  • Jedenfalls bei ausreichenden Anhaltspunkten für möglicherweise pflichtteilsrelevante Vorgänge muss sich die Auskunft auf alle Umstände erstrecken, deren Kenntnis wesentlich ist für die Beurteilung, ob und in welcher Höhe ein Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend gemacht werden kann.

Grundsätzlich besteht im Rahmen des Auskunftsanspruchs gemäß § 2314 BGB keine allgemeine Pflicht

  • zur Rechenschaftslegung oder
  • gar zur Vorlage von Belegen;
  • vielmehr kann die Vorlage von Belegen nur ausnahmsweise dann verlangt werden, wenn es auf diese ankommt, um dem Pflichtteilsberechtigten die Schätzung des Wertes seines Anspruches zu ermöglichen, wie beispielsweise bei gemischten Schenkungen oder schwer einzuschätzenden Vermögensobjekten wie Unternehmens- oder Gesellschaftsbeteiligungen.

Ist eine vom Erben erteilte Auskunft nicht vollständig,

  • kann der Pflichtteilsberechtigte in der Regel nicht die Vervollständigung, beispielsweise die Ergänzung der bereits erteilten Auskunft über die Zusammensetzung des Hausrats der Immobilie des Erblassers,
  • sondern statt dessen nur, wie in dem Fall, dass Grund zu der Annahme besteht, dass das Bestandsverzeichnis nicht mit der erforderlichen Sorgfalt aufgestellt worden ist, vom Erben die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung über die Richtigkeit und Vollständigkeit des Bestandsverzeichnisses verlangen (§ 260 Abs. 2 BGB).

Ausnahmen hiervon werden aber bejaht, wenn

Eine solche Unvollständigkeit liegt auch dann vor, wenn Angaben zu den wertbildenden Faktoren, wie Größe, Alter, Herkunft, Material, Motiv, von im Inventarverzeichnis aufgelisteten Teppichen und Bildern weitgehend fehlen. Ohne Kenntnis von solchen (weiteren) wertbildenden Faktoren ist eine genauere Einschätzung der Verkehrswerte nämlich nicht möglich.
Dass nach § 2314 Abs. 1 S. 2 BGB ein Anspruch auf Wertermittlung in Betracht kommt, soweit für die Bewertung einzelner Nachlassgegenstände die Hilfe eines Sachverständigen erforderlich ist und deshalb in der Regel für eine Auskunft eine solche Bezeichnung des Nachlassgegenstandes genügt, mit deren Hilfe der Pflichtteilsberechtigte die Ermittlung des Wertes durch einen Sachverständigen beantragen kann (Brandenburgisches OLG, Urteil vom 07.01.2004 – 13 U 25/03 –), ändert an dem Anspruch des Pflichtteilsberechtigten auf Auskunft über die wertbildenden Merkmale von Nachlassgegenständen nichts, weil nur mit Hilfe dieses Wissens der Pflichtteilsberechtigte eine sachgerechte Entscheidung treffen kann, ob er den Erben zusätzlich auf Wertermittlung in Anspruch nehmen will.

Darauf hat das OLG Karlsruhe mit Urteil vom 09.12.2014 – 8 U 187/13 – hingewiesen.

 


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