Erbrecht – Anfechtung eines Erbvertrages durch den Erblasser – Umfang des Beurkundungserfordernisses – Beweisregel für Begebung der Willenserklärung.

Erbrecht – Anfechtung eines Erbvertrages durch den Erblasser – Umfang des Beurkundungserfordernisses – Beweisregel für Begebung der Willenserklärung.

Die Anfechtung des Erbvertrages nach § 2281 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) durch den Erblasser ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, für die § 130 BGB gilt. Sie erfordert neben der Erklärung der Anfechtung deren Abgabe und Zugang.
Geht die abgegebene Erklärung nicht zu, so wird sie nicht wirksam.

Die Abgabe der Willenserklärung ist der entscheidende Moment, auch wenn für das Wirksamwerden der Zugang notwendig ist und die Wirksamkeit erst im Zeitpunkt des Zugangs eintritt.
Abgegeben ist die Erklärung, wenn der Erklärende seinen rechtsgeschäftlichen Willen erkennbar so geäußert hat, dass an der Endgültigkeit der Äußerung kein Zweifel möglich ist.
Bei einer empfangsbedürftigen schriftlichen Willenserklärung muss zu ihrer Wirksamkeit die Begebung hinzukommen, d.h. sie muss mit dem Willen des Erklärenden in den Verkehr gebracht worden sein.

Dem Beurkundungszwang unterliegt nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 2282 Abs. 3 BGB nur die gemäß § 2282 Abs. 1 Satz 1 BGB höchstpersönliche Erklärung der Anfechtung, d.h. die Abgabe der Willenserklärung, nicht hingegen deren Begebung.
Begebung und Zugang von Willenserklärungen sind tatsächliche willensgetragene Vorgänge, auf die sich die mit der Beurkundung verbundenen Zwecke zuverlässige und sachkundige Beratung, eindeutige Feststellung des erklärten Willens, Warnfunktion vor übereilten Entscheidungen nicht erstrecken.

Nach der gesetzlichen Beweisregel des § 416 Zivilprozessordnung (ZPO) begründet eine von dem Aussteller unterschriebene Privaturkunde vollen Beweis dafür, dass die in ihr enthaltenen Erklärungen von dem Aussteller abgegeben worden sind. Der vierte Senat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat die Beweisregel des § 416 ZPO auf die Begebung einer schriftlichen Willenserklärung erstreckt.
Die in § 416 ZPO angeordnete, das Gericht bindende Beweiswirkung hängt nicht von Umständen der Erklärung, ihrer Begebung oder des Zugangs ab, sondern allein von der in den Verkehr gelangten echten Urkunde. Diese Wirkung tritt mit Erfüllung des Tatbestands der Norm des § 416 ZPO ein. Für eine richterliche Überzeugungsbildung ist im Umfang der gesetzlichen Beweisregel kein Raum. Durch Vorlage einer die Anfechtungserklärung enthaltenden notariellen Urkunde ist damit bewiesen, dass die Erklärung vom Erblasser gemäß § 2282 Abs. 1 BGB persönlich abgegeben und
von ihm begeben wurde.

Gegen die Beweiswirkung des § 416 ZPO kann der Beweis angetreten werden, dass die Urkunde nicht willentlich begeben worden ist. Erforderlich dafür ist der Gegenteilsbeweis. Im Anwendungsbereich gesetzlicher Beweisregeln wie § 416 ZPO ist nach § 286 Abs. 2 ZPO die freie Beweiswürdigung ausgeschlossen, sodass Umstände innerhalb und außerhalb der Urkunde diese nicht erschüttern können.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 10.07.2013 – IV ZR 224/12 – hingewiesen.

 

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