Gegen welche Entscheidungen des Betreuungsgerichts können die in § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG genannten Personen – wenn sie am Verfahren beteiligt worden sind – Beschwerde einlegen?

Gegen welche Entscheidungen des Betreuungsgerichts können die in § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG genannten Personen – wenn sie am Verfahren beteiligt worden sind – Beschwerde einlegen?

Die Beschwerdebefugnis naher Angehöriger nach § 303 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) erstreckt sich auch auf eine betreuungsgerichtliche Entscheidung, mit der die Entlassung eines Betreuers nach § 1908 b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) abgelehnt worden ist.

Darauf hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 07.05.2014 – XII ZB 138/13 – hingewiesen.

Nach § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG steht unter anderem den Geschwistern des Betroffenen das Recht der Beschwerde gegen eine von Amts wegen ergangene Entscheidung im Interesse des Betroffenen zu, wenn sie im ersten Rechtszug an dem Verfahren beteiligt wurden. Eine ausdrückliche Beschränkung der Beschwerdebefugnis naher Angehöriger auf bestimmte Arten von betreuungsrechtlichen Entscheidungen ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift nicht.
Der enge systematische Zusammenhang der Regelung mit § 303 Abs. 1 FamFG, der die möglichen Verfahrensgegenstände von Entscheidungen bestimmt, in denen eine Beschwerdebefugnis der zuständigen Behörde gegeben ist, deutet jedoch darauf hin, dass sich die Beschwerdebefugnis des in § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG genannten Personenkreises auch auf diese Verfahren bezieht. Dafür spricht auch, dass die Beschwerdebefugnis der privilegierten Angehörigen nach § 303 Abs. 2 Nr. 2 FamFG von deren formeller Beteiligung im erstinstanzlichen Verfahren abhängig ist (vgl. BGH, Beschluss vom 30.03.2011 – XII ZB 692/10 –).
Eine Beteiligung naher Angehöriger eines Betroffenen ist nach § 274 Abs. 4 Nr. 1 FamFG nur in den betreuungsrechtlichen Verfahren möglich, in denen nach § 274 Abs. 3 Nr. 1 und 2 FamFG die Betreuungsbehörde auf ihren Antrag beteiligt werden muss. Dieser Regelungszusammenhang bewirkt, dass die Beschwerdeberechtigung naher Angehöriger in den betreuungsrechtlichen Verfahren besteht, auf die sich auch das Beteiligungsrecht der Betreuungsbehörde und deren Beschwerdeberechtigung erstreckt. Hierzu zählt das Verfahren über die Entlassung eines Betreuers bei fortbestehender Betreuung nach § 1908 b Abs. 1 BGB, weil es sich hierbei um ein Verfahren über den Bestand einer Betreuerbestellung nach § 274 Abs. 3 Nr. 2 FamFG handelt. Folglich steht den in § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG genannten Personen eine Beschwerdeberechtigung zu, wenn ein von ihnen angeregter Betreuerwechsel vom Amtsgericht abgelehnt worden ist.

Die frühere Rechtsprechung des Senats zur Beschwerdebefugnis naher Angehöriger des Betreuten bei der Auswahl des Betreuers, wonach eine Beschwerdebefugnis naher Angehöriger nur dann bestand, wenn das Betreuungsgericht einen Betreuer aus wichtigem Grund entlassen und einen nahen Angehörigen bei der Auswahl des neuen Betreuers nach § 1897 Abs. 5 BGB übergangen hatte, kann nach der Neuregelung der Beschwerdeberechtigung naher Angehöriger in § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG nicht mehr aufrechterhalten werden.
Der Kreis der Entscheidungen, die Gegenstand einer Beschwerde des durch § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG privilegierten Personenkreises sein können, hat durch die Neuregelung in gleichem Umfang eine Erweiterung erfahren wie das Beteiligungs- und Beschwerderecht der Betreuungsbehörde durch die Regelungen in § 303 Abs. 1 FamFG und § 274 Abs. 3 FamFG.
Deshalb erstreckt sich die Beschwerdebefugnis naher Angehöriger nach § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG auch auf eine betreuungsgerichtliche Entscheidung, mit der die Entlassung eines Betreuers nach § 1908 b BGB abgelehnt worden ist.

 


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