Mehrbedarf bei Arbeitslosengeld II-Empfängern für die Umgangskosten mit Kind – Keine Bagatellgrenze von 10 % des Regelbedarfs.

Mehrbedarf bei Arbeitslosengeld II-Empfängern für die Umgangskosten mit Kind – Keine Bagatellgrenze von 10 % des Regelbedarfs.

Nach dem Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 09.02,2010 – 1 BvL 1/09 – zum Leistungsrecht der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuh Zweites Buch (SGB II) ‑ landläufig „Hartz IV“ genannt ‑ haben Arbeitslosengeld II-Empfänger einen speziellen Anspruch auf Leistungen für einen unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen, besonderen Bedarf, der mittlerweile auch in § 21 Abs. 6 SGB II ins Gesetz geschrieben wurde.

In dem vom Bundessozialgericht mit Urteil vom 04.06.2014 – B 14 AS 30/13 R – hatte das beklagte Jobcenter des Antrag des Klägers, der Arbeitslosengeld II bezog, auf einen solchen Mehrbedarf im Juli 2010 wegen der Ausübung des Umgangsrechts (alle 2 Wochen) mit seiner im Jahr 2006 geborenen, aber nicht bei ihm, sondern in 17 km Entfernung bei ihrer Mutter lebenden Tochter abgelehnt. Es meinte, bei einer Entfernung von 17 km und jeweils zweimaliger Hin- und Rückfahrt mit dem PKW sowie einer Pauschale von 0,20 Euro je Entfernungskilometer ergebe sich nur ein Betrag von 13,60 Euro im Monat, der unter einer Bagatellgrenze von 10 % des Regelbedarfs ‑ damals 359 Euro ‑ liege.

Vor dem Sozialgericht (SG) und dem Landessozialgericht (LSG) war der Kläger erfolgreich. Sie sprachen ihm 27,20 Euro pro Monat bei einer Pauschale von 0,20 Euro pro Kilometer zu.

Das BSG hat die Auffassung des Klägers und der Vorinstanzen bestätigt.

Dass der Kläger, wie alle Eltern, die Arbeitslosengeld II beziehen, grundsätzlich Anspruch auf einen Mehrbedarf wegen der Kosten des Umgangsrechts mit seiner von ihm getrennt lebenden Tochter hat, ergibt sich aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010 – 1 BvL 1/09 – und dem daraufhin vom Gesetzgeber geschaffenen § 21 Abs 6 SGB II.

Der Anspruch setzt zwar einen vom durchschnittlichen Bedarf erheblich abweichenden, unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen Mehrbedarf voraus. Ein solcher ist aber gegeben, wenn für die Fahrten zur Ausübung des Umgangsrechts jeweils 68 km mit einem PKW zurückgelegt werden müssen und das Umgangsrecht alle zwei Wochen besteht. Denn selbst wenn nur eine Kilometerpauschale von 20 Ct wie nach dem Bundesreisekostengesetz zugrunde gelegt wird, ergibt sich ein Betrag von 27,20 Euro pro Monat.
Dieser Betrag beinhaltet auch eine erhebliche Abweichung vom durchschnittlichen Bedarf hinsichtlich der Regelleistung von damals 359 Euro insgesamt und des in der damaligen Regelleistung enthaltenen Betrags für Fahrtkosten von hochgerechnet gut 20 Euro, zumal in diesen die Ausgaben für PKW nicht berücksichtigt wurden.

Eine Rechtsgrundlage für die von dem beklagten Jobcenter vertretene allgemeine Bagatellgrenze ist nicht zu erkennen.
Eine Heranziehung der 10 %-Regelung für die Rückzahlung von Darlehen nach § 42a SGB II scheidet aus. Bei einem Darlehen haben die Betroffenen das Geld vorher erhalten, das sie dann an das Jobcenter zurückzahlen, während es ihnen bei einer Bagatellgrenze vorenthalten würde, obwohl sie darauf einen Anspruch haben.

Das hat die Pressestelle des Bundessozialgerichts am 04.06.2014 – Nr. 13/14 – mitgeteilt.

 


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