Tritt ein Unfallgeschädigter bei der Beauftragung eines Sachverständigen
- an diesen seine Ansprüche gegenüber der Haftpflichtversicherung und dem Unfallverursacher ab,
erwirbt der Sachverständige die Forderungen nur,
- soweit sie berechtigt sind.
Er kann also nicht ein unrechtmäßig überhöhtes Honorar verlangen.
Der Sachverständige darf das übliche Honorar allenfalls bestehend aus
- Grundhonorar und
- Nebenkosten.
Angemessene Nebenkosten sind solche, wie sie auch ein Gerichtsgutachter nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) berechnen kann.
Dementsprechend hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 22.08.2014 – 34 C 3510/14 – entschieden.
In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall war es zu einem Unfall gekommen, an dem
- das Fahrzeug des Geschädigten, ein Porsche 911 Turbo, sowie ein Pkw VW Sharan, der bei der beklagten Versicherung versichert ist, beteiligt waren und
- der Fahrer des PKW Sharan die alleinige Schuld an dem Unfall trug, da er dem Porschefahrer die Vorfahrt genommen hatte.
Vom Geschädigten war darauf hin
- ein Kraftfahrzeugsachverständigenbüro mit der Erstellung eines Gutachtens zum Unfallwagen beauftragt sowie
- bereits bei Erteilung des Auftrags an den Sachverständigen seine Schadensersatzansprüche gegen den Fahrer des Sharan und dessen Haftpflichtversicherung an eine Verrechnungsstelle für KFZ-Sachverständige abgetreten und
- die Haftpflichtversicherung des VW Sharan angewiesen worden, die Rechnung des Sachverständigen direkt an die Verrechnungsstelle zu bezahlen.
Von den von dem Sachverständigen für die Erstellung des Gutachtens berechneten Kosten
- in Höhe von insgesamt 1880,50 Euro (1700 Euro Grundhonorar und 180,50 Euro Nebenkosten für Fahrtkosten, EDV-Abrufgebühr, Auslagen, Fotos Porto, Telefon)
zahlte die KFZ-Versicherung, bei der der PKW Sharan versichert ist,
- 1771,00 Euro (1700 Euro Grundhonorar und 71 Euro Nebenkosten).
Die Restzahlung verweigerte sie mit der Begründung, dass die Höhe der Nebenkosten nicht angemessen, sondern massiv überhöht seien.
Die von der Abrechnungsstelle erhobene Klage auf Zahlung der restlichen Nebenkosten in Höhe von 109,50 Euro wies das AG München mit der Begründung ab, die geltend gemachten Nebenkosten seien überhöht, wenn ein Sachverständiger
- für die Nebenkosten ein Vielfaches von dem verlangt,
- was ein gerichtlich bestellter Sachverständiger, der nach dem JVEG abrechnen muss, erhalten würde.
Seine Entscheidung begründete das AG damit, dass die Situation der privaten Sachverständigen wenigstens im Hinblick auf die Nebenkosten mit der Situation der gerichtlich bestellten Gutachter vergleichbar sei, weil auch diese hinsichtlich ihrer Aufwendungen auf ihre Kosten kommen müssten.
Ferner hat das AG sich veranlasst gesehen, darauf hinzuweisen, dass die Rechtsprechung sich nicht ohne Grund zunehmend weigert die von Sachverständigen für Nebenkosten jeweils in Ansatz gebrachten Positionen ungekürzt zu übernehmen.
- Schließlich ist in Fachkreisen allgemein bekannt, dass Fotokosten, Kosten für einen zweiten Fotosatz, Schreibkosten, Kopierkosten und Telefonpauschalen in Rechnung gestellt werden, obwohl inzwischen jeder Sachverständige über einen Computer verfügt, in den Fotos digital eingestellt werden, Textbausteine verwendet werden, Dokumente unproblematisch mehrfach ausgedruckt werden können und es Flatrates gibt.
- Den jeweils geltend gemachten Positionen stehen damit keine entsprechenden Kosten gegenüber.
Dass dies über so lange Zeit und in dieser Form möglich war und ist, kann nur dadurch erklärt werden, dass es auf dem Markt der Sachverständigen in Verkehrsunfallsachen keine marktentwickelte Preisgestaltung gibt. Denn der Sachverständige wird vom Unfallgeschädigten bei Fremdverschulden beauftragt. Der Geschädigte bezahlt letztendlich die Rechnung nicht. Folglich ist die Preisgestaltung des Sachverständigen für den Unfallgeschädigten bei der Beauftragung nicht von Relevanz und auch üblicherweise kein Entscheidungskriterium.
Das hat die Pressestelle des Amtsgerichts München am 06.03.2015 – 12/15 – mitgeteilt.
Übrigens:
Dass der Haftpflichtversicherer verpflichtet ist unberechtigte Sachverständigenkosten zu kürzen, ergibt sich aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 19.07.2012 – I ZR 105/11 –, in dem es heißt:
„Denn die Begründung für die Kürzung von Schadenspositionen im Rahmen der außergerichtlichen Schadensregulierung einer Haftpflichtversicherung steht im unmittelbaren Zusammenhang mit der Rechtsverteidigung im Prozess. Dies ergibt sich insbesondere aus § 100 VVG. Danach ist der Versicherer bei derHaftpflichtversicherung verpflichtet den Versicherungsnehmer von Ansprüchen freizustellen, die von einem Dritten auf Grund der Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers für eine während der Versicherungszeit eintretende Tatsache geltend gemacht werden, und unbegründete Ansprüche abzuwehren.“
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