Strafrahmenbestimmung bei Verurteilung

Strafrahmenbestimmung bei Verurteilung

Ist ein vertypter Milderungsgrund, wie beispielsweise nach den §§ 21, 49 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) bei erheblich verminderter Schuldfähigkeit eines Täters gegeben, muss, wenn das Gesetz bei der von dem Täter begangenen Tat einen minder schweren Fall vorsieht, wie beispielsweise bei der gefährlichen Körperverletzung (vgl. § 224 Abs. 1 Halbsatz 2 StGB) zunächst geprüft werden, ob ein solcher minder schwerer Fall vorliegt.

  • Dabei ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung zuerst auf die allgemeinen Milderungsgründe abzustellen.
    Vermögen diese die Annahme eines minder schweren Falles allein zu tragen, stehen die den vertypten Milderungsgrund verwirklichenden Umstände für eine weitere Strafrahmenmilderung nach § 49 StGB zur Verfügung.
  • Ist dagegen nach einer Abwägung aller allgemeinen Strafzumessungsumstände das Vorliegen eines minder schweren Falles abzulehnen, sind zusätzlich die den vertypten Strafmilderungsgrund verwirklichenden Umstände in die Bewertung einzubeziehen.
  • Erst wenn der Tatrichter danach weiterhin keinen minder schweren Fall für gerechtfertigt hält, darf er seiner konkreten Strafzumessung den allein aufgrund des vertypten Milderungsgrundes gemilderten Regelstrafrahmen zugrunde legen (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 28.02.2013 – 4 StR 430/12 – sowie Beschlüsse vom 08.07.2014 – 3 StR 287/14 – und vom 19.11.2013 – 2 StR 494/13 –).

 

Wird dies nicht beachtet, kann das Urteil hinsichtlich der verhängten Strafe in der Regel erfolgreich mit der Revision angefochten werden, weil dann ein Erörterungsmangel vorliegt, der sich bei der Strafzumessung zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt haben kann.

Darauf hat der 2. Strafsenat des BGH mit Beschluss vom 09.04.2015 – 2 StR 39/15 – hingewiesen.

Anmerkung:
Die Strafrahmen für die gefährliche Körperverletzung betragen

  • nach § 224 Abs. 1 Halbsatz 1 StGB für den Regelfall Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren und
  • nach § 224 Abs. 1 Halbsatz 2 StGB für den minder schweren Fall Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

 

Im Falle der Milderung nach §§ 21, 49 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 StGB ergäbe sich,

  • bei einer Milderung des Regelstrafrahmen ein Strafrahmen von einem Monat (vgl. § 38 Abs. 2 StGB) bis zu sieben Jahren sechs Monaten Freiheitsstrafe und
  • bei einer Milderung des Strafrahmen für den minder schweren Fall ein Strafrahmen von einem Monat (vgl. § 38 Abs. 2 StGB) bis zu 3 Jahren 9 Monaten Freiheitsstrafe.

 

Daran sieht man, wie groß die Unterschiede zwischen den Mindest- und den Höchststrafen bei den verschiedenen in Betracht kommenden Strafrahmen sein können.

 


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