Tag Unfallversicherung

SG München entscheidet: Erleiden Schüler während des Unterrichts per Videoübertragung (Homeschooling) einen Unfall, kann es sich dabei

…. um einen gesetzlich versicherten Arbeitsunfall handeln und zwar auch dann, wenn Kameras und Mikrofone gerade ausgeschaltet waren. 

Mit Urteil vom 22.05.2023 – S 9 U 158/22 – hat das Sozialgericht (SG) München in einem Fall, in dem eine Schülerin, 

  • als während der Corona-Pandemie der von der Schule angeordnete Unterricht für die Schüler verpflichtend per Videoübertragung von zuhause aus stattfand, 

während des Online-Englisch-Unterrichts

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Was, wer eine private Unfallversicherung abgeschlossen hat, über den (Nicht)Versicherungsschutz bei 

…. psychischen Folgen eines Unfalls wissen sollte.

Mit Urteil vom 13.07.2022 – 7 U 88/21 – hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main entschieden, dass nach den 

  • Allgemeinen Bedingungen der Unfallversicherung,

nach denen vom Versicherungsschutz

  • krankhafte Störungen infolge psychischer Reaktionen, auch wenn diese durch den Unfall verursacht wurden,

ausgenommen sind, kein

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Arbeitnehmer, die während der Arbeitszeit zur Verrichtung der Notdurft die Personaltoilette aufsuchen, sollten wissen, dass  

…. gesetzlicher Unfallversicherungsschutz besteht, nur 

  • auf dem Weg zur Personaltoilette, 

nicht dagegen 

  • innerhalb der Toilettenanlage, zu der schon der Vorraum gehört, in dem sich die Waschbecken befinden,
    • es sich also bei einem Sturz im Bereich der Toilettenanlage um keinen Arbeitsunfall im Sinne des § 8 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) handelt.

Darauf hat das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg mit Urteil vom 30.04.2020 – L 10 U 2537/18 – hingewiesen.

Das bedeutet, der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung eines Arbeitnehmers

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Was, wer eine private Unfallversicherung mit Anspruch auf Tagegeld bei Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit abgeschlossen hat,

…. wissen sollte.

Mit Urteil vom 04.11.2020 – IV ZR 19/19 – hat der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in einem Fall, in dem ein Versicherungsnehmer eine Unfallversicherung abgeschlossen hatte, in deren Versicherungsbedingungen u.a. bestimmt war, dass der versicherten Person, die unfallbedingt 

  • in der Arbeitsfähigkeit beeinträchtigt und 
  • in ärztlicher Behandlung 

ist, Tagegeld

  • für die Dauer der ärztlichen Behandlung, längstens für ein Jahr, vom Unfalltag an gerechnet, 

gezahlt wird, entschieden, dass die 

  • für den Anspruch auf Tagegeld maßgebliche 

Dauer der ärztlichen Behandlung

  • nicht stets mit der letzten Vorstellung beim Arzt endet, 

sondern 

  • regelmäßig auch die Dauer der von dem Arzt angeordneten Behandlungsmaßnahmen umfasst.

Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer wird, so der Senat, nämlich den Wortlaut, nach dem das Tagegeld für die Dauer der ärztlichen Behandlung gezahlt wird, dahingehend verstehen, dass 

  • es zwar in erster Linie auf das Handeln des Arztes ankommt, 
  • aber im Regelfall auch etwaige von dem Arzt angeordnete Behandlungsmaßnahmen, wie die Einnahme eines verschriebenen Medikaments oder die Durchführung einer verordneten Therapie, einzubeziehen sind

und auch nach dem für ihn erkennbaren Zweck des Tagegeldes, 

  • das bei Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit und ärztlicher Behandlung das unfallbedingt erlittene Einkommensverluste ausgleichen soll, 

Medikamente oder Therapien, die nach dem ärztlichen Behandlungsplan einzunehmen bzw. durchzuführen sind, 

  • regelmäßig als der Wiederherstellung oder Besserung der Arbeitsfähigkeit dienlich und daher 

vom Zweck des Tagegeldes umfasst ansehen.

Für Versicherungsnehmer bedeutet die Entscheidung, dass, wenn sie,

  • wegen eines bedingungsgemäßen Unfalls, 

ärztlich behandelt werden müssen und ihnen bei ihrem 

  • letzten

Besuch beim Arzt 

  • beispielsweise wegen andauernder unfallbedingter Defizite 10 x Krankengymnastik 

verschrieben wird, der Anspruch auf Tagegeld auch noch den 

  • Zeitraum

umfasst, in dem sie sich – nach dem letzten Arztbesuch – der 

  • verordneten Krankengymnastik 

unterziehen.

Gesetzlich Unfallversicherte sollten wissen, wann ein Unfall als ein unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung

…. stehender Arbeits- bzw. Wegeunfall anzuerkennen ist.

Gemäß § 8 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) ist für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls im Regelfall der Nachweis erforderlich,

  • dass bei einem, zu diesem Zeitpunkt in der gesetzlichen Unfallversicherung Versicherten,
    • ein zeitlich begrenztes, von außen seinen Körper einwirkendes Ereignis (= Unfallereignis)
    • einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität),
  • dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfallereignisses
    • der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang),
      • der Versicherte also zum Zeitpunkt des Unfallereignisses einer versicherten Tätigkeit nachgegangen ist,
      • wozu gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch der Vorgang des Sichfortbewegens auf dem unmittelbaren Weg zählt, der erkennbar zu dem Zweck zurückgelegt wird, den Ort der Tätigkeit – oder nach deren Beendigung im typischen Fall die eigene Wohnung – zu erreichen
    • und dass diese Verrichtung zu dem Unfallereignis geführt hat (Unfallkausalität).

Bei einem Unfallereignis

  • auf dem Weg vom Ort der versicherten Tätigkeit nach Hause oder
  • von Zuhause zum Ort der versicherten Tätigkeit

handelt es sich nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII um einen unter dem Schutz der Unfallversicherung stehenden Wegeunfall, solange

  • der Versicherte den unmittelbaren Weg nach Hause oder zum Ort der versicherten Tätigkeit zurücklegt und
  • eine konkrete Verrichtung auf dem unmittelbaren Weg, unter Beachtung der objektivierten Handlungstendenz des Versicherten, noch der Fortbewegung vom Ort der versicherten Tätigkeit nach Hause oder von Zuhause zum Ort der versicherten Tätigkeit dient.

Nicht mehr den

  • unmittelbaren Weg

vom Ort der versicherten Tätigkeit nach Hause oder von Zuhause zum Ort der versicherten Tätigkeit, sondern einen

  • Abweg

legt ein Versicherter zurück, wenn

  • er von dem direkten Weg mehr als geringfügig abweicht.

Besteht in einem solchen Fall nicht ausnahmsweise auch Versicherungsschutz auf dem Abweg,

  • weil dieser im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht, wie etwa, wenn
    • sich Versicherte aus betriebsbedingten Gründen fortbewegen, etwa um einen Gegenstand zu holen, den sie für die Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit benötigen oder
    • der unmittelbare Weg verlassen wird, um eine dem Beschäftigungsunternehmen dienende Verrichtung auszuüben,

endet der Versicherungsschutz

  • mit dem Verlassen des direkten Weges und dem Beginn des Abweges

und besteht Versicherungsschutz erneut erst,

Sportvereinsmitglieder sollten wissen, dass sie bei der Verrichtung von satzungsgemäßen Arbeitsstunden

…. in der Regel nicht gesetzlich unfallversichert sind,

  • sondern nur bei der Ausführung von Sonderaufgaben, die über die geregelten Arbeiten aus der Vereinssatzung hinausgehen, ein Arbeitsunfall vorliegen kann.

Mit Beschluss vom 28.08.2019 – L 6 U 78/18 – hat das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen in einem Fall, in dem

  • die Satzung eines Segelfliegervereins vorsah, dass die Vereinsmitglieder 60 Arbeitsstunden pro Jahr u.a. in Form von Platz- und Wegearbeiten auszuführen haben und

ein Vereinsmitglied bei der Erledigung dieser Arbeitsstunden und der Verrichtung von Platz- und Wegearbeiten verunfallt war, entschieden, dass

  • es sich hierbei um keinen Arbeitsunfall gehandelt hat.

Danach können Vereinsmitglieder, wenn die von ihnen verrichtete Arbeit,

  • bei der sie verunfallt sind,

nicht über die normalen Pflichten als Vereinsmitglied hinausgeht, keinen Arbeitsunfall geltend machen.

Begründet hat das LSG dies damit, dass

  • die Mitgliedschaft in einem Sportverein die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses und damit auch eine versicherte Tätigkeit wie ein Beschäftigter iSd § 2 Abs 2 Satz 1 iVm Abs 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) zwar nicht ausschließt,

ein gesetzlicher Versicherungsschutz jedoch nicht besteht, wenn

  • der Grund der verrichteten Tätigkeit auf Mitgliedspflichten beruht, also

die unfallbringende Tätigkeit

  • mitgliedschaftlich und
  • nicht arbeitnehmerähnlich

geprägt ist.

Arbeitnehmer die an einem Betriebssport- oder anderen betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung teilnehmen

…. sollten wissen, wann es sich dabei um eine in der Unfallversicherung versicherte Tätigkeit handelt und wann nicht.

Mit Urteil vom 04.10.2018 – S 5 U 47/18 – hat die 5. Kammer des Sozialgerichts (SG) Dresden darauf hingewiesen, dass, wenn Arbeitnehmer

  • an Sportveranstaltungen oder ähnlichen betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen teilnehmen,

es sich dabei dann um eine in der Unfallversicherung versicherte Tätigkeit handeln kann, wenn

  • der Arbeitgeber die Veranstaltung als eigene betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung zur Förderung der Zusammengehörigkeit der Beschäftigten untereinander und mit ihnen durchführen will,
  • er deswegen alle Betriebsangehörigen eingeladen hat und damit der Wunsch des Arbeitgebers deutlich wird, dass möglichst alle Beschäftigten sich freiwillig zu einer Teilnahme entschließen

und

  • die Teilnahme vorab erkennbar grundsätzlich allen Beschäftigten des Unternehmens oder der betroffenen Abteilung offen steht und objektiv möglich ist.

Keine in der Unfallversicherung versicherte Tätigkeit liegt dagegen vor, wenn die vom Arbeitgeber ausgerichtete Veranstaltung beispielsweise

  • am Wochenende und
  • unter nicht unerheblichem finanziellen Eigenaufwand der Teilnehmer stattfindet und
  • auch Betriebsfremden offensteht,

so dass,

  • wenn bei einer solchen Veranstaltung ein teilnehmender Arbeitnehmer verunfallt,

es sich auch um keinen Arbeitsunfall handelt.

Ehrenamtlich für einen Verein Tätige sollten darauf achten, dass vom Verein für sie eine freiwillige Unfallversicherung

…. abgeschlossen wird, weil gesetzlicher Versicherungsschutz bei ehrenamtlicher Tätigkeit im Rahmen des Vereinszwecks in der Regel nicht besteht.

Gesetzlich unfallversichert ist nämlich nur, wer zu dem Personenkreis zählt, der in § 2 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) genannt ist und wer für einen Verein,

  • beispielsweise einem Sport- oder einem Ortsverschönerungsverein,

im Rahmen des Vereinszwecks als Gewählter oder Beauftragter ein Ehrenamt ausübt, wird

  • weder als „Beschäftigte“ i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII,
  • noch als „Wie-ein-Beschäftigter“ i.S.v. § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII

für den Vereins tätig.

Darauf und dass

  • zur Schließung dieser Versicherungslücke die Möglichkeit besteht (vgl. § 6 SGB VII), für gewählte oder beauftragte Ehrenamtsträger eines Vereins eine freiwillige Unfallversicherung abzuschließen und
  • sofern keine solche freiwillige Unfallversicherung für die für den Verein ehrenamtlich Tätigen abgeschlossen worden ist, sie im Falle eines Unfalls bei Ausübung des Ehrenamts keinen Versicherungsschutz genießen,

hat das Bayerische Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 18.10.2018 – L 7 U 36/14 – hingewiesen (Quelle: Pressemitteilung des LSG vom 11.01.2019).

Erleidet ein Friedhofsmitarbeiter beim Anheben eines Leichnams ein Verhebetrauma handelt es sich um einen Arbeitsunfall

Darauf hat das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg mit Urteil vom 19.07.2018 – L 6 U 1695/18 – hingewiesen und in einem Fall, in dem ein u. a. für die Abholung von Verstorbenen zuständiger Friedhofsmitarbeiter (Bestattungshelfer),

  • als er gemeinsam mit einem Kollegen einen Leichnam vom Bett auf die am Boden stehende Trage wollte und
  • sich dazu etwas seitlich verrenken musste,

beim Anheben der Leiche ein „Knacken“ im rechten Oberarm und einen brennenden Schmerz direkt oberhalb des Ellenbogens verspürt hatte,

  • der mit einem deutlichen Kraftverlust im Bereich der Bizepsmuskulatur, Druckschmerz sowie einem Muskelbauch am rechten distalen Oberarm verbunden war und
  • ein nochmaliges Anheben der Leiche unmöglich machte,

das Vorliegen eines Arbeitsunfalls (vgl. § 8 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) festgestellt.

Denn, so das LSG, das Verhebetrauma, das der Friedhofsmitarbeiter während der beruflichen Tätigkeit, nämlich bei dem Versuch die Leiche anzuheben, erlitten habe, erfülle,

  • da wesentliche Ursache hierfür die dabei stattgefundene, zu den äußeren Ursachen zählende (mechanische) Krafteinwirkung bei dem Anhebeversuch gewesen sei,

die gesetzliche Anforderung an Arbeitsunfälle „von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden führt“.

Für Versicherte,

  • die auf ausdrückliche oder stillschweigende Anordnung ihres Arbeitgebers zur Ausübung ihrer versicherten Tätigkeit derartige Kraftanstrengungen unternehmen,

bedeutet die Entscheidung, dass sie,

  • wenn sie dabei einen Gesundheitsschaden erleiden,

unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen (Quelle: Pressemitteilung des LSG Stuttgart vom 24.07.2018).

Arbeitnehmer sollten wissen, dass, wenn sie während der Arbeitszeit die betriebliche Toilette aufsuchen, gesetzlichen Unfallversicherungsschutz

…. regelmäßig

  • nur auf den Hinweg zur und dem Rückweg von der betrieblichen Toilette genießen,
  • nicht aber während des Aufenthalts in der Toilette selbst, also
    • bei einem Sturz auf dem Weg zur und von der Toilette zurück ein Arbeitsunfall gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) und
    • bei einem Sturz auf der Toilette kein Arbeitsunfall gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII vorliegt.

Das hat das Sozialgericht (SG) Heilbronn mit Urteil vom 27.12.2017 – S 13 U 1826/17 – entschieden.

Das heißt, der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung eines Arbeitnehmers

Übrigens:
Bei Beamten ist es anders.
Beamte genießen,

  • wenn sie während ihrer regulären Dienstzeit die im Dienstgebäude gelegene Toilette aufsuchen,

grundsätzlich auch während ihres Aufenthalts auf der Toilette Dienstunfallschutz, so dass,

  • wenn Beamte beispielsweise dort stürzen,

es sich bei ihnen um einen vom Dienstunfallschutz erfassten Dienstunfall handelt (Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 17.11.2016 – 2 C 17.16 –).