Trunkenheitsfahrt mit fahrlässiger Tötung?

Trunkenheitsfahrt mit fahrlässiger Tötung?

Wie würden Sie entscheiden?

Ein 25-jähriger Autofahrer fährt frühmorgens mit seinem Pkw auf einer Landstraße, obwohl er, was er hätte erkennen können, absolut fahruntüchtig ist. Er will zu seiner 30 km entfernten Wohnung. Seine Blutalkoholkonzentration beträgt zum Fahrtzeitpunkt mindestens 2,0 Promille und maximal 2,69 Promille. Aufgrund der Alkoholisierung ist seine Schuldfähigkeit zwar nicht aufgehoben, aber nicht ausschließbar erheblich im Sinne des § 21 Strafgesetzbuch (StGB) vermindert. Einem Zeugen fällt er durch seine aggressive Fahrweise auf.
Vor dem Autofahrer, in gleicher Richtung, fährt ein 48-jähriger Fahrradfahrer mit eingeschalteter Rückleuchte, der für den Autofahrer auf eine Entfernung von 200 – 300 Metern gut sichtbar ist.
Infolge der Alkoholsierung nimmt der Autofahrer den Radfahrer nicht oder nicht richtig wahr, weicht ihm, obwohl dies möglich gewesen wäre, nicht aus und kollidiert mit einer Geschwindigkeit von mindestens 98 km/h mit dem Radfahrer, der dabei tödlich verletzt wird.

Zu welcher Strafe würden Sie den Autofahrer in einem solchen Fall verurteilen, wenn

  • er sozial integriert sowie strafrechtlich und verkehrsrechtlich zuvor noch nicht in Erscheinung getreten ist,
  • er weitgehend geständig ist,
  • er sein Fehlverhalten bereut,
  • er der Familie des Getöteten, der verheiratet und Vater von drei Kindern war, eine Beileidskarte hat zukommen lassen,
  • er bei dem Unfall verletzt worden ist,
  • ihn die Folgen seiner Tat psychisch stark beeinträchtigt haben und er deshalb etwa drei Wochen stationär und im Anschluss ambulant behandelt worden ist.

Dazu noch folgende Informationen für Sie:

  • Fährlässige Gefährdung des Straßenverkehrs nach § 315c Abs. 1 Nr. 1a, Abs. 3 Nr. 2 StGB kann mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe, fahrlässige Tötung nach § 222 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden.
  • Bei verminderter Schuldfähigkeit nach § 21 StGB kann das Höchstmaß der Freiheitsstrafe für die fahrlässige Tötung nach § 222 StGB von fünf Jahren auf drei Jahre und neun Monate gemildert werden (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 StGB).
  • Wird ein Angeklagter zu einer Freiheitsstrafe verurteilt setzt das Gericht die Vollstreckung zur Bewährung aus, bei einer Verurteilung
    • zu einer Freiheitsstrafe von weniger als 6 Monaten, wenn bei dem Angeklagten die Sozialprognose nach § 56 Abs. 1 StGB günstig ist;
    • von mindestens 6 Monaten, aber nicht mehr als 1 Jahr Freiheitsstrafe, wenn bei dem Angeklagten die Sozialprognose günstig ist (§ 56 Abs. 1 StGB) und die Verteidigung der Rechtsordnung die Vollstreckung nicht gebietet (§ 56 Abs. 3 StGB);
    • von mehr als 1 Jahr, aber nicht mehr als 2 Jahren Freiheitsstrafe, wenn bei dem Angeklagten die Sozialprognose günstig ist (§ 56 Abs. 1 StGB), nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen (§ 56 Abs. 2 StGB) und die Verteidigung der Rechtsordnung die Vollstreckung nicht gebietet (§ 56 Abs. 3 StGB).

In dem obigen Fall verurteilte das Landgericht Bielefeld den Autofahrer

Die Revision des Autofahrers gegen dieses Urteil verwarf der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Beschluss vom 26.08.2014 – 3 RVs 55/14 – als unbegründet, wobei der Senat insbesondere auch die Wertung des Landgerichts für zutreffend erachtete, dass hier im Hinblick

  • auf die herausragend schweren Folgen für den Getöteten und seine nahen Angehörigen (Frau und drei Kinder),
  • die das Maß der absoluten Fahruntüchtigkeit weit übersteigende Alkoholisierung des Angeklagten sowie
  • die festgestellte aggressive Fahrweise in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Tat

trotz der zahlreichen mildernden Gesichtspunkte besondere Umstände gemäß § 56 Abs. 2 StGB nicht bestehen, vielmehr die Verteidigung der Rechtsordnung die Vollstreckung der Freiheitsstrafe gemäß § 56 Abs. 3 StGB gebietet.

 


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