Verhaltensbedingte Kündigung eines Arbeitnehmers nach dem Kündigungsschutzgesetz.

Verhaltensbedingte Kündigung eines Arbeitnehmers nach dem Kündigungsschutzgesetz.

Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) ist eine Kündigung sozial gerechtfertigt, wenn sie

  • durch Gründe, die im Verhalten des Arbeitnehmers liegen, bedingt ist.

Sie ist durch solche Gründe „bedingt“, wenn der Arbeitnehmer seine

  • vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und
  • in der Regel schuldhaft verletzt hat und
  • eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten steht.

Dann kann dem Risiko künftiger Störungen nur durch die (fristgemäße) Beendigung des Arbeitsverhältnisses begegnet werden.
Das wiederum ist nicht der Fall, wenn schon mildere Mittel und Reaktionen von Seiten des Arbeitgebers geeignet gewesen wären, beim Arbeitnehmer künftige Vertragstreue zu bewirken (z.B. Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteile vom 11.07.2013 – 2 AZR 994/12 –; vom 21.06.2012 – 2 AZR 153/11 – und vom 09.06.2011 – 2 AZR 284/10 –).

  • Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann (BAG, Urteil vom 11.07.2013 – 2 AZR 994/12 –).
  • Einer Abmahnung bedarf es nach Maßgabe des auch in § 314 Abs. 2 i.V.m. § 323 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zum Ausdruck kommenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes demnach nur dann nicht, wenn
    • bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder
    • es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich – auch für den Arbeitnehmer erkennbar – ausgeschlossen ist.

Für eine verhaltensbedingte Kündigung gilt das Prognoseprinzip. Der Zweck der Kündigung ist nicht eine Sanktion für eine begangene Vertragspflichtverletzung, sondern die Vermeidung des Risikos weiterer erheblicher Pflichtverletzungen. Die vergangene Pflichtverletzung muss sich deshalb noch für die Zukunft belastend auswirken (st. Rspr. BAG, z.B. Urteil vom 23.06.2009 – 2 AZR 283/08 –).

  • Eine negative Prognose liegt vor, wenn aus der konkreten Vertragspflichtverletzung und der daraus resultierenden Vertragsstörung geschlossen werden kann, der Arbeitnehmer werde auch zukünftig den Arbeitsvertrag nach einer Kündigungsandrohung erneut in gleicher oder ähnlicher Weise verletzen (BAG, Urteil vom 13.12.2007 – 2 AZR 818/06 –).

Deshalb setzt eine Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung regelmäßig eine vorausgegangene einschlägige Abmahnung voraus.
Diese dient der Objektivierung der negativen Prognose.

  • Liegt eine ordnungsgemäße Abmahnung vor und verletzt der Arbeitnehmer erneut seine vertraglichen Pflichten, kann regelmäßig davon ausgegangen werden, es werde auch zukünftig zu weiteren Vertragsstörungen kommen.

Außerdem ist die Abmahnung als milderes Mittel in Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes einer Kündigung vorzuziehen, wenn durch ihren Ausspruch das Ziel – ordnungsgemäße Vertragserfüllung – erreicht werden kann.

Dabei ist nicht erforderlich, dass es sich um identische Pflichtverletzungen handelt. Es reicht aus, dass die jeweiligen Pflichtwidrigkeiten aus demselben Bereich stammen und somit Abmahnungs- und Kündigungsgründe in einem inneren Zusammenhang stehen (BAG, Urteil vom 13.12.2007 – AZR 818/06 –).
Entscheidend ist letztlich, ob der Arbeitnehmer aufgrund der Abmahnung erkennen konnte, der Arbeitgeber werde weiteres Fehlverhalten nicht hinnehmen, sondern ggf. mit einer Kündigung reagieren (BAG, Urteil vom 09.06.2011 – 2 AZR 323/10 –).

Darauf hat die 7. Kammer des Arbeitsgerichts (ArbG) Köln mit Urteil vom 19.11.2014 – 7 Ca 2114/14 – hingewiesen.

 


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