Voraussetzungen für eine bußgeldbewehrte Geschwindigkeitsüberschreitung auf einem durch das Dauerlichtzeichen „rote gekreuzte Schrägbalken“ gesperrten Fahrstreifen.

Voraussetzungen für eine bußgeldbewehrte Geschwindigkeitsüberschreitung auf einem durch das Dauerlichtzeichen „rote gekreuzte Schrägbalken“ gesperrten Fahrstreifen.

Eine Geschwindigkeitsbeschränkung ( § 41 Abs. 1 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) i.V.m. Zeichen 274 der Anlage 2), die lediglich für die linke Fahrspur angeordnet ist, regelt die zulässige Geschwindigkeit nicht auf den benachbarten Fahrspuren, für die ein Fahrstreifenbenutzungsverbot im Sinne des § 37 Abs. 3 S 2 StVO ( „rote gekreuzte Schrägbalken“) gilt.

Das hat der Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts (OLG) Braunschweig mit Beschluss vom 27.05.2014 – 1 Ss (OWi) 26/14 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte das Amtsgericht (AG) gegen den Betroffenen wegen vorsätzlicher Geschwindigkeitsüberschreitung in Tateinheit mit vorsätzlicher Missachtung des Dauerlichtzeichens „rote gekreuzte Schrägbalken“ eine Geldbuße von 260,- € festgesetzt.
Nach den Feststellungen in diesem Urteil befuhr der Betroffene am 16.03.2013 um 23.15 Uhr mit einem nicht näher beschriebenen Lastkraftwagen die Bundesautobahn A 2 in Fahrtrichtung Dortmund. Er passierte dort (Kilometer 155,810) auf der mittleren Fahrspur mit einer Geschwindigkeit von 83 km/h die Drucksensoren der Geschwindigkeitsmessanlage (Traffipax Traffistar S 330).
Die Schilderbrücke, die sich 207 Meter vor den Drucksensoren der Messanlage befindet, begrenzte die zulässige Geschwindigkeit zur Tatzeit auf dem linken Fahrstreifen durch Verkehrszeichen 274 auf 60 km/h.
Über der mittleren und der rechten Fahrspur zeigte die Brücke hingegen „rote gekreuzte Schrägbalken“.

Gegen das Urteil hatte der Betroffene Rechtsbeschwerde eingelegt und beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen.

Die Rechtsbeschwerde hatte mit der erhobenen Sachrüge Erfolg.

Nach der Entscheidung des Senats für Bußgeldsachen des OLG Braunschweig ist dem Betroffenen

  • neben dem nach §§ 24 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG), 49 Abs. 3 S. 2 StVO bußgeldbewehrten Verstoß gegen das Fahrstreifenbenutzungsverbot des § 37 Abs. 3 S. 2 StVO
  • kein Verstoß gegen §§ 24 Abs. 1 StVG, 41 Abs. 1 StVO i. V. m. Zeichen 274 der Anlage 2 vorzuwerfen,


weil auf der mittleren Fahrspur, die der Betroffene nach den Urteilsfeststellungen benutzte, keine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 60 km/h angeordnet war.

Das Verkehrszeichen 274 bezog sich, wie dies der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV) zu § 41 (dort Rn. 3) entspricht, ausdrücklich nur auf den linken Fahrstreifen.
Diese Bewertung des Senats beruht auf dem Analogieverbot und führt nicht zu Verfolgungslücken.
Vielmehr ist der Bußgeldrahmen bei einem Verstoß gegen das Fahrstreifenbenutzungsverbot ebenfalls § 24 Abs. 2 StVG (bei fahrlässiger Begehung gemindert nach § 17 Abs. 2 OWiG) zu entnehmen, so dass die jeweiligen Betroffenen, denen ein Verstoß gegen §§ 24 Abs. 1 StVG, 49 Abs.3 S. 2 StVO, § 37 Abs. 3 S. 2 StVO vorzuwerfen ist, mindestens ebenso hart bestraft werden können wie jene, die wegen Geschwindigkeitsüberschreitung zu verurteilen sind.
§ 25 StVG ermöglicht zudem, allein wegen eines Verstoßes gegen §§ 24 Abs. 1 StVG, 49 Abs.3 S. 2 StVO, § 37 Abs. 3 S. 2 StVO ein Fahrverbot zu verhängen.

Die Annahme einer Geschwindigkeitsbeschränkung für den mittleren Fahrstreifen ergibt sich insbesondere auch nicht aus einem Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 06.05.1981 – 4 StR 530/79 –. Durch diesen Beschluss ist zwar die Standspur, deren Benutzung ebenfalls regelmäßig verboten ist, der Fahrbahn zugeordnet und klargestellt worden, dass das Zeichen 274 auch auf diesem gilt. Die Entscheidung des BGH greift aber deshalb nicht ein, weil die Geschwindigkeitsbegrenzung durch Zeichen 274 vorliegend nur eingeschränkt, nämlich speziell für die linke Fahrspur, angeordnet wurde.

Neben dem nach §§ 24 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG), 49 Abs. 3 S. 2 StVO bußgeldbewehrten Verstoß gegen das Fahrstreifenbenutzungsverbot des § 37 Abs. 3 S. 2 StVO wäre dem Betroffenen nur dann ein Geschwindigkeitsverstoß vorzuwerfen, wenn er eine gesetzliche Geschwindigkeitsbestimmung überschritten hätte. Denn die gesetzlichen Geschwindigkeitsbestimmungen sind auch bei verbotswidriger Straßenbenutzung zu beachten.

Die Sache wurde vom OLG Braunschweig zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.

 


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