Wann haftet ein Kraftfahrzeughalter nach § 7 Abs. 1 StVG für Schäden bei dem Einsatz des Kraftfahrzeugs als Arbeitsmaschine?

Wann haftet ein Kraftfahrzeughalter nach § 7 Abs. 1 StVG für Schäden bei dem Einsatz des Kraftfahrzeugs als Arbeitsmaschine?

Voraussetzung für einen Anspruch nach § 7 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) ist,

  • dass eines der dort genannten Rechtsgüter „bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges“ verletzt bzw. beschädigt worden ist,
  • wobei, wenn der Schaden auf einem Privatgelände eingetreten ist, dies einer Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG grundsätzlich nicht entgegen steht, denn der Betrieb eines Kraftfahrzeuges im Sinne dieser Norm erfordert nicht seinen Einsatz auf öffentlicher Verkehrsfläche.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) ist das Haftungsmerkmal „bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges“ entsprechend dem umfassenden Schutzzweck der Norm weit auszulegen. Denn die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG ist der Preis dafür, dass durch die Verwendung eines Kraftfahrzeuges erlaubterweise eine Gefahrenquelle eröffnet wird; die Vorschrift will daher alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensabläufe erfassen.

Ein Schaden ist demgemäß dann bereits „bei dem Betrieb“ eines Kraftfahrzeuges entstanden,

Erforderlich ist aber stets, dass es sich bei dem Schaden, für den Ersatz verlangt wird,

Für die Zurechnung der Betriebsgefahr kommt es damit maßgeblich darauf an, dass der Unfall

  • in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang
  • mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder
  • einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeuges

steht (vgl. BGH, Urteile vom 10.02.2004 – VI ZR 218/03 –; vom 27.11.2007 – VI ZR 210/06 –; vom 26.02.2013 – VI ZR 116/12 – und vom 21.01.2014 – VI ZR 253/13 –).

Bei Kraftfahrzeugen

  • mit Arbeitsfunktionen

ist es erforderlich, dass

  • ein Zusammenhang mit der Bestimmung des Kraftfahrzeuges als eine der Fortbewegung und dem Transport dienende Maschine (vgl. § 1 Abs. 2 StVG) besteht.

Eine Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG entfällt daher, wenn

  • die Fortbewegungs- und Transportfunktion des Kraftfahrzeuges keine Rolle mehr spielt und das Fahrzeug nur noch als Arbeitsmaschine eingesetzt wird oder
  • bei Schäden, in denen sich eine Gefahr aus einem gegenüber der Betriebsgefahr eigenständigen Gefahrenkreis verwirklicht hat.

Eine Verbindung mit dem „Betrieb“ als Kraftfahrzeug kann jedoch zu bejahen sein, wenn

Darauf hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 24.03.2015 – VI ZR 265/14 – in einem Fall hingewiesen,

  • in dem ein Schaden, dadurch entstanden war, dass ein Grashäcksler
    • durch den Metallzinken,
    • der von einem zuvor auf demselben Grundstück eingesetzten und einem Traktor gezogenen sowie angetriebenen Kreiselschwader abgefallen war,
  • beschädigt worden war und entschieden, dass
    • die Beschädigung des Grashäckslers nicht der von dem Traktors ausgehenden Betriebsgefahr zuzurechnen ist, der den Kreiselschwader gezogen und angetrieben hat.

Danach können Schäden durch das Ablösen von Teilen eines Kraftfahrzeuges

  • zwar beim Betrieb des Kraftfahrzeuges entstanden sein, wenn sie im Zusammenhang mit einem Verkehrsvorgang stehen,
  • allerdings muss das Risiko, das sich in dem konkreten Fall verwirklicht hat, in den Schutzbereich des § 7 StVG fallen.

So hat der VI. Zivilsenat des BGH Schäden als vom Schutzzweck des § 7 StVG erfasst angesehen, die

entstanden waren,

  • im ersten Fall, weil das Streugut während der Fahrt verteilt worden war, sich ein durch den Einsatz im Straßenverkehr mitgeprägtes spezifisches Gefahrenpotential ergab und sich das Auswerfen des Streuguts von der Eigenschaft des Streuwagens als Kraftfahrzeug und Beförderungsmittel nicht sinnvoll trennen lies;
  • im zweiten Fall, weil der Unimog mit seiner Motorkraft nicht nur den Antrieb für das Mähwerk gebildet hatte, sondern auch auf dem Seitenstreifen entlanggefahren war und dadurch das Mähfahrzeug fortbewegt hatte.

Der Gesichtspunkt,

  • dass eine Verbindung mit dem Betrieb als Kraftfahrzeug zu bejahen sei,
  • wenn eine „fahrbare Arbeitsmaschine“ gerade während der Fahrt bestimmungsgemäß Arbeiten verrichte,

kann jedoch, wie der VI. Zivilsenat des BGH weiter ausführte,

  • nicht losgelöst von dem konkreten Einsatzbereich des Fahrzeuges mit Arbeitsfunktion gesehen werden und
  • dass das maßgebliche Kriterium der Differenzierung das Stehen oder Fahren des Kraftfahrzeuges während der Arbeitsfunktion darstellt, ist in dieser Allgemeinheit nicht zutreffend.

Erforderlich ist nämlich stets, dass es sich bei dem Schaden, für den Ersatz verlangt wird,

Deshalb lässt sich nur im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände entscheiden, wann haftungsrechtlich nur noch die Funktion als Arbeitsmaschine in Frage steht.
Ist dies der Fall, ist der Zurechnungszusammenhang unter Schutzzweckgesichtspunkten enger zu sehen.

In dem von ihm entschiedenen Fall war für den VI. Zivilsenat des BGH maßgeblich, dass der Schaden weder auf einer öffentlichen noch einer privaten Verkehrsfläche, sondern auf einer zu dieser Zeit nur landwirtschaftlichen Zwecken dienenden Wiese eingetreten ist und die Transportfunktion lediglich dem Bestellen der landwirtschaftlichen Fläche diente.
Hinzu kam, dass der Schaden nach Abschluss des Arbeitsvorganges entstanden war, so dass sich bei der notwendigen Gesamtbetrachtung ergab, dass bei dem Einsatz der landwirtschaftlichen Maschine – hier der Kombination eines Traktors mit angehängtem, von diesem betriebenen Arbeitsgerät – zur Bestellung einer landwirtschaftlichen Fläche die Funktion als Arbeitsmaschine im Vordergrund stand und der Schadensablauf nicht durch den Betrieb des Kraftfahrzeuges geprägt wurde (vgl. im Ergebnis auch Brandenburgisches OLG, Urteil vom 18.02.2010 – 12 U 142/09 –).

 


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