Wenn ein Patient nach einer Operation behauptet, dass eine Indikation für die Operation nicht vorgelegen habe.

Wenn ein Patient nach einer Operation behauptet, dass eine Indikation für die Operation nicht vorgelegen habe.

Grundsätzlich liegt ein Behandlungsfehler dann vor, wenn eine vom Arzt gewählte Therapie bereits nicht indiziert ist.
Im Übrigen ist es im Regelfall Sache des Arztes, die Behandlungsmethode auszuwählen.
Bei mehreren medizinisch

  • gleichermaßen indizierten und üblichen Behandlungsmethoden, die unterschiedliche Risiken und Erfolgschancen haben,
  • also beim Bestehen einer echten Wahlmöglichkeit für den Patienten,

muss es allerdings dem Patienten nach entsprechender vollständiger ärztlicher Belehrung überlassen bleiben, zu bestimmen,

  • auf welchem Weg die Behandlung erfolgen soll und
  • auf welches Risiko er sich einlassen will,

anderenfalls ist insoweit ein Aufklärungsfehler anzunehmen,

  • für den der Arzt ebenso wie für einen Behandlungsfehler haftet. 

War aber beispielsweise eine Operation indiziert, weil

  • weitere konservative Möglichkeiten
  • einem operativen Eingriff nicht gleichwertig waren,

ist dem Arzt dagegen eine fehlerhafte Aufklärung unter diesem Gesichtspunkt nicht vorzuwerfen.
Vielmehr käme ein Aufklärungsfehler in einem solchen Fall nur dann in Betracht, wenn verschiedene

  • gleichermaßen indizierte und übliche Behandlungsmethoden
  • mit unterschiedliche Risiken und Erfolgschancen bestanden hätten.

Ist ein Patient über einen medizinischen Eingriff nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden,

  • ist die Einwilligung des Patienten in die Behandlung nicht wirksam;
  • zugleich stellt der Eingriff eine Verletzung des Behandlungsvertrages und eine rechtswidrige Körperverletzung dar.

Der Patient ist vor Durchführung eines Eingriffs über die mit diesem verbundenen Risiken aufzuklären, um unter Wahrung seiner Entscheidungsfreiheit wirksam in den Eingriff einwilligen zu können.

  • Die Aufklärung hat den Patienten einen zutreffenden allgemeinen Eindruck von der Schwere des Eingriffs und der Art der Belastung zu vermitteln, die sich für seine körperliche Integrität und seine Lebensführung aus dem Eingriff ergeben können.

Im Rahmen der Aufklärung ist auch das Risiko zu erörtern,

Nicht erforderlich ist die exakte medizinische Beschreibung der in Betracht kommenden Risiken, es genügt eine Aufklärung „im Großen und Ganzen“ über Chancen und Risiken der Behandlung (BGH, Urteil vom 14.03.2006 – VI ZR 279/04 –).

Für die ärztliche Hinweispflicht auf ein bestimmtes Risiko ist dabei

  • nicht der statistische Grad der Risikodichte entscheidend;
  • maßgebend ist vielmehr, ob das Risiko sich im Fall der Verwirklichung für die Lebensführung des Patienten als schwer belastend darstellt und trotz seiner Seltenheit für den Eingriff spezifisch und für den Laien überraschend ist (BGH, Urteile vom 15.02.2000 – VI ZR 48/99 – und vom 10.10.2006 – VI ZR 74/05 –).

Darlegungs- und beweispflichtig für eine richtige und vollständige Aufklärung ist der behandelnde Arzt.
Dabei sind an den Nachweis einer ordnungsgemäßen Aufklärung des Patienten keine unbilligen und übertriebenen Anforderungen zu stellen, zumal das vertrauensvolle Gespräch zur Aufklärung zwischen Arzt und Patienten möglichst von bürokratischem Formalismus frei bleiben soll; ist daher ein Beweis für die ständige Praxis einer gewissenhaften Aufklärung erbracht, sollte dem Arzt im Zweifelsfall geglaubt werden, dass die Aufklärung auch im Einzelfall in der gebotenen Weise geschehen ist.

Beruft sich ein Arzt, der seine Aufklärungspflicht verletzt hat, darauf, dass der Eingriff aufgrund einer hypothetischen Einwilligung des Patienten gerechtfertigt gewesen wäre,

  • hat der Patient glaubhaft zu machen,

dass er sich bei ordnungsgemäßer Aufklärung in einem echten Entscheidungskonflikt befunden hätte,

An die Darlegungspflicht des Patienten sind dabei keine allzu hohen Anforderungen zu stellen, es genügt, wenn er einsichtig macht, dass ihn die ordnungsgemäße Aufklärung über das Für und Wider des ärztlichen Eingriffs ernsthaft vor die Frage gestellt hätte, ob er diesem zustimmen sollte.
Maßgeblich ist dabei,

  • in welcher persönlichen Entscheidungssituation der Patient bei ordnungsgemäßer und vollständiger Aufklärung gestanden hätte und
  • ob ihn die Aufklärung ernsthaft vor die Frage gestellt hätte,

ob er seine Einwilligung erteilen solle oder nicht (Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg, Urteil vom 30.03.2005 – 5 U 66/03 –).
Dabei sind bei einem nicht zwingend erforderlichen Eingriff besonders strenge Anforderungen zu stellen.
Keinesfalls darf der Tatrichter seine eigene Beurteilung des Konflikts an die Stelle derjenigen des Patienten setzen (BGH, Urteil vom 01.02.2005 – VI ZR 174/03 –).
Kann der Patient

  • schließlich seinen Entscheidungskonflikt plausibel machen,

ist es Sache des Arztes, zu beweisen,

  • dass gleichwohl eine Einwilligung zu der vorgenommenen Behandlung erteilt worden wäre.

Darauf hat der 12. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (OLG) mit Urteil vom 30.04.2015 – 12 U 165/13 – hingewiesen.

 


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