Wenn ein Pflichtteilsberechtigter als Nacherbe eingesetzt ist – Wer hat wann Anspruch auf Auskunft über den Bestand des Nachlasses?

Wenn ein Pflichtteilsberechtigter als Nacherbe eingesetzt ist – Wer hat wann Anspruch auf Auskunft über den Bestand des Nachlasses?

Ist ein pflichtteilsberechtigter Abkömmling vom Erblasser als Nacherbe eingesetzt, steht ihm ein Anspruch auf Auskunft über den Bestand des Nachlasses gegen den Erben, bzw. gegen den Vorerben, erst dann zu, wenn er die Nacherbschaft ausgeschlagen hat.
Die bloße Absicht, die Nacherbschaft auszuschlagen, rechtfertigt einen Auskunftsanspruch nicht.

Darauf hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe mit Urteil vom 18.06.2014 – 9 U 147/13 – hingewiesen.

Zur Vorbereitung eines möglichen Zahlungsanspruchs steht einem Pflichtteilsberechtigten der nicht Erbe ist ein Auskunftsanspruch gemäß § 2314 Abs. 1 BGB zu.
Da die Einsetzung eines Pflichtteilsberechtigten zum Nacherben einem Ausschluss von der Erbfolge im Sinne von § 2303 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nicht gleichsteht, entsteht die Pflichtteilsberechtigung in einem solchen Fall erst durch eine den Anforderungen des § 1945 BGB entsprechende Ausschlagung der Nacherbschaft gemäß § 2306 Abs. 1, 2 BGB.

Einem Pflichtteilsberechtigten, der die Erbschaft wirksam ausgeschlagen hat, hat der Erbe auf Verlangen Auskunft über den Bestand des Nachlasses des Erblassers zu erteilen durch Vorlage eines notariellen Verzeichnisses, bezogen auf den Todestag des Erblassers, das folgende Positionen umfassen muss,

  • alle beim Erbfall vorhandenen Sachen und Forderungen (Aktiva),
  • alle beim Erbfall vorhandenen Verbindlichkeiten (Passiva),
  • im Hinblick auf mögliche Ansprüche gemäß § 2325 BGB (Pflichtteilsergänzungsanspruch bei Schenkungen) alle Schenkungen, die der Erblasser zu seinen Lebzeiten in den letzten zehn Jahren vor seinem Tod getätigt hat.

Einen weitergehenden Auskunftsanspruch, beispielsweise zum „Kontoverlauf“ eines bestimmten Festgeldkontos des Erblassers in den letzten zehn Jahren vor seinem Tod hat der Pflichtteilsberechtigte nicht. Soweit der Erblasser in den letzten zehn Jahren vor seinem Tod Beträge von einem Konto abgehoben haben sollte zum Zwecke der Schenkung, ergibt sich die Auskunftspflicht des Erben bereits aus der Auskunftspflicht zu Schenkungen in dem angegebenen Zeitraum. Soweit hingegen Kontobewegungen auf dem Festgeldkonto nichts mit Schenkungen zu tun haben, gibt es auch keine rechtliche Grundlage für eine Auskunftspflicht.

Ein notarielles Verzeichnis, das der Pflichtteilsberechtige über die Auskünfte hinaus gemäß § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB verlangen kann, bietet für ihn in der Regel eine größere Richtigkeitsgewähr als ein privatschriftliches Verzeichnis.
Der Anspruch auf Vorlage eines notariellen Verzeichnisses gemäß § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB ist daher generell gegeben, ohne dass der Berechtigte ein besonderes Bedürfnis geltend machen muss und zwar in der Regel auch dann noch, wenn auf Verlangen des Pflichtteilberechtigten vom Erben bereits ein privatschriftliches Verzeichnis erstellt worden ist (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 21.08.2006 – 15 W 23/06 –).

Beachtet werden muss, dass Pflichtteilsansprüche nach § 195 BGB in 3 Jahren verjähren.

Im Wege der Stufenklage nach § 254 Zivilprozessordnung (ZPO) kann der Pflichtteilsberechtigte zunächst Auskunft über den Nachlass, und sodann in den weiteren Stufen Versicherung der Richtigkeit der Auskunft an Eides Statt sowie (zunächst unbeziffert) Zahlung des Pflichtteils verlangen.

 


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