Wenn von einer Internet-Suchmaschine Links zu Internetseiten Dritter mit persönlichkeitsrechtsverletzenden Inhalten angezeigt werden.

Wenn von einer Internet-Suchmaschine Links zu Internetseiten Dritter mit persönlichkeitsrechtsverletzenden Inhalten angezeigt werden.

Der Betreiber einer Internet-Suchmaschine ist in unionsrechtskonformer Auslegung der Bestimmungen zur Störerhaftung als mitverantwortlicher Störer gemäß §§ 823 Abs. 1, 1004 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Verbindung mit Art. 1, 2 Grundgesetz (GG) verpflichtet, einen von der Suchmaschine angezeigten Link zu einer von einem Dritten veröffentlichten Internetseite zu entfernen und durch geeignete Maßnahmen zu verhindern, dass der Link nach der Entfernung erneut erscheint, wenn

  • der Inhalt eines Artikels auf der von dem Dritten veröffentlichten Internetseite einen rechtswidrigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen darstellt, d. h., die vorzunehmende Güter- und Interessenabwägung ergibt, dass das Schutzinteresse des Betroffenen das schutzwürdige Interesse der Autoren der Internetseite an der Verbreitung des Artikels und der Öffentlichkeit an den darin mitgeteilten Informationen überwiegt und
  • der Betreiber der Internet-Suchmaschine von dem Betroffenen auf den persönlichkeitsrechtsverletzenden Inhalt der Internetseite hingewiesen wurde.

Als Störer im Sinne von § 1004 BGB ist – ohne Rücksicht darauf, ob ihn ein Verschulden trifft – nämlich jeder anzusehen, der die Störung herbeigeführt hat oder dessen Verhalten eine Beeinträchtigung befürchten lässt.
Sind bei einer Beeinträchtigung mehrere Personen beteiligt, so kommt es für die Frage, ob ein Unterlassungsanspruch gegeben ist, grundsätzlich nicht auf Art und Umfang des Tatbeitrags oder auf das Interesse des einzelnen Beteiligten an der Verwirklichung der Störung an. Im Allgemeinen ist ohne Belang, ob er sonst nach der Art seines Tatbeitrags als Täter oder Gehilfe anzusehen wäre. Als (Mit-)Störer kann auch jeder haften, der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte.
Dem negatorischen Unterlassungsbegehren steht nicht entgegen, dass dem in Anspruch Genommenen die Kenntnis der die Tatbestandsmäßigkeit und die Rechtswidrigkeit begründenden Umstände fehlt. Ebenso ist Verschulden nicht erforderlich (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 14.05.2013 – VI ZR 269/12 –).

Unterlässt es ein Suchmaschinenbetreiber, nach Hinweis eines Betroffenen auf den rechtswidrigen Inhalt eines Artikels, den bei Eingabe seines Namens in die Suchmaschine als Treffer angezeigten Link zu diesem Artikel auf der Internetseite dauerhaft zu entfernen, ist er verantwortlicher Störer im Sinne des § 1004 BGB.
Die Verantwortlichkeit des Suchmaschinenbetreibers ist in einem solchen Fall im Ergebnis nicht anders zu beurteilen als im Fall der von der Suchmaschine eines Betreibers bei Eingabe eines Suchbegriffs angezeigten ergänzenden Suchvorschläge (vgl. BGH, Urteil vom 14.05.2013 – VI ZR 269/12 –). Die Anzeige einer Ergebnisliste, mit der Informationen und Links in einer bestimmten Reihenfolge zur Verfügung gestellt werden, wird wie die Anzeige von ergänzenden Suchvorschlägen von der Suchmaschine des Betreibers gesteuert. Die Suchmaschine wurde von dem Betreiber entwickelt und dahin programmiert, bei Eingabe von Suchbegriffen Suchergebnisse nach bestimmten Kriterien zu sortieren und in einer bestimmten Reihenfolge anzuzeigen. Für die Ergebnisliste und die angezeigte Reihenfolge ist der Betreiber daher aufgrund der ihm zuzurechnenden Programmierung verantwortlich. Auch eine unionsrechtskonforme Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen über die Störerhaftung gebietet es, dass der Suchmaschinenbetreiber grundsätzlich als verantwortlicher Störer für die von seiner Suchmaschine angezeigten Suchergebnisse mit persönlichkeitsrechtsverletzenden Inhalten in Anspruch genommen werden kann. Die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24.10.1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr sieht vor, dass betroffene Personen von dem für die Verarbeitung personenbezogener Daten Verantwortlichen grundsätzlich die Berichtigung, Löschung oder Sperrung von Daten, deren Verarbeitung nicht den Bestimmungen dieser Richtlinie entspricht, verlangen kann. Wie der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in seiner Entscheidung vom 13.05.2014 – C-131/12 – festgestellt hat, stellt die Erhebung und Bereitstellung von personenbezogenen Daten in Form einer von einer Suchmaschine erstellten Ergebnisliste eine Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne von Art. 2 Buchst. b der genannten Richtlinie dar und ist der Betreiber einer Suchmaschine als Verantwortlicher im Sinne von Art. 2 Buchst. d dieser Richtlinie anzusehen. Betroffene Personen können daher im – hier gegebenen – Anwendungsbereich der Richtlinie von dem Suchmaschinenbetreiber nach Maßgabe von Art. 12 Buchst. b und Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 95/46/EG zur Wahrung ihrer Rechte verlangen, dass der Suchmaschinenbetreiber von der Ergebnisliste Links zu von Dritten veröffentlichten Internetseiten mit Informationen zu ihrer Person entfernt.

Da der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit hier nicht in der Entwicklung und Bereitstellung einer Suchmaschine besteht, die bei Eingabe von Suchbegriffen eine Ergebnisliste anzeigt, sondern in dem Unterlassen, keine hinreichenden Vorkehrungen getroffen zu haben, um zu verhindern, dass die von der Ergebnisliste angezeigten Treffer Rechte Dritter verletzen, setzt die Störerhaftung eine Verletzung von Prüfpflichten voraus.
Der Betreiber einer Suchmaschine ist zwar grundsätzlich nicht verpflichtet, die von seiner Software erstellten Ergebnislisten generell vorab auf etwaige Rechtsverletzungen zu überprüfen. Dies würde den Betrieb einer Suchmaschine wenn nicht gar unmöglich machen, so doch unzumutbar erschweren. Den Betreiber einer Internet-Suchmaschine trifft deshalb grundsätzlich erst dann eine Prüfpflicht, wenn er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt. Weist ein Betroffener den Betreiber einer Internet-Suchmaschine auf eine rechtswidrige Verletzung seines Persönlichkeitsrechts hin, ist der Betreiber der Suchmaschine verpflichtet, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern.

Entfernt der Betreiber einer Internet-Suchmaschine den Link zu der Internetseite mit persönlichkeitsrechtsverletzendem Inhalt nach Kenntniserlangung und Ablauf einer angemessenen Prüffrist nicht, kann er dem Betroffenen nach §§ 823 Abs. 1, 249 ff. BGB zum Ersatz aller Schäden verpflichtet sein, die diesem dadurch entstanden sind, dass der Link nicht dauerhaft entfernt worden ist.
Auf die Haftungsbeschränkung des § 10 Satz 1 Telemediengesetz (TMG) kann sich der Suchmaschinenbetreiber in einem solchen Fall nicht berufen, weil er mit der Sortierung und Anzeige von Suchergebnissen in einer bestimmten Reihenfolge eigene Informationen zur Nutzung bereit hält und überdies Kenntnis von der Persönlichkeitsrechtsverletzung erlangt hat.

Das hat das Landgericht (LG) Heidelberg mit Urteil vom 09.12.2014 – 2 O 162/13 – in einem Fall entschieden, in dem der Kläger die Beklagte, die mit Sitz in den USA eine Internet-Suchmaschine betreibt,

  • bei der durch Eingabe von Namen Nutzer über eine angezeigte Trefferliste auf von Dritten ins Internet eingestellte Inhalte Zugriff nehmen können,

auf Entfernung von Links zu einer Internetseite in Anspruch genommen hatte.

Die internationale und örtliche Zuständigkeit des LG Heidelberg ergab sich in diesem Fall aus § 32 Zivilprozessordnung (ZPO), weil

  • diese Bestimmung weit auszulegen ist, auch die Fälle der Störerhaftung und die Haftung aus der Verletzung von Persönlichkeitsrechten umfasst, Begehungsort im Sinne des § 32 ZPO, sowohl der Ort, an dem Täter gehandelt hat, als auch der Ort, an dem in das geschützte Rechtsgut eingegriffen wurde, der sogenannte Erfolgsort ist, bei Verletzungen des Persönlichkeitsrechts Erfolgsort der Lebensmittelpunkt des Geschädigten ist, der im Streitfall im Bezirk des LG Heidelberg lag und
  • was zur Begründung der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte im Rahmen des § 32 ZPO nach der Rechtsprechung des BGH weiterhin erforderlich ist, die als rechtsverletzend beanstandeten Inhalte objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland aufwiesen (BGH, Urteil vom 14.05.2013 – VI ZR 269/12 –).

Deutsches Recht war anzuwenden, weil

  • zwar nach Art. 40 Abs. 1 Satz 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) Ansprüche aus unerlaubter Handlung grundsätzlich dem Recht des Staates unterliegen, in dem der Ersatzpflichtige gehandelt hat,
  • der Verletzte jedoch nach Art. 40 Abs. 1 Satz 2 und 3 EGBGB im ersten Rechtszug bis zum Ende des frühen ersten Termins oder dem Ende des schriftlichen Vorverfahrens verlangen kann, dass anstelle dieses Rechts das Recht des Staates angewandt wird, in dem der Erfolg eingetreten ist, der Kläger von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht hatte und der nach Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB maßgebliche Erfolgsort in Deutschland liegt, nachdem hier die Achtung des in Deutschland wohnhaften Klägers gestört bzw. gefährdet ist (BGH, Urteil vom 14.05.2013 – VI ZR 269/12 –).

 


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