Zur Auslegung eines gemeinschaftlichen Testaments das keine ausdrückliche Schlusserbeneinsetzung der Kinder enthält.

Zur Auslegung eines gemeinschaftlichen Testaments das keine ausdrückliche Schlusserbeneinsetzung der Kinder enthält.

Eine Pflichtteilsklausel in Kombination mit der Anordnung der Gleichbehandlung der gemeinsamen Kinder kann dafür sprechen, dass nach dem Willen der Eheleute wechselbezüglich die Kinder zu gleichen Teilen als Schlusserben bestimmt sein sollen.

Darauf hat der 31. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) München mit Beschluss vom 23.02.2015 – 31 Wx 459/14 – hingewiesen.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte die am 14.02.2014 verstorbene Erblasserin

  • am 25.09.1984 mit ihrem am 10.12.1986 vorverstorbenen Ehemann in einem gemeinschaftlich errichteten Testament verfügt,  
    • 1. „Wir, die Eheleute … u. …, setzen uns gegenseitig als Erben auf das ganze Vermögen ein.
    • 2. Nach dem Tod des Erstversterbenden fällt das gesamte Vermögen an den verbleibenden Ehegatten. Dieser ist zur unbeschränkten Verfügung über das Vermögen berechtigt.
    • 3. Die Kinder sollen den Pflichtteilsanspruch nach dem Erstversterbenden nicht geltend machen. Sollte eines der Kinder seinen Pflichtteil dennoch verlangen, soll es auch nach dem Tode des Letztversterbenden nur den Pflichtteil erhalten.
    • 4. Die drei Kinder haben im Verhältnis unter sich die ihnen bei Lebzeiten von uns beiden und vom Letztversterbenden gemachten unentgeltlichen Zuwendungen zur Ausgleichung zu bringen. Jedes unserer Kinder soll gleich behandelt werden“,
  • sowie nachfolgend am 29.06.2013 ein handschriftliches Testament errichtet, in dem von ihr eines der Kinder zum Alleinerben eingesetzt worden war.

Die Auslegung des gemeinschaftlichen Testaments vom 25.09.1984 nach den Grundsätzen im Sinne der §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) durch den 31. Zivilsenat des OLG München ergab hier, dass,

  • auch wenn dies nicht unmittelbar ausgedrückt war,
  • nach dem Willen der Eheleute in dem Testament – wechselbezüglich – die drei Kinder zu gleichen Teilen als Schlusserben bestimmt sein sollten,

so dass sich die Erbfolge nach dem gemeinschaftlichen Testaments vom 25.09.1984 richtete, weil die Erblasserin nach dem Tod ihres Ehemannes nicht mehr widersprechend verfügen konnte (§ 2271 Abs. 2 Satz 1 BGB).

Dass den Kindern eine gleiche Erbenstellung eingeräumt werden sollte entnahm das Gericht der Formulierung des Testaments, insbesondere dem Satz 2 von Textziffer 4., mit der die Eheleute zum Ausdruck brachten, dass sie ihre Kinder sowohl hinsichtlich der Zuwendungen zu Lebzeiten als auch bei der Schlusserbeinsetzung gleich behandeln wollten, so dass im vorliegenden Fall davon auszugehen war, dass die drei Kinder gleichberechtigt als Erben eingesetzt werden sollten.

Die Schlusserbeinsetzung der drei Kinder zu gleichen Teilen war auch wechselbezüglich i. S. v. § 2270 BGB.

  • Denn wenn angeordnet ist, dass die Kinder gleich behandelt werden sollen, ergibt sich die ersichtlich gewollte Absicherung dieser Verfügung nur aus dem Umstand, dass diese nur im Benehmen beider Ehegatten abänderbar sein sollte.

Dagegen spricht nicht, dass in Textziffer 2. des gemeinschaftlichen Testaments angeordnet ist, dass der überlebende Ehegatte „zur unbeschränkten Verfügung über das Vermögen berechtigt“ sei. Daraus ergibt sich lediglich, dass die Eheleute davon ausgingen, dass der überlebende Ehegatte bis zum Eintritt des Schlusserbfalls frei über das gemeinschaftliche Vermögen verfügen können sollte. Dazu galt allerdings nach Ziffer 4. die Einschränkung, dass die Kinder untereinander etwa überschießende unentgeltliche Zuwendungen des Überlebenden zum Ausgleich bringen sollten und außerdem – im Schlusserbfall – gleich zu behandeln seien.
Die Eheleute gingen also davon aus, dass der Überlebende von ihnen

  • einerseits zu Lebzeiten frei verfügen können sollte,
  • andererseits im Erbfall dahin gebunden sein würde, dass die gemeinsamen Kinder zu gleichen Teilen erben sollten.

 


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