Zur Notwendigkeit der Bestellung eines Verfahrenspflegers im Betreuungsverfahren.

Zur Notwendigkeit der Bestellung eines Verfahrenspflegers im Betreuungsverfahren.

Dass eine Betreuung gegen den Willen des Betroffenen eingerichtet oder verlängert wird, begründet für sich genommen noch nicht die Notwendigkeit, einen Verfahrenspfleger zu bestellen.
Die Bestellung eines Verfahrenspflegers ist aber in der Regel dann erforderlich, wenn der Verfahrensgegenstand eine Anordnung einer Betreuung in allen Angelegenheiten als möglich erscheinen lässt.

Darauf hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 28.05.2014 – XII ZB 705/13 – hingewiesen.

Nach § 276 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) ist die Bestellung eines Verfahrenspflegers in der Regel erforderlich, wenn

  • Gegenstand des Verfahrens die Bestellung eines Betreuers zur Besorgung aller Angelegenheiten des Betroffenen oder die Erweiterung des Aufgabenkreises hierauf ist,
  • sich das Verfahren auf eine Entscheidung über den Fernmeldeverkehr des Betreuten und über die Entgegennahme, das Öffnen und das Anhalten seiner Post erstreckt (§ 1896 Abs. 4 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) oder
  • die Sterilisation des Betreuten zum Gegenstand hat (§ 1905 BGB).

Dabei ist nach der Rechtsprechung des XII. Zivilsenats des BGH aufgrund der Bedeutung des Verfahrensgegenstands die Bestellung eines Verfahrenspflegers in der Regel schon dann erforderlich, wenn der Verfahrensgegenstand eine Anordnung einer Betreuung in allen Angelegenheiten als möglich erscheinen lässt (BGH, Beschlüsse vom 04.08.2010 – XII ZB 167/10 –; vom 28.09.2011 – XII ZB 16/11 – und vom 07.08.2013 – XII ZB 223/13 –).

Abgesehen von den Regelfällen nach § 276 Abs. 1 Nr. 2 FamFG hat das Gericht dem Betroffenen gemäß § 276 Abs. 1 Satz 1 FamFG einen Verfahrenspfleger zu bestellen, wenn dies zur Wahrnehmung seiner Interessen erforderlich ist.
Nach der Rechtsprechung des XII. Zivilsenats des BGH hängt die Notwendigkeit der Bestellung eines Verfahrenspflegers vom Grad der Krankheit oder Behinderung des Betroffenen sowie von der Bedeutung des jeweiligen Verfahrensgegenstands ab (BGH, Beschlüsse vom 13.11.2013 – XII ZB 339/13 – und vom 11.12.2013 – XII ZB 280/11 –).

Der Umstand, dass die Betreuung letztlich gegen den Willen des Betroffenen eingerichtet oder verlängert wird, weil dieser nicht in der Lage ist, einen der Betreuung entgegenstehenden freien Willen nach § 1896 Abs. 1 a BGB zu bilden, begründet für sich genommen noch nicht die Notwendigkeit, einen Verfahrenspfleger zu bestellen.
Etwas Anderes folgt auch nicht aus dem Senatsbeschluss vom 29.06.2011 – XII ZB 19/11 –.
Zur Wahrung des rechtlichen Gehörs kommt es vielmehr darauf an, ob der Betroffene die Möglichkeit hat, seine Interessen gegenüber dem Betreuungsgericht geltend zu machen und seinen Willen kundzutun. Das wird noch nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Betroffene – etwa wegen mangelnder Krankheitseinsicht – nicht in der Lage ist, die Notwendigkeit der Betreuung zu erkennen. Ob in diesem Fall die Bestellung eines Verfahrenspflegers zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen notwendig ist, hängt vielmehr von den weiteren Umständen, insbesondere vom Grad der Krankheit oder Behinderung des Betroffenen sowie von der Bedeutung des jeweiligen Verfahrensgegenstands ab (BGH, Beschlüsse vom 13.11.2013 – XII ZB 339/13 – und  vom 11.12.2013 – XII ZB 280/11 –).

  • Je weniger ein Betroffener in der Lage ist, seine Interessen selbst wahrzunehmen,
  • je eindeutiger erkennbar ist, dass die geplanten Betreuungsmaßnahmen gegen seinen natürlichen Willen erfolgen und
  • je schwerer und nachhaltiger der beabsichtigte Eingriff in die Rechte des Betroffenen ist,

umso eher ist die Bestellung eines Verfahrenspflegers erforderlich (vgl. BGH, Beschluss vom 11.12.2013 – XII ZB 280/11 –). 

 


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