Nach § 17 Abs. 2 Jugendgerichtsgesetz (JGG) verhängt der Richter Jugendstrafe,
- wenn wegen der schädlichen Neigungen, die in der Tat hervorgetreten sind, Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel zur Erziehung nicht ausreichen oder
- wenn wegen der Schwere der Schuld Strafe erforderlich ist.
Mit Beschluss vom 06.05.2013 – 1 StR 178/13 – hat der Bundesgerichtshof (BGH) darauf hingewiesen, dass er die Auffassung, der Anordnungsgrund der „Schwere der Schuld“ in § 17 Abs. 2 JGG könne grundsätzlich lediglich bei „Kapitalstrafsachen“ in Betracht kommen, nicht teilt. Dies entspricht nicht der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die auch außerhalb dessen bei besonders schweren Straftaten, zu denen gravierende Sexualdelikte gehören können, die Verhängung einer allein auf die Schwere der Schuld gegründeten Jugendstrafe zugelassen hat.
Im Übrigen neigt der erste Senat des Bundesgerichtshofs – wie er in dieser Entscheidung ausgeführt hat – dazu, bereits das Vorliegen eines gewissen Schuldausmaßes allein als Anordnungsgrund einer auf das Merkmal der „Schwere der Schuld“ gestützten Jugendstrafe ohne eine faktische Erziehungsfähigkeit und -bedürftigkeit des jugendlichen oder heranwachsenden Täters genügen zu lassen.
Weder der Wortlaut von § 17 Abs. 2 JGG noch dessen Entstehungsgeschichte deuten nämlich auf ein kumulatives Erfordernis eines solchen Erziehungsbedürfnisses als Anordnungsvoraussetzung der Jugendstrafe hin.
Die in § 18 Abs. 2 JGG enthaltene Vorgabe, bei der Bemessung der Jugendstrafe die erforderliche erzieherische Einwirkung möglich zu machen, betrifft unmittelbar lediglich die Festsetzung der Dauer einer Jugendstrafe, nicht aber die vorgelagerte, in § 17 Abs. 2 JGG (in Verbindung mit § 5 und § 13 Abs. 1 JGG) geregelte Auswahl der jugendstrafrechtlichen Sanktion. Es entspricht zudem ohnehin der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, im Rahmen der Strafbemessung der Jugendstrafe gemäß § 18 Abs. 2 JGG neben der Erziehungswirksamkeit auch andere Strafzwecke, bei schweren Straftaten vor allem das Erfordernis des gerechten Schuldausgleichs, zu berücksichtigen.
Dem Gedanken des Schuldausgleichs ist insbesondere bei fünf Jahre übersteigenden Jugendstrafen Bedeutung zugemessen worden, weil bei derartigen Verbüßungszeiträumen eine (weitere) erzieherische Wirkung bezweifelt wird.
Zu den Voraussetzungen dazu, wann Jugendstrafe verhängt werden kann, vergleiche auch die Beschlüsse des BGH vom 25.10.2011 – 3 StR 353/11 – und 19.11.2009 – 3 StR 400/09 –.
Vgl. hierzu im Übrigen auch Bernd Rösch, „Das Urteil in Straf- und Bußgeldsachen„, 2. Aufl., S. 274 ff.
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