Versicherungsrecht – Allgemeine Versicherungsbedingungen – Auslegungsgrundsätze

Versicherungsrecht – Allgemeine Versicherungsbedingungen – Auslegungsgrundsätze

Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an. Der Versicherungsnehmer, dem die Entstehungsgeschichte einer Klausel in der Regel nicht bekannt ist, wird zunächst von ihrem Wortlaut ausgehen, also davon, was diesem zu entnehmen ist.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 19.06.2013 – IV ZR 228/12 – hingewiesen.

In dem vom BGH zu entscheidenden Fall ging es darum, ob, wenn es in den einem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Bedingungen für eine Feuerversicherung heißt, „der Versicherer ersetzt auch die infolge eines Versicherungsfalles notwendigen Aufwendungen für das Aufräumen der Schadenstätte einschließlich des Abbruchs stehengebliebener Teile, für das Abfahren von Schutt und sonstigen Resten zum nächsten Ablagerungsplatz und für das Ablagern oder Vernichten (Aufräumungs- und Abbruchkosten)“, dieser Anspruch voraussetzt, dass der Versicherungsnehmer die diesbezüglichen Aufwendungen bereits erbracht oder zumindest entsprechende Zahlungsverpflichtungen begründet hat.
Diese vom Berufungsgericht vertretene und damit begründete Ansicht, der von der Klausel verwendete Begriff der Aufwendung impliziere bereits nach dem allgemeinen Sprachgebrauch eine dem Versicherungsnehmer schon entstandene Vermögenseinbuße in dem Sinne, dass er entweder entsprechende Mittel bereits ausgegeben oder zumindest etwa durch verbindliche Vergabe von Arbeitsaufträgen eine entsprechende Verpflichtung begründet haben müsse, teilte der BGH nicht.
Seiner Meinung nach lässt sich ein solch eingeschränktes Verständnis des Aufwendungsbegriffs in der Umgangssprache nicht feststellen. In Anbetracht des Leistungsversprechens des Versicherers erschließt sich dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer auch nicht, dass er Schadenminderungs- oder Aufräumungs- und Abbruchkosten erst ersetzt verlangen kann, nachdem er selbst damit in Vorlage getreten ist oder entsprechende Verpflichtungen begründet hat. Denn die Klausel könne auch so verstanden werden, dass sie kein allgemeines Vorleistungserfordernis für erstattungsfähige Aufwendungen aufstellt, sondern eine Entschädigung beansprucht werden kann, wenn deren Höhe anderweitig belegt ist, etwa wie durch die Feststellungen eines herangezogenen Sachverständigen.

 

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