Versorgungsansprüche nach dem Opferentschädigungsgesetz

Versorgungsansprüche nach dem Opferentschädigungsgesetz

Sofern kein Leistungsversagungsgrund nach § 2 des Gesetzes über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (Opferentschädigungsgesetz – OEG) vorliegt, erhalten nach § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG deutsche Staatsangehörige sowie nach den Absätzen 4 bis 6 zum anspruchsberechtigten Personenkreis gehörende Ausländer, die im Geltungsbereich des OEG

  • in Folge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten haben,
  • wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag vom Staat Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Gesetzes über die Versorgung der Opfer des Krieges (BVG).

 

Als schädigenden Vorgang setzt § 1 Abs. 1 OEG einen vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff voraus oder einen, einem solchen tätlichen Angriff gleichstehenden Vorgang nach § 1 Abs. 2 OEG.
Der Rechtsbegriff des tätlichen Angriffs im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG ist dabei unter Bezugnahme auf seine im Strafrecht gewonnene Bedeutung in den §§ 113, 121 Strafgesetzbuch (StGB) auszulegen.

  • Danach liegt ein tätlicher Angriff bei einer unmittelbar auf den Körper eines anderen zielenden gewaltsamen Einwirkung vor.
  • Der tätliche Angriff im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG setzt über den natürlichen Vorsatz des Täters bezogen auf die Angriffshandlung hinaus eine „feindselige Willensrichtung“ voraus.
    Dieses – einem Angriff im Wortsinn immanente – Merkmal dient dem Opferentschädigungsrecht vor allem zur Abgrenzung sozialadäquaten bzw. gesellschaftlich noch tolerierten Verhaltens von einem auf Rechtsbruch gerichteten Handeln des Täters.
  • Lässt sich eine feindselige Willensrichtung im engeren Sinne nicht feststellen, kann alternativ darauf abgestellt werden, ob der Täter eine mit Gewaltanwendung verbundene strafbare Vorsatztat (zumindest einen strafbaren Versuch) begangen hat. Anstelle einer feindseligen Absicht ist dann die Rechtsfeindlichkeit des Täters entscheidend, dokumentiert durch einen willentlichen Bruch der Rechtsordnung.
    Die einem Angriff innewohnende Feindseligkeit manifestiert sich insoweit durch die vorsätzliche Verwirklichung der Straftat.

 

Grundsätzlich müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1 OEG voll bewiesen sein.
Zu den Fakten, die vor der Beurteilung eines ursächlichen Zusammenhangs geklärt („voll bewiesen“) sein müssen, gehören

  • der schädigende Vorgang, das ist das Ereignis, das zu einer Gesundheitsschädigung führt,
  • die gesundheitliche Schädigung, das ist die primäre Beeinträchtigung der Gesundheit durch den schädigenden Vorgang und
  • die zu beurteilende Gesundheitsstörung.

 

Nach § 6 Abs. 3 OEG ist allerdings auch im Anwendungsbereich des OEG das Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVfG) mit Ausnahme der §§ 3 bis 5 KOVVfG anzuwenden, insbesondere auch die für Kriegsopfer geschaffene spezielle Beweiserleichterung des § 15 KOVVfG.
Danach sind die Angaben eines Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, wenn für den schädigenden Vorgang (keine Zeugen und deshalb) keine Unterlagen vorhanden sind oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des Antragstellers oder seiner Hinterbliebenen verlorengegangen sind, der Entscheidung zugrunde zu legen, soweit sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen.
Glaubhaftmachung i. S. des § 15 KOVVfG bedeutet das Dartun überwiegender Wahrscheinlichkeit, d. h. der guten Möglichkeit, dass der Vorgang sich so zugetragen hat, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können.
Die bloße Möglichkeit einer Tatsache genügt jedoch nicht, die Beweisanforderungen zu erfüllen.
Ob das Gericht die Beweisanforderungen als erfüllt ansieht, obliegt seiner freien richterlichen Beweiswürdigung.
Die Anwendung dieses Maßstabes setzt aber voraus, dass der Antragsteller Angaben zu den entscheidungserheblichen Fragen aus eigenem Wissen machen kann und widerspruchsfrei vorträgt.

Für die Annahme, dass eine Gesundheitsstörung Folge einer Schädigung ist, genügt versorgungsrechtlich die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs.
Sie ist gegeben, wenn nach der geltenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht.

Darauf hat das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg mit Urteil vom 27.08.2015 – L 6 VG 5227/14 – hingewiesen.

 


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