Wenn ein Angeklagter in der Hauptverhandlung beim Eintreten des Gerichts in den Sitzungssaal nicht aufsteht sondern sitzenbleibt.

Wenn ein Angeklagter in der Hauptverhandlung beim Eintreten des Gerichts in den Sitzungssaal nicht aufsteht sondern sitzenbleibt.

Erhebt sich ein Angeklagter nach einer Sitzungspause beim Wiedereintritt des Gerichtes nicht, stellt dies in der Regel keine Ungebühr nach § 178 Abs. 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) dar.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe mit Beschluss vom 05.01.2015 – 2 W 448/14 – entschieden und

  • das von einem Amtsgericht gegen einen Angeklagten, der sich nach einer kurzen Verhandlungspause beim erneuten Eintreten der Richterin nicht erhoben hatte, auf Grund dessen wegen Ungebühr nach § 178 Abs. 1 GVG verhängte Ordnungsgeld aufgehoben.

Nach dieser Entscheidung kann das Sitzenbleiben eines Angeklagten zwar grundsätzlich eine Ungebühr im Sinne des § 178 GVG Abs. 1 darstellen. Jedoch gilt dies nicht uneingeschränkt.

In Nr. 124 Abs. 2 Satz 2 der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) ist vorgesehen, dass sich sämtliche Anwesenden (lediglich) beim

  • Eintritt des Gerichts zu Beginn der Sitzung,
  • bei der Vereidigung von Zeugen und Sachverständigen und
  • bei der Verkündung der Urteilsformel

von ihren Plätzen erheben.
Diese verwaltungsrechtlichen Vorgaben, an die die Gerichte nicht gebunden sind, wurden von der Rechtsprechung letztlich übernommen (OLG Koblenz, Beschluss vom 02.12.1983 – 2 Ws 647/83 – [erstes Eintreten des Gerichts]; OLG Stuttgart, Beschluss vom 13.01.1969 – 2 Ws 209/68 – 2 Ws 210/68 – [Urteilsverkündung]; OLG Hamm, Beschluss vom 04.02.1975 – 5 Ws 14/75 – [Urteilsverkündung]; OLG Celle, Beschluss vom 17.01.2012 – 1 Ws 504/11 – [Urteilsverkündung]; OLG Brandenburg, Beschluss vom 11.06.2013 – 2 Ws 12/13 – [Urteilsverkündung]).

Demgegenüber stellt das (bloße) Sitzenbleiben beim Eintreten des Gerichts

  • nach vorangegangener Sitzungspause

nur dann eine Ungebühr im Sinne des § 178 Abs. 1 GVG dar,

  • wenn weitere objektive Umstände hinzutreten, die die Annahme rechtfertigen, dass dies in der Absicht geschieht, das Gericht zu provozieren oder herabzusetzen (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 28.02.2007 – 1 W 33/07 –).

Auch wird das Verhalten eines Angeklagten nicht dadurch ungebührlich, dass er nach einer vorausgegangenen Sitzungspause beim Eintreten des Gerichts der Aufforderung des Vorsitzenden, sich von seinem Platz zu erheben, nicht nachkommt.
Denn hierzu ist er nicht verpflichtet, mag es auch verbreitet üblich sein. Anders als zu Beginn der Sitzung stellt deren Fortsetzung nach einer Pause nämlich keinen besonderen Verfahrensabschnitt dar, der einer Verdeutlichung durch die äußere Form des Aufstehens der im Sitzungssaal Anwesenden bedarf.

 


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