Hat ein Vermieter
- eine Wohngebäudeversicherung abgeschlossen,
- deren Kosten vom Mieter getragen werden, und
- verursacht der Mieter leicht fahrlässig einen von dieser Versicherung umfassten Wohnungsbrand,
so trifft den Vermieter in der Regel die mietvertragliche Pflicht, wegen des Brandschadens nicht den Mieter, sondern die Versicherung in Anspruch zu nehmen.
Zudem hat der Vermieter in einem solchen Fall aufgrund seiner Pflicht zur Erhaltung der Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand (§ 535 Abs. 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) den Brandschaden grundsätzlich auch dann zu beseitigen, wenn er von einer Inanspruchnahme der Wohngebäudeversicherung absieht.
Das hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 19.11.2014 – VIII ZR 191/13 – entschieden.
Danach hat gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB der Vermieter die Mietsache während der Mietzeit in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten.
Grundsätzlich obliegen somit ihm die Instandhaltung und die Instandsetzung des Mietobjekts (BGH, Urteil vom 06.04.2005 – XII ZR 158/01 –).
Entsteht während der Mietzeit ein Mangel der Mietsache im Sinne des § 536 BGB – wie beispielsweise in Gestalt eines Brandschadens -, schuldet der Vermieter dessen Beseitigung im Rahmen seiner Erfüllungspflicht gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB unabhängig davon, ob die Mangelursache in seinem eigenen oder im Gefahrenbereich des Mieters zu suchen ist (BGH, Urteil vom 28.05.2008 – VIII ZR 271/07 –).
Die Pflicht des Vermieters zur Wiederherstellung des vertragsgemäßen Zustands entfällt jedoch, soweit der Mieter den Mangel der Mietsache zu vertreten hat (BGH, Urteil vom 28.05.2008 – VIII ZR 271/07 –). In diesem Fall steht dem Vermieter vielmehr bei einer Beschädigung der Mietsache ein Anspruch auf Schadensersatz – nach Wahl des Vermieters in Form der Wiederherstellung (§ 249 Abs. 1 BGB) oder des Geldersatzes (§ 249 Abs. 2 BGB) – gegen den Mieter zu.
Nicht zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist ein Mieter nach den Grundsätzen der versicherungsrechtlichen Lösung allerdings dann, wenn
- dem Mieter hinsichtlich des Brandschadens (allenfalls) einfache Fahrlässigkeit zur Last fällt und
- der Vermieter eine für den Schaden eintrittspflichtige Wohngebäudeversicherung abgeschlossen hat,
- deren Kosten (anteilig) vom Mieter getragen werden.
Vielmehr steht dem Mieter in diesem Fall ein Anspruch auf Wiederherstellung des vertragsgemäßen Zustands der Mietsache zu.
Nach der Rechtsprechung des BGH ist der Mieter, der einen Brandschaden durch einfache Fahrlässigkeit verursacht hat, (regelmäßig) vor einem Rückgriff des Gebäudeversicherers (§ 86 Abs. 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG)) in der Weise geschützt, dass eine durch die Interessen der Vertragsparteien gerechtfertigte ergänzende Auslegung des Gebäudeversicherungsvertrages einen konkludenten Regressverzicht des Versicherers für die Fälle ergibt, in denen der Wohnungsmieter einen Brandschaden durch einfache Fahrlässigkeit verursacht hat (BGH, Urteile vom 08.11.2000 – IV ZR 298/99 –; vom 03.11.2004 – VIII ZR 28/04 –; vom 13.09.2006 – IV ZR 273/05 –; vom 10.11.2006 – V ZR 62/06 – [betr. Wohnungseigentümer]; vom 20.12.2006 – VIII ZR 67/06 –; vom 27.01.2010 – IV ZR 129/09 –; vom 10.05.2011 – VI ZR 196/10 –; BGH, Beschlüsse vom 12.12.2001 – XII ZR 153/99 –; vom 15.11.2011 – II ZR 304/09 –; vom 21.01.2014 – VIII ZR 48/13 –).
Der Mieter steht hierdurch im Ergebnis nicht anders da, als wenn er selbst eine Versicherung abgeschlossen hätte (BGH, Urteil vom 03.11.2004 – VIII ZR 28/04 –).
Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn der Mieter eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat und diese für den Brandschaden ebenfalls eintrittspflichtig wäre (BGH, Urteile vom 08.11.2000 – IV ZR 298/99 –; vom 20.12.2006 – VIII ZR 67/06 –; vom 13.09.2006 – IV ZR 273/05 –).
Die vorbezeichnete sogenannte versicherungsrechtliche Lösung schützt den Mieter allerdings nur, wenn der Vermieter/Versicherungsnehmer die Versicherung tatsächlich in Anspruch nimmt.
- Verzichtet der Vermieter darauf und fordert er unmittelbar Schadensersatz vom Mieter, wird dieser in seiner Erwartung enttäuscht, als Gegenleistung für die von ihm (anteilig) übernommenen Versicherungskosten im Schadensfall einen Nutzen von der Gebäudeversicherung zu haben.
- Der Vermieter hat dagegen insoweit, als er durch die Versicherung geschützt ist, im Regelfall kein vernünftiges Interesse daran, den Schadensausgleich durch den Mieter zu suchen, obwohl dieser bereits durch die Zahlung der Versicherungsprämie zur Deckung des Schadens beigetragen hat.
Aus dieser Interessenlage folgt die mietvertragliche Pflicht des Vermieters, die Versicherung in Anspruch zu nehmen (oder auf Schadensersatz zu verzichten), wenn
- ein Versicherungsfall vorliegt,
- ein Regress des Versicherers gegen den Mieter ausgeschlossen ist, was der Fall ist, wenn dem Mieter lediglich einfache Fahrlässigkeit vorgeworfen werden kann und
- der Vermieter nicht ausnahmsweise ein besonderes Interesse an einem Schadensausgleich durch den Mieter hat, wofür das mit jeder Inanspruchnahme einer Gebäudeversicherung einhergehende generelle Risiko einer Beitragserhöhung jedoch nicht genügt.
Verletzt der Vermieter diese Pflicht, steht dem Mieter seinerseits ein Schadensersatzanspruch zu, den er dem Schadensersatzanspruch des Vermieters wegen seiner Obhutspflichtverletzung gemäß § 242 BGB („dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est“) entgegen halten kann (BGH, Urteil vom 03.11.2004 – VIII ZR 28/04 –; BGH, Beschluss vom 21.01.2014 – VIII ZR 48/13 –).
Der Vermieter ist demzufolge in einem solchen Fall mietvertraglich verpflichtet, seinen Wohngebäudeversicherer und nicht den Mieter auf Schadensausgleich in Anspruch zu nehmen.
Ist der Vermieter verpflichtet die Wohngebäudeversicherung zur Schadensbeseitigung in Anspruch zu nehmen und tut er dies nicht, kann er auch keinen Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB gegen den Mieter geltend machen.
In einem solchen Fall
- verbleibt es demzufolge, auch wenn er von einer Inanspruchnahme der Wohngebäudeversicherung absieht, bei der dem Vermieter obliegenden Erhaltungspflicht nach § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB und
- sind somit die Voraussetzungen einer Mietminderung gegeben.
Ähnliche Beiträge