Wenn im Strafverfahren Aussage gegen Aussage steht

Wenn im Strafverfahren Aussage gegen Aussage steht

In einem Fall, in dem „Aussage gegen Aussage“ steht und nur die Angaben eines einzigen Tatzeugen zur Verfügung stehen, mithin die Entscheidung allein davon abhängt, ob diesem Zeugen zu folgen ist, müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, dass das Tatgericht alle Umstände, welche die Entscheidung beeinflussen können, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat.
Dies gilt besonders, wenn der einzige Belastungszeuge

  • in der Hauptverhandlung seine Vorwürfe ganz oder teilweise nicht mehr aufrechterhält,
  • der anfänglichen Schilderung weiterer Taten nicht gefolgt wird oder
  • sich sogar die Unwahrheit eines Aussageteils herausstellt.

 

Dann muss das Tatgericht jedenfalls regelmäßig außerhalb der Zeugenaussage liegende gewichtige Gründe nennen, die es ihm ermöglichen, der Zeugenaussage im Übrigen dennoch zu glauben.
Genügt ein Urteil diesen erhöhten Anforderungen nicht, hat es in der Revision keinen Bestand.

Darauf hat der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 03.06.2015 – 5 StR 166/15 – hingewiesen.

Anmerkung:
Ein die Tat bestreitender Angeklagter kann grundsätzlich auch dann verurteilt werden, wenn die Tat (nur) vom Tatopfer geschildert wird und keine weiteren den Angeklagten belastenden Indizien vorliegen. Der Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten“ steht dem nicht entgegen, weil es im alleinigen Verantwortungsbereich des Richters liegt, ob er bei einer derartigen Sachlage zu einer sicheren Überzeugungsbildung gelangt.
Da ein Angeklagter, wenn „Aussage gegen Aussage“ steht, wenig Verteidigungsmöglichkeiten besitzt, muss sich der Richter aber bewusst sein, dass die Aussage des Tatzeugen in einem solchen Fall einer besonderen Glaubwürdigkeitsprüfung zu unterziehen ist und dass er dies getan, sowie dass er alle für und gegen eine Täterschaft sprechende Tatsachen, Indizien und Umstände erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat, muss in der Beweiswürdigung deutlich werden.

      


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