Zur Hinweispflicht des Strafrichters vor Verständigung auf eine Bewährungsstrafe.

Zur Hinweispflicht des Strafrichters vor Verständigung auf eine Bewährungsstrafe.

Der Grundsatz des fairen Verfahrens (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG), Art. 6 Abs. 1 S. 1 Europäische Menschenrechtskonvention (MRK)) gebietet es, den Angeklagten vor einer Verständigung gemäß § 257c Strafprozessordnung (StPO), deren Gegenstand die Verhängung einer zur Bewährung auszusetzenden Freiheitsstrafe ist, auf konkret in Betracht kommende Bewährungsauflagen hinzuweisen, die nach § 56b Abs. 1 S. 1 Strafgesetzbuch (StGB) der Genugtuung für das begangene Unrecht dienen und deren Erteilung Voraussetzung für die in Aussicht gestellte Strafaussetzung ist.

Darauf hat der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 29.01.2014 – 4 StR 254/13 – hingewiesen.

Die Verständigung im Strafverfahren ist nur dann mit dem Grundsatz des fairen Verfahrens zu vereinbaren, wenn durch eine vorherige Belehrung sichergestellt ist, dass der Angeklagte vollumfänglich über die Tragweite seiner Mitwirkung informiert ist. Nur in diesem Fall ist gewährleistet, dass er autonom darüber entscheiden kann, ob er von seiner Freiheit, die Aussage zu verweigern, Gebrauch macht oder sich auf eine Verständigung einlässt. Diese Grundsätze erfordern es, dass das Gericht vor einer Verständigung offenlegt, dass es die Verhängung einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe allein nicht für ausreichend hält, sondern zur Verwirklichung der Genugtuungsfunktion des Strafverfahrens Bewährungsauflagen in Betracht zieht. Denn nur wenn der Angeklagte über den gesamten Umfang der Rechtsfolgenerwartung bei der Verständigung informiert ist, kann er autonom eine Entscheidung über seine Mitwirkung treffen.
Bewährungsauflagen sind Bestandteil dieser Rechtsfolgenerwartung. Sie dienen gemäß § 56b Abs. 1 S. 1 StGB der Genugtuung für das begangene Unrecht und stellen damit eine strafähnliche Sanktion dar. Erst die Kenntnis des Umstandes, dass ihm neben der zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe weitere Maßnahmen mit Vergeltungscharakter drohen, die – wie im Fall von Zahlungs- oder Arbeitsauflagen, die in Zahlungsauflagen umgewandelt werden können – eine erhebliche Belastung darstellen können, versetzt den Angeklagten in die Lage, von seiner Entscheidungsfreiheit, ob er auf das Angebot des Gerichts eingehen möchte, auf einer hinreichenden tatsächlichen Grundlage Gebrauch zu machen. 

 


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