Bei einer Kollision zwischen einem abbiegenden und einem entgegenkommenden Fahrzeug: Wann spricht der Anscheinsbeweis für 

Bei einer Kollision zwischen einem abbiegenden und einem entgegenkommenden Fahrzeug: Wann spricht der Anscheinsbeweis für 

…. einen schuldhaften Verstoß des Abbiegers und wann kann der Anscheinsbeweis erschüttert sein?

Mit Urteil vom 10.11.2023 – 13 S 33/23 – hat die 13. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Saarbrücken in einem Fall, in dem eine Autofahrerin,

  • die mit einem PKW nach links abbiegen wollte, um auf den Parkplatz eines privaten Firmengeländes zu gelangen,

vor dem Abschluss des Abbiegevorgangs,

  • als sich Fahrzeug noch zum Großteil auf der Gegenfahrbahn befand, 

mit einem entgegenkommenden Motorrad kollidiert war, 

  • dessen Fahrer zuvor an einem vor ihm fahrenden und zur Durchführung eines beabsichtigten Linksabbiegevorgangs verkehrsbedingt – nach vorheriger Einordnen nach links sowie Ankündigung der Linksabbiegeabsicht – haltenden PKWs rechts vorbeigefahren war,

darauf hingewiesen, dass, wenn es in 

  • unmittelbarem zeitlichen und örtlichen 

Zusammenhang mit einem 

  • Abbiegen

zu einem Zusammenstoß zwischen 

  • dem Abbiegenden und 
  • dem entgegenkommenden Verkehr 

kommt, grundsätzlich bereits der 

  • Beweis des ersten Anscheins 

für einen 

  • schuldhaften

Verstoß des Abbiegers 

  • gegen die Vorschrift des § 9 Abs. 3 Satz 1 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO)

spricht, nach der, 

  • wer abbiegen will, entgegenkommende Fahrzeuge durchfahren lassen muss

und dass dies sogar dann gilt, wenn feststeht, dass der Linksabbieger 

  • in der Kreuzung 

gestanden hat.

Erschüttert sein kann danach der gegen den Linksabbieger sprechende Anscheinsbeweis, wenn die 

  • ernsthafte

Möglichkeit besteht, dass der Vorfahrtsberechtigte bei Beginn des Abbiegemanövers 

  • für den Wartepflichtigen noch nicht sichtbar oder 
  • zumindest so weit entfernt gewesen ist, dass der Abbiegende eine Gefährdung als ausgeschlossen erachten durfte,

was grundsätzlich der Fall sein kann, wenn ein Vorfahrtsberechtigter 

  • sich mit überhöhter Geschwindigkeit nähert oder 
  • einen Vorausfahrenden, der wiederum links abbiegt, ohne angemessenen Seitenabstand, unter Verlassen der Fahrbahn oder bei unklarer Verkehrslage rechts überholt.

Der Fall, dass der Linksabbieger 

  • wegen vorhandener Sichthindernisse 

den Gegenverkehr nicht überblicken kann, gehört dagegen 

  • nicht

zu den Tatbeständen, bei denen der Anscheinsbeweis erschüttert ist, weil,  

  • ausgehend davon, dass jeder Linksabbieger sich vor Einleitung des Abbiegevorgangs vergewissern muss, dass er den Abbiegevorgang so rechtzeitig und vollständig abschließen kann, dass er keine Gefahr für den (gesamten) Gegenverkehr darstellt, 

den Abbieger, dem die Sicht auf den entgegenkommenden Verkehr 

  • ganz oder teilweise 

genommen ist, eine 

  • gesteigerte Sorgfalts- und ggf. Wartepflicht

trifft und er sich dann 

  • langsam in den Kreuzungsbereich hineintasten muss und
  • nicht darauf vertrauen darf, dass kein entgegenkommender Verkehr vorhanden ist.