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Wer sich freiwillig auf einen gemeinsamen Tanz mit einem Partner einlässt, kann im Falle eines Tanzunfalls

…. keinen Schadensersatz vom Tanzpartner verlangen und zwar auch dann nicht, wenn von diesem die Initiative zu dem Paartanz ausgegangen ist.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main mit Beschluss vom 02.08.2017 – 13 U 222/16 – in einem Fall hingewiesen, in dem die Klägerin von dem Beklagten deswegen Schadensersatz wollte, weil

  • der Beklagte auf einer Geburtstagsfeier, nachdem er sie zum Tanz aufgefordert und von ihr geäußert worden war, nicht tanzen zu können und „das Ganze zu schnell für sie sei,“ mit ihr zu tanzen begonnen,
  • er sie während des Tanzes dann bei einer schwungvollen Drehbewegung, wohl um selbst eine Drehung auszuführen, losgelassen und
  • sie daraufhin das Gleichgewicht verloren hatte, gestürzt war und sich dabei erheblich verletzt hatte.

Dass der Beklagte für die Folgen eines solchen Tanzunfalles nicht haftet, hat das OLG damit begründet, dass

  • die Gefahr eines Sturzes beim Tanz grundsätzlich bestehe, was auch für die Klägerin erkennbar gewesen sei,
  • die Klägerin, die mit den üblicherweise beim Paartanz zur Anwendung kommenden Tanzschritten und Drehungen des Tanzpartners habe rechnen müssen, sich dem Tanzwunsch des Beklagten, obwohl ihr dies möglich sowie zumutbar gewesen wäre, nicht klar und eindeutig widersetzt bzw. entzogen, sondern sich letztlich freiwillig auf den Tanz eingelassen habe und
  • wegen dieser im Vordergrund stehenden eigenen Willensbestimmung der Klägerin sowie der damit verbundenen Selbstgefährdung, für die sie selbst verantwortlich sei,

dem Beklagten die Unfallfolgen haftungsrechtlich nicht zuzurechnen seien (Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt am Main vom 07.09.2017).

OLG Nürnberg lässt Dashcam-Aufzeichnungen zur Beweisführung im Zivilprozess zu

Mit Beschluss vom 10.08.2017 – 13 U 851/17 – hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Nürnberg, darauf hingewiesen, dass

  • jedenfalls dann, wenn im Zivilprozess zum Nachweis eines konkreten Verkehrsunfallgeschehens andere zuverlässige Beweismittel nicht zur Verfügung stehen,

Aufzeichnungen von Kameras, die in Fahrtrichtung fest auf dem Armaturenbrett eines Fahrzeugs installiert sind (sog. „Dashcams“), verwertet werden dürfen.

Begründet hat der Senat dies damit, dass in solchen Fällen, bei der vorzunehmenden Interessen- und Güterabwägung

  • das Interesse des Beweisführers an einem effektiven Rechtsschutz und seinem Anspruch auf rechtliches Gehör
  • das Interesse des Unfallgegners an dessen Persönlichkeitsrecht überwiegt.

Denn dem Interesse des einen Unfallbeteiligten daran,

  • dass sein im öffentlichen Verkehrsraum stattfindendes Verhalten nicht für einen kurzen Zeitraum dokumentiert werde,

stehe, so der Senat,

Was Fluggäste wissen sollten, wenn ihr gebuchter Flug annulliert wird oder am Zielflughafen erst mit großer Verspätung ankommt

Nach Art. 7 der Fluggastrechteverordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004 – FluggastrechteVO) haben Anspruch auf eine Ausgleichszahlung

  • nicht nur, wie in Art. 5 der FluggastrechteVO bestimmt, die Fluggäste annullierter Flüge,
  • sondern auch die Fluggäste verspäteter Flüge, bei einer Verspätung von drei Stunden oder mehr am Endziel,
    • wobei Endziel ist,
      • der Zielort auf dem am Abfertigungsschalter vorgelegten Flugschein,
      • bei direkten Anschlussflügen der Zielort des letzten Fluges und
    • zur Bestimmung des Ausmaßes der Verspätung abzustellen ist auf den Zeitpunkt,
      • zu dem mindestens eine der Flugzeugtüren geöffnet wird,
      • sofern den Fluggästen in diesem Moment das Verlassen des Flugzeugs gestattet ist.

Die Ausgleichszahlung beträgt,

  • 250 Euro bei Flügen über eine Entfernung von 1.500 km oder weniger,
  • 400 Euro bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1.500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1500 km und 3500 km sowie
  • bei allen nicht hierunter fallenden Flügen 600 Euro.

Hat es sich

  • um einen Flug mit Anschlussflügen gehandelt,

ist maßgebend für die Entfernungsberechnung

  • die Luftlinienentfernung (Großkreisentfernung) zwischen dem Startflughafen und dem Zielflughafen,
  • also die Luftlinienentfernung, die ein Direktflug zwischen dem Start- und dem Zielflughafen zurücklegen würde.

Das heißt, bei einem gebuchten Flug

  • beispielsweise von Rom über Brüssel nach Hamburg,
  • der in Hamburg mit einer Verspätung von drei Stunden oder mehr gegenüber der ursprünglich vorgesehenen Ankunftszeit ankommt,

richtet sich die Höhe des Ausgleichs der dem Fluggast zusteht, nach

  • der Luftlinienentfernung zwischen dem Startflughafen Rom und dem Zielflughafen Hamburg
  • und nicht nach der Luftlinienentfernung zwischen Rom und Brüssel zuzüglich der Luftlinienentfernung zwischen Brüssel und Hamburg.

Das hat die Achte Kammer des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) in der Rechtssache C-559/16 mit Urteil vom 07.09.2017 entschieden.

Begründet hat die Kammer das damit, dass nach der FluggastrechteVO,

  • da diese im Rahmen des Ausgleichsanspruchs nicht unterscheidet, ob die betroffenen Fluggäste ihr Endziel mittels eines Direktflugs oder eines Flugs mit Anschlussflug erreichen,

die Fluggäste in beiden Fällen bei der Berechnung der Höhe des Ausgleichs gleichzubehandeln sind (Quelle: Pressemitteilung des EuGH vom 07.09.2017 – Nr. 92/17 –).

Radfahrer verlieren ihr Vorfahrtsrecht nicht dadurch, dass sie einen Radweg entgegen der Fahrtrichtung befahren

… haften aber mit bei einer Kollision mit einem wartepflichtigen Pkw.

Darauf hat der 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm vom 04.08.2017 – 9 U 173/16 – hingewiesen.

Danach haftet ein Autofahrer zwar überwiegend,

  • wenn er aus einer untergeordneten Straße kommt und beim Überqueren der bevorrechtigten Straße oder beim Abbiegen nach rechts in die bevorrechtigte Straße mit einem Radfahrer kollidiert,
  • der den dort vorhandenen kombinierten Geh- und Radweg verbotswidrig entgegen der Fahrtrichtung befährt,

weil

  • ein Radfahrer sein Vorfahrtsrecht gegenüber kreuzenden und einbiegenden Fahrzeugen aus untergeordneten Straßen auch dann behält,
  • wenn er verbotswidrig den linken von zwei vorhandenen Radwegen nutzt.

Jedoch haftet der Radfahrer in einem solchen Fall deshalb für die Unfallfolgen mit, weil er den Unfall,

  • durch das verbotswidrige Befahren des an der Unfallstelle vorhandenen Geh- und Radwegs entgegen der freigegebenen Fahrtrichtung,

mitverschuldet hat (Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm vom 30.08.2017).

Fahrzeugeigentümer, die gegen ihre Kaskoversicherung Ansprüche auf Entschädigung wegen Diebstahls geltend machen wollen

…. sollten vor Gericht nicht lügen, weil dies dazu führen kann, dass die für den Versicherungsnehmer streitende „Redlichkeitsvermutung“ widerlegt und ihre Klage deswegen erfolglos sein kann.

Kann ein Versicherungsnehmer, der erfolgreich einen Kaskoanspruch wegen eines Diebstahls geltend machen will, im Streitfall,

  • weil der Kaskoversicherer beispielsweise behauptet, dass der Diebstahl vorgetäuscht sei,

den geltend gemachten Versicherungsfall „Diebstahl“, was der Regelfall sein dürfte, nicht beweisen,

  • muss zumindest das so genannte äußere Bild eines Diebstahls,
  • also beispielsweise bei einem Fahrzeugteilediebstahl, das unversehrte Abstellen und Zurücklassen des Fahrzeugs durch den Versicherungsnehmer vor einem späteren Auffinden in beschädigtem Zustand,

erwiesen sein.

Kann dies durch Zeugen nicht bewiesen werden, kann das äußere Bild eines Diebstahls

  • zwar auch durch die Angaben des Versicherungsnehmers bewiesen werden,

allerdings nur, wenn die für ihn streitende Redlichkeitsvermutung nicht erschüttert ist und erschüttert kann diese Redlichkeitsvermutung sein,

  • wenn der Versicherungsnehmer nach Auffassung des Gerichts bewusst die Unwahrheit sagt, um zu versuchen, seiner Klage zum Erfolg zu verhelfen,
  • weil dies dann zu schwerwiegenden Zweifeln an der Redlichkeit und Glaubwürdigkeit des Versicherungsnehmers führen kann.

Das folgt aus dem Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm vom 09.08.2017 – 20 U 184/15 –.

Kann ein, während einer Beziehung dem Partner gemachtes Geschenk, nach der Trennung zurückverlangt werden

…. wenn eine ausdrückliche Abrede nicht getroffen worden ist?

Mit Urteil vom 23.06.2017 – 3 O 280/16 – hat das Landgericht (LG) Köln darauf hingewiesen, dass Zuwendungen, die dem Partner im Rahmen einer ehelichen oder nichtehelichen Lebensgemeinschaft gemacht werden,

  • nicht ohne weiteres zurückverlangt werden können,
  • sondern dies nur in Betracht kommt,
    • entweder, soweit Leistungen in Rede stehen, die über das hinausgehen, was die Gemeinschaft Tag für Tag benötigt und die bei einem oder beiden Partnern zur Bildung von der Beendigung der Lebensgemeinschaft überdauernden Vermögenswerten geführt haben
    • oder, wenn der Zuwendung nach den individuellen Vermögensverhältnissen eine so außergewöhnlich hohe Bedeutung zukommt, dass dem Leistenden die Beibehaltung der durch die Leistungen geschaffenen Vermögensverhältnisse nach Treu und Glauben nicht zuzumuten ist.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall, in dem der Kläger,

  • der während der Beziehung der Parteien zu Gunsten der Beklagten einen Mini One für 6.000 Euro angeschafft hatte,
  • damit diese auch nach einem geplanten Umzug in eine gemeinsame Wohnung ihrer Arbeit noch nachgehen konnte,

nach der Trennung das weiter von der Beklagten gefahrene Auto zurück haben wollte, ist seine Klage vom LG Köln mit der Begründung abgewiesen worden, dass

  • unter Berücksichtigung der Vermögensverhältnisse des Klägers
  • die von ihm durch die Zuwendung des Mini One geschaffenen Vermögensverhältnisse nicht so unbilligen seien, dass deren Beibehaltung ihm nicht zuzumuten wäre.

Kann die Erbschaft eines überschuldeten Nachlasses angefochten werden?

Der für Nachlasssachen zuständige 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Köln hat mit Beschluss vom 15.05.2017 – 2 Wx 109/17 – darauf hingewiesen, dass das unter Umständen möglich ist.

Danach können Erben,

  • wenn sie die sechswöchige Frist zur Ausschlagung der Erbschaft (vgl. § 1944 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) haben verstreichen lassen, mit der Folge, dass die Erbschaft gemäß § 1943 BGB als angenommen gilt,
  • der Nachlass überschuldet ist und
  • sie sich falsche Vorstellungen hinsichtlich der Zusammensetzung des Nachlasses gemacht und deswegen die Erbschaft nicht ausgeschlagen haben,

die Erbschaft gem. § 119 Abs. 2 BGB wegen Irrtums über die Überschuldung des Nachlasses anfechten.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall ist vom Senat eine solche Anfechtung wegen Irrtums über die Überschuldung des Nachlasses deshalb für berechtigt erachtet worden,

  • weil dem Erben bekannt war, dass die Erblasserin ein Jahr vor ihrem Tod eine Abfindung in Höhe von rund 100.000 Euro erhalten und ein Kontoauszug einige Monate vor ihrem Tod ein Kontoguthaben von ca. 60.000 Euro ausgewiesen hatte,
  • der Erbe angesichts dieser konkreten Anhaltspunkte und mangels weiterer Informationen hatte erwarten dürfen, dass der Nachlass werthaltig ist und
  • sich diese Erwartung nicht erfüllt hatte (Quelle: Pressemitteilung des OLG Köln vom 04.09.2017).

LG Heilbronn entscheidet, dass Käufer eines PKW Audi Q 3, EURO-Norm 5, mit dem Dieselmotor EA 189

…. vom Verkäufer die Rückabwicklung des Kaufvertrages verlangen kann, jedoch im Rahmen der Rückgabe eine Nutzungsentschädigung zu berücksichtigen ist.

Mit Urteil vom 15.8.2017 – 9 O 111/16 – hat die 9. Kammer des Landgerichts (LG) Heilbronn entschieden, dass Käufer eines neuen PKW Audi Q3, EURO-Norm 5, mit einem Dieselmotor EA 189, berechtigt sind – ohne dass es hierzu einer vorherigen Aufforderung zur Nachbesserung bedarf –

  • vom Kauf zurückzutreten und
  • vom Verkäufer die Rückabwicklung des Kaufvertrages zu verlangen,

da

  • der Motor dieses Fahrzeugs mit einer Umschaltsoftware ausgestattet ist, die die Abgasrückführung in zwei verschiedenen Modi betreibt, je nachdem, ob es sich auf dem Prüfstand (Modus 1) oder im realen Fahrbetrieb (Modus 0) befindet und
  • bei dem die mit Hilfe dieser Vorrichtung auf dem Prüfstand erzielten Abgaswerte damit nicht nur deshalb von denjenigen im realen Fahrbetrieb abweichen, weil der durchgeführte Fahrzyklus nicht dem realen Fahrbetrieb entspricht, sondern weil die Abgasrückführungsrate im Prüfbetriebsmodus (Modus 1) höher ist, als auf der Straße (Modus 0)

und

  • diese beim Kauf eingebaut gewesene Software zu einem merkantilen Minderwert führt,
  • der nicht nachgebessert werden kann.

Zur Begründung ausgeführt hat die Kammer, dass ein bei der Übergabe mit einer solchen Umschaltsoftware ausgestattetes Fahrzeug nicht die Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach Art der Sache erwarten konnte und demzufolge mit einem nicht nur unerheblichen Sachmangel behaftet ist, § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

  • Der Durchschnittskäufer eines Neufahrzeuges darf nämlich objektiv erwarten, dass in dem von ihm erworbenen Fahrzeug eine solche, auf Täuschung der zuständigen Kontrollinstanzen angelegte und vorschriftswidrige Vorrichtung nicht vorhanden ist.

Beworben wurden die Fahrzeuge vom Hersteller, so die Kammer, mit den Abgaswerten, die sie im Testbetrieb (Modus 1) erreicht hatten. Dieses ist eine Beschaffenheitsgarantie im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB, da auch dem Verkäufer diese Werte bekannt waren.

  • Beim Käufer wurde dadurch nicht nur der Eindruck erweckt, dass diese Fahrzeuge im Realbetrieb zumindest ähnliche Werte erreichen – es wurde vor allem der Eindruck erweckt, die Motoren dieser Fahrzeuge würden im Realbetrieb betreffend die Abgasreinigung genauso betrieben, wie im Testbetrieb.

Dass dem nicht so war, ist eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit.

Ferner zeigt nach Auffassung der Kammer ein einfaches Gedankenexperiment, dass auch nach einem Software-Update das Fahrzeug die beim Verkauf zugesagte Beschaffenheit nicht erreicht und warum ein merkantilen Minderwert bei dem Fahrzeug verbleibt:

  • Die Ingenieure der Motorenentwicklung hätten, wenn sie durch das jetzige Update die Möglichkeit gesehen hätten, die zugesagten Abgaswerte zu erreichen, dieses Update gleich bei der Produktion des Motors eingebaut – sie hätten sich also die Entwicklung und Programmierung des Modus 0 schlicht erspart und die Fahrzeuge im Modus 1 hergestellt und ausgeliefert.
    Dass jemand zusätzlichen Aufwand betreibt um das zu erreichen, was er ohne vorherigen Aufwand bereits hatte, ist in der auf Gewinnmaximierung ausgerichteten Automobilbranche nicht vorstellbar.
    Es wurde vielmehr „geschummelt“, um den Test zu bestehen, sodann das Fahrzeug mit den bei einem korrekten Test nicht erreichbaren Abgaswerten beworben und damit auch mit dieser – nicht erreichbaren – Beschaffenheit verkauft.
    Um diese Unkorrektheit bei Nachprüfungen zu verheimlichen, wurde weiter entschieden, diese „Schummel-Software“ in alle Fahrzeuge einzubauen und nicht nur in die Fahrzeuge, die offiziell getestet wurden.
  • Genau dieses System kann nur als flächendeckendes Betrugssystem bewertet werden, das zu einem so erheblichen Vertrauensverlust gegenüber Dieselmotoren des Herstellers VW führt, dass ein nicht nachbesserbarer merkantiler Minderwert nach den Gesetzen des freien Marktes offensichtlich gegeben ist.
    Die betroffenen Fahrzeuge sind auf dem Gebrauchtwagenmarkt nur mit erheblichem Abschlag zu veräußern.
  • Das tief sitzende Misstrauen der Kunden zeigt sich insbesondere in den rückläufigen Zulassungszahlen für neue Dieselfahrzeuge, obwohl diese der EURO-6-Norm entsprechen sollen.
    Dieses hat negative Auswirkung auf die Preisentwicklung der gebrauchten EURO-5-Diesel, wie dem streitgegenständlichen. Nach einem Bericht der Zeitschrift „Der Spiegel“ in der Ausgabe vom 05.08.2017 (dort Seite 15) sind die Preise für gebrauchte Dieselfahrzeuge um bis zu 25 % gefallen und sind die Zulassungszahlen für Dieselfahrzeuge im Vergleich zum Vorjahresmonat um 13 % gesunken.

LG Braunschweig weist die Klage eines Käufers eines manipulierten VW-Dieselautos gegen die Volkswagen-AG ab

…. die von einer amerikanischen Anwaltskanzlei und dem Dienstleister Myright, der nach eigenen Angaben mehr als 100.000 VW-Kunden vertritt, zu einer Art Musterklage im VW-Skandal bestimmt worden war.

Mit Urteil vom 31.08.2017 hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Braunschweig die Schadensersatzklage eines PKW-Käufers abgewiesen,

  • der im Jahr 2010 einen VW Eos 2.0 TDI mit einem Motor der Baureihe EA 189 EU 5 bei einem Autohändler erworben

und

  • nicht den Autohändler auf Gewährleistung in Anspruch genommen hatte,
  • sondern von der Volkswagen-AG Schadensersatz in Form der Rückzahlung des Kaufpreises, gegen Rückgabe des Fahrzeugs, deshalb wollte,

weil

  • von dieser, ohne Wissen des Käufers, der Motor des Fahrzeugs mit einer Software ausgestattet worden war, welche die Stickstoff-Emissionswerte auf dem technischen Prüfstand optimierte.

Begründet hat die Kammer die Klageabweisung damit, dass

  • die von der Volkswagen-AG eingebaute Software, weil es sich bei dieser um eine unzulässige Abschalteinrichtung handle, zwar gegen Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 verstoße und
  • mangels Offenlegung dieser Software gegenüber dem Kraftfahrt-Bundesamt bei der Anmeldung des Fahrzeugtyps das Fahrzeug somit nicht vollständig mit der erteilten Typgenehmigung übereinstimme,

jedoch aus diesem Verstoß,

  • da er nicht zwangsläufig zum Erlöschen der Typgenehmigung führe,
  • sondern die Typgenehmigung und damit die Zulassung des Fahrzeugs für den öffentlichen Verkehr weiterhin Bestand habe,

kein Schadensersatzanspruch resultiere.

Abgesehen davon, so die Kammer weiter,

  • seien die einschlägigen Rechtsnormen nicht als Schutzgesetze anzusehen, die einen Käufer vor Vermögensschäden bewahren sollen,
  • sondern dienten u. a. der Harmonisierung und Spezifizierung der technischen Anforderung sowie dem Gesundheits- und Umweltschutz.

Ob das Urteil, das noch nicht rechtskräftig ist, Bestand haben wird, bleibt abzuwarten (Quelle: Pressemitteilung des LG Braunschweig vom 31.08.2017).

Übrigens:
Die Klageabweisung bedeutet nicht,

  • dass von Käufern manipulierter Dieselautos gegen die Volkswagen-AG keine Ansprüche geltend gemacht werden können,
  • sondern nur, dass Klagen gegen die Volkswagen-AG mit dem Antrag auf Rücknahme des Fahrzeugs und Rückerstattung des Kaufpreises möglicherweise keinen Erfolg haben und
  • sie zeigt auch, dass eine individuelle Vorgehensweise angebracht und wichtig ist.

Vorfahrtsberechtigte die irreführend blinken haften bei einem Unfall mit

Darauf hat das Amtsgericht (AG) Oberndorf mit Urteil vom 21.04.2016 – 2 C 434/15 – hingewiesen.

Danach haftet ein an einer Kreuzung Wartepflichtiger im Falle eines Unfalls zwar überwiegend, wenn

  • sich aus seiner Sicht von links ein vorfahrtsberechtigtes nach rechtsblinkendes Fahrzeug der Kreuzung nähert,
  • ohne seine Geschwindigkeit zu verringern und

es zur Kollision der beiden Fahrzeuge kommt, weil

  • der Wartepflichtige im Vertrauen darauf losfährt, dass der Vorfahrtsberechtigte abbiegen wird,
  • dieser aber stattdessen geradeaus (weiter) fährt.

Denn sind,

  • abgesehen von einem gesetzten Blinker,

bei einem vorfahrtsberechtigten Fahrzeug

  • keine weiteren Anhaltspunkte für ein Abbiegen (wie zum Beispiel: Verlangsamung der Geschwindigkeit) ersichtlich,

darf ein Wartepflichtiger aufgrund seiner gesteigerten Sorgfaltspflicht nicht auf ein Abbiegen vertrauen,

  • so dass bei der Haftungsverteilung gemäß § 17 Abs. 1 und Abs. 2 Straßenverkehrsgesetz (StVG) zu seinen Lasten die Vorfahrtspflichtverletzung gem. § 8 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) zu berücksichtigen ist.

Der Vorfahrtsberechtigte haftet für die Unfallfolgen in einem solchen Fall jedoch deshalb mit, weil,

  • wer als Vorfahrtsberechtigter vor einer Kreuzung rechts blinkt und gerade aus fährt,

einen Verkehrsverstoß gemäß § 1 Abs. 2 StVO (irreführendes Blinken) begeht.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall ist vom AG auf eine Mithaftung des Vorfahrtsberechtigten in Höhe von 1/3 erkannt worden.