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Was Großeltern über ihr Umgangsrecht zu ihren Enkeln wissen sollten

Gemäß § 1685 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) haben Großeltern ein 

  • gegebenenfalls auch gegen den Willen der Kindeseltern durchsetzbares

Recht auf Umgang mit ihrem Enkelkind dann, wenn 

  • der Umgang 

dem Wohl des Kindes dient, wobei für die Frage, 

  • was dem Wohl des Kindes dient, 

§ 1626 Abs. 3 Satz 2 BGB,

  • wonach der Umgang mit anderen Personen (als den Eltern), zu denen das Kind Bindungen besitzt, zum Wohl des Kindes gehört, wenn deren Aufrechterhaltung für seine Entwicklung förderlich ist, 

als Auslegungshilfe herangezogen werden kann.

Voraussetzung für die positive Vermutung, dass der 

  • Großelternumgang kindeswohldienlich 

ist, ist somit nicht nur, 

  • dass tragfähige Bindungen des Kindes zu den Großeltern bestehen,

sondern darüber hinaus, 

  • dass die Aufrechterhaltung der Bindungen für die Entwicklung des Kindes (auch) förderlich ist.

Nicht dem Wohl des Kindes dient ein Großelternumgang beispielsweise regelmäßig dann, wenn

  • die – einen solchen Umgang ablehnenden – Eltern und die Großeltern so zerstritten sind, dass das Kind bei einem Umgang in einen Loyalitätskonflikt geraten könnte

oder

Deswegen ist auch in einem Fall, in dem die Großeltern väterlicherseits 

  • von der Mutter der Kinder, mit der sie zerstritten waren, 

die Zulassung eines regelmäßigen Wochenend- und Ferienumgangs gefordert hatten, aber in der Gerichtsverhandlung festgestellt worden war, dass die Großeltern 

  • sich wiederholt abwertend über die Kindesmutter und deren Biographie geäußert, 
  • dabei auch, ohne dass dazu ein berechtigter Anlass bestanden hätte, deren Erziehungseignung in Frage gestellt und 
  • sich selbst als Akademiker und gut situiertes Ehepaar als besser geeignet zur Förderung der Kinder dargestellt hatten,

vom 2. Familiensenat des Oberlandesgerichts (OLG) Braunschweig mit Beschluss vom 30.06.2021 – 2 UF 47/21 – der Antrag der Großeltern

  • auf Durchsetzung eines eigenen Umgangsrechts 

zurückgewiesen worden (Quelle: Pressemitteilung des OLG Braunschweig).

OLG Frankfurt entscheidet: Landkreis muss der Mutter eines einjährigen Sohnes 23.000 Euro Verdienstausfall wegen

…. verspäteter Zurverfügungstellung eines KITA-Platzes zahlen.

Mit Urteil vom 28.05.2021 – 13 U 436/19 – hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main in einem Fall in dem einer Mutter trotz rechtzeitiger Anmeldung des Bedarfs

  • von dem für ihren Wohnsitz als Träger der öffentlichen Jugendhilfe zuständigem Landkreis 

kein zumutbarer Betreuungsplatz für ihren einjährigen Sohn zur Verfügung gestellt worden war, den Landkreis   

  • wegen Verletzung seiner Amtspflicht zur unbedingten Gewährleistung eines Betreuungsplatzes

verurteilt, der Mutter den 

  • von ihr infolge des Fehlens eines Betreuungsplatzes

erlittenen Verdienstausfalls in Höhe von gut 23.000,00 Euro zu ersetzen.

Begründet hat das OLG dies damit, dass Kinder 

  • ab Vollendung des ersten Lebensjahres 

Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer 

  • Tageseinrichtung oder Kindertagespflege 

haben und sich daraus die Amtspflicht des Trägers der Jugendhilfe ergibt, jedem anspruchsberechtigten Kind, 

  • für welches rechtzeitig Bedarf angemeldet wurde, 

einen angemessenen Platz 

  • im Sinne eines aktiven Vermittelns bzw. Verschaffens 

nachzuweisen.

Wie das OLG weiter ausgeführt hat, ist der Träger der Jugendhilfe verpflichtet sicherzustellen, dass 

  • eine dem Bedarf entsprechende Anzahl von Betreuungsplätzen vorgehalten wird,

besteht diese Pflicht 

  • auch nicht etwa nur im Rahmen der vorhandenen, von den Gemeinden geschaffenen Kapazitäten, 

sondern sind die Träger der Jugendhilfe aufgrund ihrer Gesamtverantwortung gehalten, 

  • eine ausreichende Anzahl von Betreuungsplätzen selbst zu schaffen oder durch geeignete Dritte bereitzustellen

und ist ein tatsächlich nachgewiesener Platz nur dann zumutbar, wenn der Platz auch dem konkret-individuellen Bedarf 

  • des Kindes und 
  • seiner Eltern 

in 

  • zeitlicher und 
  • räumlicher

entspricht (Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt)   

Dieselgate: Wichtig zu wissen für Käufer eines vom Dieselskandal betroffenen Neuwagens, deren Ansprüche aus § 826 BGB

…. verjährt sind und die den Kaufvertrag unmittelbar mit dem Fahrzeughersteller geschlossen haben.

Sie jedenfalls können von dem Fahrzeughersteller gemäß § 852 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auch jetzt noch Ersatz ihres Restschadens verlangen.

Mit Urteil vom 25.06.2021 – 12 O 406/20 – hat die 12. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Saarbrücken in einem Fall, in dem ein Käufer 

  • unmittelbar

bei einem Fahrzeughersteller einen Neuwagen erworben hatte und dem Käufer,  

  • weil die Motorsteuerungssoftware des Fahrzeugs vom Fahrzeughersteller bewusst und gewollt so programmiert worden war, dass die gesetzlichen Abgasgrenzwerte mittels einer unzulässigen Abschalteinrichtung nur auf dem Prüfstand, nicht jedoch im Straßenbetrieb eingehalten wurden, 

wegen dieser vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung, 

  • aufgrund Inverkehrbringens eines Fahrzeugs mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung,

gegen den Fahrzeughersteller ein Schadensersatzanspruch 

  • aus §§ 826, 31 BGB 

zustand, entschieden, dass dann,

  • wenn dieser Anspruch des Fahrzeugkäufers auf Schadensersatz aus §§ 826, 31 BGB nach §§ 195, 199 I BGB verjährt ist, 
  • diesem Anspruch vom Fahrzeughersteller also mit Erfolg die Einrede der Verjährung (§ 214 BGB) entgegengehalten werden kann,  

der Fahrzeughersteller dem Fahrzeugkäufer 

  • Restschadensersatz nach § 852 Satz 1 BGB 

schuldet (so auch das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg mit Urteilen vom 22.04.2021 – 14 U 225/20 – und vom 02.03.2021 – 12 U 161/20 – sowie das OLG Stuttgart mit Urteil vom 09.03.2921 – 10 U 339/20 –).

Der Anspruch aus § 852 BGB, nach dem

  • ein Ersatzpflichtiger, der durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt hat 
    • – so wie hier den Geldbetrag den der Fahrzeughersteller, der gleichzeitig auch der Fahrzeugverkäufer war, aufgrund des Kaufvertrages erhalten hat – 
  • auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus der unerlaubten Handlung entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet ist,

wird begrenzt,

  • zum einen durch die Höhe des auf Kosten des Geschädigten erlangten Etwas sowie 
  • zum anderen durch die Höhe des verjährten Anspruchs 
    • – hier aus § 826 BGB –

und verjährt erst in zehn Jahren von seiner Entstehung an.

Das bedeutet,

  • auch nach Verjährung ihres Anspruchs aus § 826 BGB,

haben Fahrzeugkäufer,

  • die ihr Neufahrzeug vom Hersteller erworben haben und 
  • von diesem vorsätzlich sittenwidrig geschädigt worden sind,   

nach § 852 BGB Anspruch auf (Rück-)Zahlung des Kaufpreises,

  • abzüglich der gezogenen Nutzungen, Zug um Zug gegen (Rück)Übereignung des Fahrzeugs bzw.,
  • sofern das Fahrzeug weiterveräußert wurde, unter Anrechnung des erzielten Verkaufspreises.

LG Limburg spricht einjährigem Kind eine Million Euro Schmerzenzgeld wegen zu schwersten Hirnschäden führender

…. Fehlbehandlung zu.

Mit Urteil vom 28.06.2021 – 1 O 45/15 – hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Limburg ein Krankenhaus, eine Krankenschwester und eine Belegärztin als Gesamtschuldner verurteilt, 

  • einem einjährigen Jungen 

1.000.000 Euro Schmerzenzgeld zu zahlen und ihm sämtliche, 

  • infolge seiner fehlerhaften Behandlung  

künftig noch entstehende immateriellen sowie materiellen Schäden zu ersetzen. 

Der einjährige Junge,

  • der im Krankenhaus zur Behandlung eines Infekts war, 

hatte sich, 

  • als er von einer Krankenschwester über einen Portzugang ein Antibiotikum erhalten sollte, vor Aufregung darüber, 

an einem unmittelbar zuvor gegessenen Stück Apfel 

  • das noch in seinem Mund verblieben war, 

derart verschluckt, dass die 

  • Gefahr des Erstickens 

bestand und bei den daraufhin vom Klinikpersonal durchgeführten Rettungsmaßnahmen war es 

  • aufgrund von Fehlern  

bei dem Jungen 

  • zu einem Sauerstoffmangel und 
  • infolgedessen zu gravierenden Hirnschäden 

gekommen, mit der Folge, dass der Junge 

  • seither schwerbehindert ist, 

er sich auch 10 Jahre danach 

  • kaum bewegen oder mitteilen kann sowie 
  • rund um die Uhr betreut sowie versorgt werden muss 

und 

  • selbst Essen und Schlafen für ihn infolge von Schluckbeschwerden und Epilepsie mit Angstzuständen verbunden sind (Quelle: Juris Das Rechtsportal).

Dieselgate: Wichtig zu wissen für Besitzer eines Mercedes GLC- und GLK-Fahrzeugmodells mit dem Motortyp OM651

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) geht davon aus, dass von der 

  • Daimler AG 

in mehreren Fahrzeugmodellen absichtlich 

  • unzulässige Abschalteinrichtungen 

verbaut worden sind, mit deren Hilfe Fahrzeughersteller dafür sorgen können, dass Fahrzeuge die zulässigen Grenzwerte für Abgase 

  • während der Typengenehmigung einhalten, 
  • im Straßenverkehr dann aber deutlich überschreiten

und dass deshalb Käufer solcher Fahrzeuge, 

  • wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung aus § 826 Bürgerliches Besetzbuch (BGB),

Schadensersatz von der Daimler AG verlangen können.

Um betroffenen Fahrzeugkäufern den Weg zum Schadensersatz zu erleichtern hat der vzbv am 07.07.2021 eine Musterfeststellungsklage gegen die Daimler AG vor dem OLG Stuttgart eingereicht. 

  • Anlass waren die zahlreichen Rückrufe des Kraftfahrtbundesamtes von Mercedes GLC- und GLK-Fahrzeugmodellen mit dem Motortyp OM651 aufgrund unzulässiger Abschalteinrichtungen.

Die Musterfeststellungsklage fokussiert sich auf den 

  • Motortyp OM651, 

der u.a. in nahezu 

  • 50.000 Mercedes GLC- und GLK-Fahrzeugmodellen 

in Deutschland verbaut ist. 

Diesen Fahrzeugen droht, 

  • ohne das Aufspielen eines behördlich angeordneten Software-Updates 

die Stilllegung und die Schadensersatzansprüche der Fahrzeugkäufer 

  • die Rückrufe schon im Jahr 2018 erhalten haben, 

könnten zum Ablauf des Jahres 2021 verjähren (Quelle: Pressemitteilung des Verbraucherzentrale Bundesverbandes e.V.).

Übrigens:
Besitzer eines PKW Mercedes Benz mit Dieselmotor, die Schadensersatzansprüche gegen die Daimler AG geltend machen möchten, 

  • beraten wir über das mögliche Vorgehen gern und 
  • finden auch schon vorweg Infos in unserem Blog unter dem Suchbegriff Dieselgate.  

ArbG Köln entscheidet: Weigerung eines Arbeitnehmers eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, kann,

…. nach erfolgloser Abmahnung, eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen.

Mit Urteil vom 17.06.2021 – 12 Ca 450/21 – hat die 12. Kammer des Arbeitsgerichts (ArbG) Köln entschieden, dass ein Arbeitgeber, der

  • aufgrund der Pandemiesituation 

allen bei ihm im Außendienst beschäftigten Arbeitnehmern die Anweisung erteilt hat, bei der 

  • Arbeit bei Kunden 

eine 

  • Mund-Nasen-Bedeckung

zu tragen, das Arbeitsverhältnis mit einem Arbeitnehmer

  • fristlos

kündigen kann, der 

  • auch nach erfolgter Abmahnung 

nur dann bereit ist, den Serviceauftrag bei einem 

  • auf das Tragen einer Maske ausdrücklich bestehenden 

Kunden durchzuführen, wenn er 

  • keine Maske tragen muss. 

Übrigens:
Um eine Befreiung von der Maskenpflicht aus gesundheitlichen Gründen zu rechtfertigen, ist ein Attest 

  • ohne konkrete Diagnose eines Krankheitsbildes, 

das also beispielsweise lediglich lautet, dass es dem Arbeitnehmer 

  • „aus medizinischen Gründen unzumutbar ist, eine nicht-medizinische Alltagsmaske oder eine vergleichbare Mund-Nasen-Bedeckung im Sinne der SARS-COV-2 Eindämmungsmaßnahmenverordnung zu tragen“

nicht hinreichend aussagekräftig und muss deshalb auch von einem Arbeitgeber nicht anerkannt werden (Quelle: Pressemitteilung des ArbG Köln). 

OLG Karlsruhe entscheidet wann eine Betriebsschließungsversicherung bei einer Corona-bedingten Betriebsschließung

…. leistungspflichtig ist.

Mit zwei Urteilen vom 30.06.2021 – 12 U 4/21, 12 U 11/21 – hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe darauf hingewiesen, dass die Frage, ob eine Betriebsschließungsversicherung bei einer 

  • Corona-bedingten Betriebsschließung 

eines Hotel- bzw. Gaststättenbetriebs für eingetretene Verluste des Betreibers zahlen muss, abhängt, von der  

  • Formulierung der Versicherungsbedingungen 

sowie davon, ob eine Versicherungsbedingung, die den Versicherungsschutz auf einen Katalog von Krankheiten und Erregern, 

  • welcher das neuartige Corona-Virus nicht umfasst, 

beschränkt,

  • wirksam

oder mangels hinreichender Klarheit und Verständlichkeit, wegen Verstoßes gegen das gesetzliche Transparenzgebot für Allgemeine Geschäftsbedingungen 

  • unwirksam

ist, mit der Rechtsfolge, dass dann,

  • aufgrund der Unwirksamkeit der Versicherungsbedingung, die den Versicherungsschutz auf einen Katalog von Krankheiten und Krankheitserregern begrenzt,

Versicherungsschutz für eine bedingungsgemäße Betriebsschließung auch 

  • aufgrund des Auftretens von Krankheiten und Krankheitserregern 

besteht, die von den 

  • – die Krankheit COVID-19 bzw. den Krankheitserreger SARS-CoV-2 mit ein einschließenden – 

Generalklauseln in § 6 und § 7 Infektionsschutzgesetz (IfSG) erfasst werden. 

Wird beispielsweise in den Versicherungsbedingungen einer Betriebsschließungsversicherung mehrfach auf das 

  • Infektionsschutzgesetz (IfSG) 

Bezug genommen und bestimmen diese eine Entschädigung für eine Betriebsschließung 

  • „beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger (siehe Nr. 2)“, 

wobei der in dieser Nr. 2 enthaltene und abschließend zu verstehende Katalog mit den 

  • „folgenden, im Infektionsschutzgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten oder Krankheitserreger[n]“, 

gegenüber dem Katalog in § 6 und § 7 IfSG, 

  • durch die Nichtaufführung der COVID-19-Krankheit bzw. des SARS-CoV-2-Krankheitserregers, 

eingeschränkt ist, ist nach Auffassung des Senats ein solcher Ausschluss des 

  • Corona-Virus

vom Versicherungsschutz, nachdem 

  • einerseits durch die wiederholte Bezugnahme auf das Infektionsschutzgesetz dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer der Eindruck vermittelt wird, dass jede Betriebsschließung auf Grund des Infektionsschutzgesetzes vom Versicherungsschutz erfasst sei,
  • andererseits der Versicherungsschutz demgegenüber jedoch durch den abschließenden Katalog meldepflichtiger Krankheiten und Krankheitserreger eingeschränkt wird,

wegen Verstoßes gegen das Klarheits- und Verständlichkeitsgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) unwirksam, mit der Rechtsfolge, 

  • dass eine Betriebsschließung aufgrund der Corona-Pandemie vom Versicherungsumfang umfasst wird,

wenn zu Beginn des Versicherungsfalles die Meldepflicht 

  • der COVID-19-Krankheit bzw. von SARS-CoV-2-Krankheitserregern nach den Generalklauseln in §§ 6 und 7 IfSG – unabhängig von der späteren ausdrücklichen Aufnahme in die Listen des Infektionsschutzgesetzes –

bestanden hat.

  • Dementsprechend hat in einem solchen Fall der Senat auch die Leistungspflicht einer Betriebsschließungsversicherung bejaht und diese zur Zahlung von 60.000 Euro an den Betreiber eines Hotels mit angeschlossener Gaststätte, verurteilt, der 
    • die Betriebsschließungsversicherung zum 01.01.2020 abgeschlossen hatte und 
    • seinen Betrieb Corona-bedingt aufgrund Verordnung der Landesregierung zum 21.03.2020 hatte schließen müssen.  

Nicht umfasst vom Versicherungsschutz der Betriebsschließungsversicherung ist eine Betriebsschließung in Folge der Corona-Pandemie dagegen, wenn die Versicherungsbedingungen beispielsweise die 

  • ausdrückliche Regelung 

enthalten, dass 

  • meldepflichtige Krankheiten und 
  • Krankheitserreger

im Sinne dieses Vertrags „nur“ die in einem 

  • nachfolgenden Katalog – ohne Erwähnung des Infektionsschutzgesetzes – 

aufgezählten sind, wobei 

  • weder die Krankheit COVID-19 
  • noch der Krankheitserreger SARS-CoV-2 

enthalten ist, weil die hierin liegende Risikobegrenzung 

  • weder mehrdeutig 
  • noch überraschend gemäß § 305c BGB 

ist und auch 

  • keine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers im Sinne von § 307 BGB begründet.

OLG Celle entscheidet: Geschwindigkeitsmessungen mit Messgerät LEIVTEC XV3 sind nicht immer zuverlässig genug

Mit Urteil vom 18.06.2021 – 2 Ss (Owi) 69/21 – hat der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts (OLG) Celle entschieden, dass mit dem 

  • Geschwindigkeitsmessgerät LEIVTEC XV3 

erzielte Messergebnisse 

  • in Bußgeldverfahren 

derzeit nicht mehr ohne Weiteres zugrunde gelegt werden können.

Begründet worden ist dies vom Senat damit worden, dass die für die Bauartprüfung dieses Messgeräts zuständige Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) zwischenzeitlich 

  • bei bestimmten Versuchsanordnungen seltene Messfehler 

reproduzieren konnte, die 

  • zulässige Toleranzen 

überschritten, (noch) nicht eindeutig feststeht ist, unter welchen Messbedingungen sich Messwertabweichungen 

  • zu Ungunsten bzw. 
  • ausschließlich zu Gunsten Betroffener 

auswirken können und dieses Messgerät damit derzeit keine hinreichende Gewähr (mehr) bietet 

  • für die Annahme eines standardisierten Messverfahrens und 
  • für die Zuverlässigkeit der erzielten Messergebnisse.

Das bedeutet, dass, wenn mit dem Messgerät LEIVTEC XV3 

  • die Geschwindigkeit kontrolliert und 

bei einem Kraftfahrzeugführer eine Geschwindigkeitsüberschreitung festgestellt worden ist, der erzielte Messwert in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen den Betroffenen nicht mehr, 

  • wie das bei einem standardisierten Messverfahren zulässig ist, 

ohne weitere Überprüfungen zugrunde gelegt werden darf, sondern das Amtsgericht  

  • mithilfe eines Sachverständigengutachtens 

genauer aufklären muss, ob die gemessene Geschwindigkeit 

  • sicher 

festzustellen ist bzw. Messfehler zu Lasten des Betroffenen ausgeschlossen sind.

Der Senat hat deshalb in dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall, in dem gegen einen Kraftfahrzeugführer vom Amtsgericht 

  • wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 37 km/h, 
  • gemessen mit dem Geschwindigkeitsmessgerät LEIVTEC XV3, 

eine Geldbuße von 140 € festgesetzt und ein Fahrverbot von einem Monat verhängt worden war, auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen 

  • dieses Urteil aufgehoben und 
  • das Verfahren zur genaueren Aufklärung, ob die dem Betroffenen vorgeworfene Geschwindigkeitsüberschreitung sicher festzustellen ist, an das Amtsgericht zurückverwiesen (Quelle: Pressemitteilung des OLG Celle). 

OLG Düsseldorf entscheidet: Kein Schmerzensgeld für einen 24-Jährigen, dem mit 5 Jahren die Vorhaut operativ

…. entfernt wurde wegen Spätfolgen.

Mit Urteil vom 01.07.2021 – I-8 U 165/20 – hat der für das Arzthaftungsrecht zuständige 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf die

  • Klage eines 24-jährigen Mannes 

abgewiesen, dem 

  • als Kind im Alter von 5 Jahren wegen einer diagnostizierten hochgradigen Phimose 

operativ die Vorhaut entfernt wurde, der unter den Folgen heute noch leidet und der mit der Begründung, dass damals 

  • eine Salbentherapie, wie sie heute üblich ist, ausgereicht hätte und 
  • darüber seine Eltern hätten aufgeklärt werden müssen, 

von 

  • dem Urologen und 
  • dem Träger des Krankenhauses, in welchem der Eingriff 2003 durchgeführt wurde, 

30.000 EUR Schmerzensgeld verlangt hatte.

Die Klage hatte, wie vom Senat ausführt worden ist, deshalb keinen Erfolg, weil der 24-Jährige weder hatte beweisen können, 

  • dass die seinerzeit gestellte Diagnose einer hochgradigen Phimose unrichtig war, 

noch, 

  • dass die aufgrund dieser Diagnose durchgeführte Zirkumzision behandlungsfehlerhaft durchgeführt wurde. 

Auch durfte der Urologe, 

  • da die Art der Behandlung anhand der im Jahr 2003 geltenden Standards zu beurteilen ist, 

im Jahr 2003 davon ausgehen, dass 

  • aufgrund der festgestellten Verengung 

die operative Entfernung der Vorhaut geboten ist und mussten die Eltern des damals 5-Jährigen,

  • nachdem nach den damaligen Verhältnissen eine Salbentherapie noch nicht als gleichwertige Therapieform etabliert war, 

über die Möglichkeit einer Salbentherapie nicht aufgeklärt werden, so dass aus der maßgeblichen Sicht des Jahres 2003 folglich 

  • dem Arzt und damit auch dem Krankenhaus 

nichts vorzuwerfen ist (Quelle: Pressemitteilung des OLG Düsseldorf).

Eltern eines schulpflichtigen behinderten Kindes sollten wissen, dass die gesetzliche Krankenkasse auch verpflichtet

…. sein kann, ihrem Kind eine Spracherkennungsoftware zur Verfügung zu stellen bzw. die Kosten hierfür zu übernehmen oder für die bereits angeschaffte Software zu erstatten. 

Mit Urteil vom 01.04.2021 – L 4 KR 187/18 – hat das Landessozialgericht (LSG) entschieden, dass für behinderte Kinder die

  • Spracherkennung Dragon Naturally Speaking

ein 

  • Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zur Sicherung der Schulfähigkeit 

sein kann und in dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall, in dem die gesetzlich versicherten Eltern einer neunjährigen Förderschülerin, 

  • die seit einer frühkindlichen Hirnblutung an spastischen Lähmungen leidet und 
  • nur unter größter Anstrengung einen Stift halten und schreiben kann,

für ihr Kind 

  • eine Computerausstattung mit Dragon Professional für Schüler für 595,- €

beantragt hatten, die Krankenkasse zur 

  • Übernahme der Kosten 

hierfür verurteilt.

Begründet hat das LSG seine Entscheidung damit, dass zu den Aufgaben der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) auch 

  • die Herstellung und Sicherung der Schulfähigkeit bzw.
  • der Erwerb einer elementaren Schulausbildung 

gehört, somit, wenn ein Schüler aufgrund einer Behinderung ein Hilfsmittel benötigt, um 

  • am Unterricht teilnehmen oder 
  • die Hausaufgaben erledigen 

zu können, die Kasse dieses Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen hat und diesbezüglich bei Kindern,

  • um deren weiterer Entwicklung Rechnung zu tragen, 

ein großzügigerer Maßstab anzulegen ist, so dass die Spracherkennungssoftware vorliegend  als 

  • Hilfsmittel für Behinderte 

i.S.v. § 33 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) bewertet werden kann, das der 

  • Integration

dient (Pressemitteilung des LSG Celle-Bremen).