Das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg hat mit Beschluss vom 17.07.2012 – 3 Ss OWi 944/12 – auf Folgendes hingewiesen:
- Die in der Bußgeldkatalogverordnung (BKatV) vorgesehenen Regelahndungen gehen von fahrlässiger Begehung, gewöhnlichen Tatumständen und fehlenden Vorahndungen des Betroffenen aus (vgl. §§ 1 Abs. 2, 3 Abs. 1 BKatV).
- Hat sich eine Geschwindigkeitsmessstelle entgegen der einschlägigen landespolizeilichen Verkehrsüberwachungsrichtlinien in einem zu geringen Abstand vor dem das Ende der innerörtlichen Höchstgeschwindigkeit markierten Ortstafel (Zeichen 311 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 Straßenverkehrs-Ordnung) befunden, rechtfertigt dies dann kein Absehen von einem Regelfahrverbot, wenn die Messstelle bzw. Überwachungsstrecke aufgrund der örtlichen Gegebenheiten z. B. als Unfallbrennpunkt bzw. Unfallgefahrenpunkt oder aufgrund sonstiger besonderer Verkehrsverhältnisse (z. B. Kreuzung, Einmündung, Fußgängerüberweg, Bushaltestelle, anliegende öffentliche Einrichtungen wie Schulen, Kindergärten etc.) oder anderer gefahrerhöhender Umstände sachlich gerechtfertigt und damit ermessensfehlerfrei ausgewählt wurde.
- Ein Wahrnehmungsfehler und die hierauf gegebenenfalls beruhende Fehleinschätzung können einem Betroffenen nur dann entlasten, wenn diese ihrerseits nicht als pflichtwidrig anzusehen wären. Auf nur einfache Fahrlässigkeit kann sich nämlich derjenige nicht berufen, welcher die an sich gebotene Aufmerksamkeit in grob verkehrswidriger Weise unterlassen hat. Wer etwa während der Fahrt sein Autotelefon benutzt, intensiv auf Wegweiser achtet, sich durch ein am Straßenrand liegengebliebenes Fahrzeug ablenken lässt oder in einen Kreuzungsbereich zu schnell einfährt, kann nicht geltend machen, er habe nur versehentlich ein Verkehrszeichen nicht wahrgenommen. Denn durch sein vorheriges sorgfaltswidriges Verhalten hat er selbst in grob nachlässiger Weise zu seiner eigenen Unaufmerksamkeit beigetragen.
- Von einem nur auf einer augenblicklichen Unaufmerksamkeit beruhenden und deshalb die Annahme eines sogenannten Augenblicksversagens rechtfertigenden Verkehrsverstoß auszugehen und demzufolge eine Ausnahme von einem an sich verwirkten Regelfahrverbot aufgrund dieser besonderen Tatumstände anzunehmen, scheidet regelmäßig dann aus, wenn für einen Betroffenen Veranlassung bestanden hätte, seine Aufmerksamkeit auf die bestehende (innerörtliche) Verkehrslage zu konzentrieren.
Mit obiger Entscheidung hat das OLG Bamberg auf die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft ein Urteil des Amtsgerichts aufgehoben, das bei einem straßenverkehrsrechtlich bislang noch nicht in Erscheinung getretenen Betroffenen, wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 39 km/h, von der Verhängung des Regelfahrverbots abgesehen und stattdessen die Regelgeldbuße verdoppelt hatte.
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