Tag gesetzlich

Teilweise erwerbsgeminderte Arbeitnehmer sollten wissen, dass sie Anspruch auf volle Erwerbsminderungsrente haben können, wenn

…. praktisch keine Aussicht auf eine Teilzeitstelle besteht.

Mit Urteil vom 23.08.2019 – L 5 R 226/18 – hat das Hessische Landessozialgericht (LSG) in Darmstadt im Fall eines als Bauzeichner Beschäftigten, der 

  • aufgrund einer psychischen Erkrankung arbeitsunfähig geworden war, zunächst Krankengeld, anschließend Arbeitslosengeld und unter Hinweis darauf, nur noch drei bis sechs Stunden täglich arbeiten zu können, 

eine Rente wegen Erwerbsminderung beantragt hatte, darauf hingewiesen, dass gesetzlich rentenversicherte Arbeitnehmer, die aus

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Gesetzlich Krankenversicherte mit Teilhandverlust sollten wissen, dass sie Anspruch auf eine teure maßgefertigte Prothese aus Silikon

…. auch dann haben, wenn dieses Hilfsmittel die Funktionsausfälle der Hand nur teilweise auszugleicht. 

Mit Urteil vom 23.09.2021 – L 8 KR 477/20 – hat der 8. Senat des Hessischen Landessozialgerichts (LSG) im Fall einer 34-jährigen als Arzthelferin tätigen gesetzlich Versicherten,

  • die Rechtshänderin war 

und bei der, seit Geburt eine Fehlbildung der linken Hand sowie aufgrund operativer Maßnahmen

  • der Mittelfinger der linken Hand komplett fehlte sowie 
  • Daumen, Zeige- und Ringfinger nur noch zur Hälfte vorhanden waren,

entschieden, dass die Krankenkasse die 34-Jährige mit einer 

  • maßgefertigten Prothese aus Silikon (Kosten rund 17.600 €) 

versorgen muss.

Danach ist von der Krankenkasse die Versorgung mit einer solchen Prothese dann zu gewähren, wenn diese eine 

  • erhebliche funktionelle Verbesserung 

bewirkt, also wenn beispielsweise 

  • aufgrund der erhaltenen Beweglichkeit in den Grundgelenken 

mit der Silikonprothese eine 

  • deutliche funktionelle Verbesserung der Greiffunktionen der Hand 

herbeigeführt werden kann, wie etwa durch die Elastizität des Silikons, das Ermöglichen 

  • des Greifens größerer, nicht allzu schwerer Gegenstände, durch die Elastizität,
  • des Haltens von Handy und Telefon, so dass mit der anderen Hand Notizen gemacht oder Daten leichter eingegeben 

und so, aber auch insgesamt 

  • das Arbeiten mit Computertastatur und Computermouse, Trackball und berührungsempfindlichen Bildschirmen verbessert werden kann (Quelle: Pressemitteilung des LSG Darmstadt).

Was gesetzlich Unfallversicherte wissen sollten, wenn streitig ist, ob ein erlittener Unfall als Arbeitsunfall anzuerkennen ist

Nach § 8 Abs. 1 Sätze 1 und 2 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle 

  • zeitlich begrenzte, 
  • von außen auf den Körper eines Versicherten einwirkende, 
  • zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führende (Unfall)Ereignisse (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII)

die kraft Gesetzes in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherte Personen erleiden 

  • infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit),

wobei zu den versicherten Tätigkeiten gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch das 

  • Zurücklegen

des mit der nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII versicherten Tätigkeit 

  • zusammenhängenden
  • unmittelbaren

Weges nach sowie von dem Ort der Tätigkeit gehört.

Voraussetzung für das Vorliegen eines Arbeitsunfalles ist somit, ein 

  • zeitlich begrenztes, 
  • von außen auf den Körper einwirkendes, 
  • zu einem Gesundheitserstschaden oder den Tod führendes 

Ereignis (= Unfall), das 

  • objektiv und
  • rechtlich

zuzurechnen sein muss

  • der zum Unfallzeitpunkt nachgegangenen versicherten Tätigkeit

bzw. verursacht worden sein muss  

beim Wegeunfall mit der der Handlungstendenz, sich aus dem privaten Bereich in den betrieblichen Bereich (Weg zu dem Ort der Tätigkeit) oder sich aus dem betrieblichen Bereich zurück in den privaten Bereich (Weg von dem Ort der Tätigkeit) zu begeben, 

Übrigens:
Bei einem Unfallereignis 

  • auf dem Weg vom Ort der versicherten Tätigkeit nach Hause oder 
  • von Zuhause zum Ort der versicherten Tätigkeit 

handelt es sich nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII um einen unter dem Schutz der Unfallversicherung stehenden Wegeunfall, solange

  • der Versicherte den unmittelbaren Weg nach Hause oder zum Ort der versicherten Tätigkeit zurücklegt und
  • eine konkrete Verrichtung auf dem unmittelbaren Weg, unter Beachtung der objektivierten Handlungstendenz des Versicherten, noch der Fortbewegung vom Ort der versicherten Tätigkeit nach Hause oder von Zuhause zum Ort der versicherten Tätigkeit dient.    

Nicht mehr den 

  • unmittelbaren Weg 

vom Ort der versicherten Tätigkeit nach Hause oder von Zuhause zum Ort der versicherten Tätigkeit, sondern einen

  • Abweg 

legt ein Versicherter zurück, wenn 

  • er von dem direkten Weg mehr als geringfügig abweicht.   

Besteht in einem solchen Fall nicht ausnahmsweise auch Versicherungsschutz auf dem Abweg, 

  • weil dieser im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht, wie etwa, wenn
    • sich Versicherte aus betriebsbedingten Gründen fortbewegen, etwa um einen Gegenstand zu holen, den sie für die Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit benötigen oder 
    • der unmittelbare Weg verlassen wird, um eine dem Beschäftigungsunternehmen dienende Verrichtung auszuüben, 

endet der Versicherungsschutz 

  • mit dem Verlassen des direkten Weges und dem Beginn des Abweges 

und besteht Versicherungsschutz erneut erst,

Gesetzlich Krankenversicherte, die eine medizinisch nicht indizierte Schönheitsoperation als Privatbehandlung durchführen

…. lassen, sollten wissen, dass, 

  • falls sie sich dadurch eine (behandlungsbedürftige) Krankheit zuziehen, 

die Krankenkasse sie nach § 52 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) 

  • in angemessener Höhe an den Kosten zu beteiligen und 
  • das Krankengeld für die Dauer dieser Behandlung ganz oder teilweise zu versagen oder zurückzufordern 

hat.

Das bedeutet, kommt es beispielsweise bei einer Frau nach einer schönheitschirurgischen Brustvergrößerung

  • zu Rissen an einem Silikonimplantat sowie 
  • aufgrund dessen zu einer Brustentzündung, die den Ausbau der Implantate dringend erforderlich macht, 

muss die Frau,

  • weil die Erkrankung, nämlich die Entzündung der Brust auf die eigenverantwortliche Entscheidung, sich Implantate einsetzten zu lassen, zurückzuführen ist, 

sich an den für die Entnahme der alten Implantate anfallenden Kosten beteiligen und

  • wenn sie die alten Implantat durch neue ersetzen lässt, auch die Kosten hierfür (wieder) privat bezahlen.

Die Höhe der Kostenbeteiligung hängt dabei ab von 

Was Patienten und Ärzte über die Pflicht des Arztes zur Information der Patienten über die voraussichtlichen Behandlungskosten sowie

…. die möglichen Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Pflicht wissen sollten.

Weiß der behandelnde Arzt,

  • dass eine vollständige Übernahme der Behandlungskosten durch einen Dritten (insbesondere der gesetzlichen oder privaten Krankenkasse) nicht gesichert ist

oder ergeben sich hierfür

  • nach den Umständen hinreichende Anhaltspunkte,

muss der Arzt nach § 630c Abs. 3 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) den Patienten vor Beginn der Behandlung

  • über die voraussichtlichen Kosten der Behandlung

in Textform informieren,

  • außer der Arzt kann im Streitfall darlegen und ggf. beweisen, dass es dieser Information aufgrund besonderer Umstände – wie etwa der Kenntnis des Patienten von der Unsicherheit der Kostenübernahme – bzw. insbesondere der Unaufschiebbarkeit der Behandlung oder dem ausdrücklichem Verzicht des Patienten, ausnahmsweise nicht bedarf (§ 630c Abs. 4 BGB).

Bei der Beurteilung, ob ein Arzt die Pflicht zur wirtschaftlichen Information der Patientin,

  • die den Zweck hat, den Patienten vor finanziellen Überraschungen zu schützen sowie ihn in die Lage zu versetzen, die wirtschaftliche Tragweite seiner Entscheidung zu überblicken und
  • deren Verletzung einen Schadensersatzanspruch der Patientin aus § 280 Abs. 1 BGB begründen kann,

erfüllt oder nicht erfüllt hat, ist zu differenzieren zwischen

  • gesetzlich und
  • privat

versicherten Patienten,

  • weil ein Vertragsarzt, der die für den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung maßgeblichen Richtlinien des gemeinsamen Bundesausschusses (§ 92 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V)) aus seiner Abrechnungspraxis kennt, regelmäßig wissen wird, ob er für die eigenen Leistungen von der zuständigen Krankenkasse eine Vergütung erhält oder nicht,
  • während bei Patienten mit privater Krankenversicherung bzw. Beihilfeanspruch die Kenntnis vom Umfang des Versicherungsschutzes bzw. der Beihilfe, nachdem sich dieser aus den Bedingungen des konkreten Versicherungsvertrags, der Regulierungspraxis des im Einzelfall zuständigen Versicherers bzw. den Beihilferichtlinien ergibt, grundsätzlich im Verantwortungsbereich des Patienten liegt.

Allerdings muss ein Arzt

  • auch bei Patienten mit privater Krankenversicherung bzw. Beihilfeanspruch

jedenfalls dann, wenn er

  • ein neue, noch nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode anwendet,

die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass der private Krankenversicherer bzw. die Beihilfestelle die dafür erforderlichen Kosten nicht in vollem Umfang erstatten wird.

Verlangt ein Patient

  • wegen Verletzung der Pflicht zur wirtschaftlichen Information

von dem behandelnden Arzt Ersatz der Behandlungskosten, die

  • von ihm selbst zu tragen und
  • nicht von seinem Krankenversicherer übernommen worden sind,

muss der Patient im Streitfall darlegen und beweisen, dass

  • er sich bei ordnungsgemäßer Information über die voraussichtlichen Behandlungskosten gegen die in Rede stehende medizinische Behandlung entschieden hätte.

Eine Beweislastumkehr erfolgt in einem solchen Fall nicht (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 28.01.2020 – VI ZR 92/19 –).

Was Arbeitssuchende wissen sollten, wenn sie bei einem Unternehmen, um dort eine dauerhafte Beschäftigung

…. zu erlangen, einen „Probearbeitstag“ ohne Bezahlung verrichten.

Mit Urteil vom 20.08.2019 – B 2 U 1/18 R – hat der 2. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) entschieden, dass ein Arbeitssuchender, der

  • in einem fremden Unternehmen einen „Probearbeitstag“ verrichtet und

sich bei der Verrichtung verletzt,

  • auch dann, wenn noch kein Beschäftigungsverhältnis vorgelegen hat,

gesetzlich unfallversichert ist.

Danach stehen Arbeitssuchende in solchen Fällen,

  • in denen von ihnen eine dem Unternehmer dienende, dessen Willen entsprechende Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert erbracht wird,
  • die einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis ähnlich ist,

gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 Nr. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) als „Wie-Beschäftigte“ unter Versicherungsschutz (Quelle: Pressemitteilung des BSG).